Aller Anfang ist schwer

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"Ja, Mum, das verstehe ich doch... ja, deshalb das Studium in Frankreich. Ich wünschte nur du hättest im Sommer mal Zeit gehabt um mich zu besuchen, oder ich dich zu Hause. Ja, das verstehe ich, die Arbeit ist wichtig... Ja klar, bis bald, Mum." 

Frustriert warf Mary das Handy auf ihr neues Bett. Sie saß auf dem Boden ihrer neuen kleinen Wohnung mitten in Paris. Die Wände waren weiß und kahl und Möbel hatte sie bis auf das Nötigste auch noch nicht. Es war Mitte  August, Hochsommer, und trotzdem fröstelte sie etwas bei dem Gedanken wieder allein zu sein und etwas ganz neues anzufangen. Sie lebte zwar schon ihr ganzes Leben in Frankreich, doch Paris war auch für sie neu. Nachdenklich griff sie wieder nach dem Handy und suchte nach einer Beschäftigung. Schließlich war das hier Paris und es waren noch Ferien. Es gab noch einiges zu erledigen bis das Semester losging. Und sie kam sehr gut ohne die tollen Ratschläge ihrer Mutter zurecht. 

Sie hatte genau das richtige gefunden! Ein kleiner Flohmarkt gar nicht weit von hier. Der würde sie jetzt auf andere Gedanken bringen und sie könnte sogar noch etwas nützliches und cooles für ihre Einrichtung finden. Kurzerhand schnappte sich Mary ihren kleinen Rucksack, band sich die langen dunklen Haare zu einem Zopf zusammen und trug ein bisschen Lippenstift auf ihre vollen geschwungenen Lippen auf, das zarte rosa passte auch super zu ihrem neuen, simplen grünen Sommerkleid. 

Nach ein paar Minuten Fußweg konnte sie bereits die ersten Stände und einige Leute die sich darum versammelten erkennen. An den ersten lief sie ohne großes Interesse vorbei, da sie hauptsächlich Werkzeuge verkauften. Nachdem sie tatsächlich ein paar Kaffeetassen und eine alte Zuckerdose gekauft hatte setzte sie sich kurz auf eine Bank um die Einkäufe ordentlich im Rucksack zu verstauen. Dabei wurde sie von einem Funkeln plötzlich unangenehm geblendet. Zuerst wusste sie gar nicht wo dieses helle Licht herkam, doch dann entdeckte sie einige Meter weiter einen Tisch auf dem viele sehr alt aussehende Gegenstände, von Kerzenständern über kleine Schminkspiegel und Schmuck, nebeneinander lagen. Das musste sie sich näher ansehen. Niemand stand vor dem Tisch und der Verkäufer schien auch nicht in der Nähe zu sein, also beschloss sie sich schon mal einige der Dinge auszusuchen. Es war klar, dass sie hier etwas mitnahm. Besonders der kleine Spiegel hatte es ihr angetan. Die Scheibe war zwar alt aber nicht kaputt und sie war in einem matten, goldenen Rahmen eingefasst der wohl Efeuranken darstellen sollte. 

"Der hat mal Maria Stuart gehört. Der Königin Schottlands." 

Erschrocken fuhr sie herum. Neben ihr stand ein junger, gut aussehender Mann, der sie breit angrinste und dem die blonden Locken bis in seine blauen Augen fielen. Für einen Moment war sie sprachlos. 

"Das behauptet zumindest meine Mutter immer.", lachte er jetzt. "Für 10 Euro gehört er dir."

Sie hörte gar nicht richtig zu. Irgendwie kam ihr der junge Mann merkwürdig bekannt vor. Sie konnte aber nicht sagen woher.

"Was?", fragte sie immer noch verwirrt.

"Mal ehrlich, ich glaube nicht, dass den je eine Königin in der Hand hatte. Sonst könnte ich statt 10 Euro vermutlich zehntausende Euro damit verdienen. Du kannst ihn auch für acht Euro haben."

"Achso. Ja klar.", sie holte einen Schein aus ihrem Portemonnaie und reichte ihm den Mann.

"Ich gebe dir die zehn Euro, dann ist der Rest eben Trinkgeld.", sie lächelte ihn kurz an und drehte sich dann zum Gehen um. Als sie sich ein paar Schritte entfernt hatte drehte sie sich doch noch mal um und fragte den Verkäufer direkt: "Sag mal kenne ich dich nicht irgendwo her?" 

"Weiß ich nicht, wie heißt du denn?", lachte der Franzose amüsiert.

"Mary." 

"Hi Mary, ich bin Francis.", er kam auf sie zu und streckte ihr einladend die Hand entgegen. "Da ich gerade so großzügig Trinkgeld bekommen habe gehe ich mal schnell zwei Kaffee für uns holen. Was meinst du? Dann können wir und kennen lernen, oder wieder erkennen." 

Seine Augen leuchteten hellblau in der Sonne, da konnte Mary gar nichts mehr sagen, nur noch stumm nicken und lächeln. 

Frary's reign- wie eine royale Liebesgeschichte von heuteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt