4.Kapitel

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Ihre Sinne waren zum Zerreißen angespannt. Sie wartete auf den kleinsten Schmerz, den er ihr zufügen würde, doch nichts geschah. Sein Gewicht war plötzlich fort, doch sie blieb wie erstarrt liegen. Erst als sie wieder Schritte hörte und Stimmen die etwas riefen, kam wieder Leben in ihren Körper.

Das Blut rauschte ihr in den Ohren, als sie ihre Chance erkannte und aufsprang. Sie achtete gar nicht auf die Rufe mehrerer Leute, sondern duckte sich unter den Lichtkegeln ihrer Taschenlampen weg und rannte. Ihre Schritte waren unsicher, jede Bewegung tat weh, sodass sie die Zähne zusammenbeißen musste, um nicht zu schreien.

Panisch suchte sie nach einem Ausweg, doch alles, was sie sah war ein Fenster mit eingeschlagener Scheibe. Ohne weiter darüber nachzudenken, hetzte sie zum Fenster und versuchte sich auf das Fensterbrett zu ziehen. Glassplitter bohrten sich durch ihre Hose und ein stechender Schmerz brannte in ihren Handflächen, doch sie ignorierte es. Zitternd vor Anstrengung ließ sie sich auf der anderen Seite fallen. Die Rufe hinter ihr wurden immer lauter und sie rappelte sich stöhnend wieder auf, um weiter zu rennen.

Keuchend trieb sie sich weiter an. Sie wusste nicht mehr wo sie hinlief, sie versuchte nur sich bei Bewusstsein zu halten und irgendwie voran zu kommen. Die dunklen Schemen der Häuser verschwammen langsam vor ihren Augen und es wurde immer schwerer einen Schritt nach dem anderen zu machen.

„Bleib stehen!", erschallte hinter ihr ein Ruf und ließ sie zusammenzucken.

Verzweifelt rannte sie weiter. Ihr Herz klopfte ihr bis zum Hals und sie hechtete in eine Nebengasse. Keuchend brach sie an einer verwitterten Hauswand zusammen und schloss kurz die Augen, um den Schwindel zu vertreiben, doch er blieb und verschlimmerte sich sobald sie den Kopf auch nur bewegte. Als sie die Augen wieder öffnete sah sie, wie sich die Lichtkegel der Taschenlampen, ihrer Verfolger, an der Nebengasse vorbeibewegten.

Penelope musste sich die Hände vor den Mund schlagen, um zu verhindern, dass sie hysterisch aufschluchzte. Tränen rannen ihr über die Wangen und sie zitterte so sehr, dass sie nicht wusste, wie sie aufstehen sollte. Ächzend lehnte sie sich an der Hauswand an und stemmte sich mühsam auf. Die Sechzehnjährige hielt kurz den Atem an und lauschte, ob sie noch jemanden hören konnte, der nach ihr suchte, doch alles, was sie hörte war der prasselnde Regen, der ihre Kleidung durchweichte.

Trotzdem schlich sie, vor Kälte und Angst zitternd, vorsichtig wieder aus der Gasse und zuckte bei jedem kleinsten Geräusch zusammen. Humpelnd begann sie wieder zu laufen, doch bei jedem Schritt schien sich die Welt stärker um sie zu drehen, sodass ihre Beine nach kurzer Zeit einfach nachgaben und sie wie ein nasser Sack zu Boden fiel. Leise Keuchend presste sie ihre Stirn gegen die nasse und kühle Straße und versuchte so den Schwindel und den aufkommenden Kopfschmerz zu beseitigen.

Sie wusste nicht, ob es einfach nur Glück war, dass sie unentdeckt blieb, oder ob die Fremden hinter der nächsten Ecke lauerten und nur darauf warteten, dass sie das Bewusstsein verlor. Nach einer gefühlten Ewigkeit ließ der Schwindel endlich etwas nach, doch der pochende Schmerz in ihrem Kopf schien mit jeder Sekunde schlimmer zu werden. Stöhnend rappelte sie sich auf. Jede Bewegung schickte einen grässlichen Schmerz durch ihren Kopf, sodass sie nur langsam kriechen konnte anstatt zu laufen.

Verzweiflung durchflutete ihren Körper und sie wusste nicht, wie sie sich davon abhalten sollte hysterisch aufzuschluchzen. Der Schmerz betäubte ihren Körper und sie wusste nicht, wie sie es in die Nebengasse geschafft hatte, in der sie schließlich hinter einem Haufen Müllsäcke zusammenbrach. Schwer atmend schlug sie sich schließlich die Hände vor den Mund und gab dem Drang, hysterisch aufzuschluchzen, nach. Tränen rannen ihr die Wangen hinab und vermischten sich mit dem Regen, der sie nun komplett durchnässt hatte.

Penelope IWo Geschichten leben. Entdecke jetzt