Wie die Kinder von damals

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"Hey, pass auf, die Stufe ist locker.", flüsterte der junge Francis dem schüchternen Mädchen hinter ihm zu. 

"Sei nicht so laut Francis , sonst erwischen sie uns."

Die beiden Zweitklässer hatten sich auf den alten Dachboden der Schule geschlichen, lange nach der Zeit, zu der sie eigentlich längst in ihren Betten liegen sollten. Aber mit acht Jahren waren sie ziemlich abenteuerlich drauf und geraten das ein oder andere Mal tatsächlich in Schwierigkeiten, wie zum Beispiel als sie in seinem Zimmer eine Kissenschlacht veranstaltet haben bis überall im Raum weiße kleine Federn umher flogen. Die Lehrerin war ganz und gar nicht begeistert darüber gewesen.



"Ja, daran erinnere ich mich auch noch! Das ist schon mehr als zehn Jahre her, Mary. Was für ein Zufall." lachte Francis laut. Mary wusste jetzt woher sie diesen jungen Mann kannte. Sie waren vor vielen langen Jahren mal zur selben Grundschule gegangen. Ein schreckliches Internat außerhalb von Paris, das für die Kinder reicher Eltern gemacht war, die früh die allerbeste Förderung genießen sollten, ohne dabei aber wirklich Kind sein zu dürfen. Die beiden waren damals mal Freunde gewesen. 

"Lange ist es her. Was hast du seit dem gemacht?", fragte Francis seine alte Freundin. 

Die beiden redeten lange und ließen Erinnerungen aufleben und erzählten sich was in der Zwischenzeit in ihren Leben passiert war.

"Mein Pa ist immer noch ein ziemlich wichtiges Tier hier in der Politik, wie auch schon sein Vater vor ihm und so weiter. Daran hat sich nichts geändert. Alles worüber er redet ist Brüssel und England und was er alles ändern würde. Eigentlich echt ätzend, und trotzdem werde ich ab September Politik studieren. Der vorbildliche Sohn, wie immer." 

Francis schüttelte den Kopf, wobei seine goldenen Locken auf- und abwackelten. "Und du?"

"Bei meiner Mum hat sich auch nichts geändert. Die Firma ist das Wichtigste! Sie ist in den letzten Jahren nur noch gewachsen und nun auch europaweit tätig und natürlich studiere ich jetzt BWL um die später mal standesgemäß zu übernehmen. Die vorbildliche Tochter, wie immer." 

Francis lachte: "Warte, das heißt nach all der Zeit werden wir doch tatsächlich wie unsere Eltern? Und jetzt gehen wir nach über zehn Jahren sogar wieder auf die gleiche Uni. Nicht zu fassen, wie klein diese Welt doch ist. Hör mal, ich bin am Freitag Abend mit ein paar Freunden zum Dinner verabredet. Wie wäre es wenn du mitkommst. Das macht den Start hier bestimmt einfacher und die sind bestimmt auch immer für eine Kissenschlacht zu haben." 

Als Mary wieder zu Hause in ihrer leeren Wohnung saß war sie schon viel zufriedener als noch vor wenigen Stunden. Unglaublich, da wohnt man eine Woche in Paris und trifft einen alten Freund aus Kindertagen wieder. Und er sah gut aus! So hatte sie ihn gar nicht wirklich in Erinnerung. Oder vielleicht doch? Sie konnte sich nicht mehr daran erinnern, ob sie früher nicht sogar mal heimlich in ihn verliebt gewesen war oder nicht, konnte sich das aber schon gut vorstellen. An diesem Abend schlief sie mit einem Lächeln auf den Lippen ein und freute sich schon auf Freitag. Am nächsten Morgen wachte sie erst spät auf und musste direkt wieder grinsen als sie eine Nachricht von Francis auf ihrem Handy sah. Er wollte ihre Adresse wissen, damit er sie am Freitag abholen kann. Das klang für sie ziemlich nach einem Date und ziemlich altmodisch war das auch. Ein Gentleman eben, dachte Mary sich lächelnd und antwortete nichts ahnend auf die Nachricht. 

Als es am späten Nachmittag bei ihr an der Tür klingelte und ein Postbote ihr ein Paket brachte, obwohl sie nichts bestellt hatte wunderte sie sich dann doch. Wo kam das denn her? Vorsichtig untersuchte sie das Paket erst einmal. Es was nicht sehr groß aber ganz weich und dick. 

"Ein Kissen?", flüsterte sie zu sich selbst und wusste auch ohne eine Karte oder einen Brief von wem dieses ungewöhnliche Geschenk war. Sie freute sich wirklich mehr als sie es sollte und konnte kaum noch auf Freitag warten. Die restlichen zwei Tage vergingen aber recht schnell und sie hatte sich auch noch mit drei langjährigen Freundinnen getroffen, die auch nach Paris gezogen waren. Womöglich die einzigen drei Leute außer Francis die sie hier noch kannte. Ihnen erzählte sie auch von ihrer Begegnung mit dem Jungen, den sie mal kannte, der heute zu einem jungen Mann herangewachsen war. 

"Wahnsinn, ich dachte so etwas gibt es nur in Märchen.", sagte ihre Freundin Lola und strich sich abwesend ihre langen, wilden Locken aus dem Gesicht.

"Wie sieht er denn aus? Erzähl schon, Mary!", forderte Kenna lachend. 

"Kenna!", rief Greer belustigt und nahm ihr Weinglas in die Hand: " Auf uns, auf Paris und auf die Stadt der Liebe. Das sie uns alle glücklich machen wird." 

Zustimmend stießen die vier Freundinnen an. 

Frary's reign- wie eine royale Liebesgeschichte von heuteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt