Kapitel 1

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„Was sollen wir nur tun?"
„Diese Monster haben schon wieder das Feld eines unserer Landsleute verwüstet."
„Im Osten wurden auch schon die Bewohner angegriffen, es gab mehrere Verletzte. So kann das nicht weiter gehen."
Gibt es wirklich niemanden, der die Bekämpfen kann?"
„Sir Melbo, Ihr wisst doch ganz genau, dass unsere Waffen keine Wirkung haben."
„Aber irgendwer muss doch was tun können? Sollen wir weiterhin zusehen, wie diese Kreaturen unser Land bedrohen?"
Schweigen breitete sich im Saal aus.
„Es gibt da eine Möglichkeit. Die Radaga-Krieger können sie besiegen."
„Aber Prinzessin", stotterte einer der Anwesenden, „Niemand weiß wo oder wer diese Krieger in Wahrheit sind. Es ist nur eine Legende..."
„Auch an Legenden kann was Wahres dran sein."
Sir Melbo richtete sich auf: „Selbst wenn die Legende wahr ist, wie wollt Ihr sie finden?"
„Mit denen hier", sie winkte einen Diener zu sich, der eine kleine Schachtel bei sich trug und vor der Prinzessin auf den Tisch stellte. Sie öffnete die Kiste und Offenbarte den Anwesenden den Inhalt. Darin befanden sich Edelsteine, in verschiedenen Farben des Regenbogens, die jedoch matt und fahl wirkten.
„Diese Steine haben schon vor Jahren ihren Glanz verloren", warf ein Ältester Vertreter des Landes ein, „Nur ein Blitz kann ihre Schönheit wieder erwecken. Wir können nicht darauf hoffen, dass in nächster Zeit ein Sturm aufzieht und zufällig ein Blitz auf diese Steine trifft."
„Nun Ältester, was schlagt Ihr dann vor", forderte die Prinzessin auf, während sie die Kiste wieder schloss. Dieser schwieg und senkte den Blick.
Da ergriff Sir Melbo wieder das Wort: „Der einzige, der die Krieger sonst noch finden kann, ist der Sucher und nicht mal Eure Mutter konnte ihn in unser Land holen..."
Die Prinzessin sah zu Sir Melbo und erklärte mit kühlem Ausdruck in der Stimme: „Meine Mutter fand den Sucher in einem fernen Land. Obwohl er damals noch ein Kind war, drängte der königliche Ratgeber sie dazu, ihn in unsere Welt zu holen. Doch noch bevor das Ritual der Beschwörung vollendet war, ging etwas schief und der Junge kam nie bei uns an. Dieser sogenannte Ratgeber sabotierte das Ritual, sodass auch unsere letzte Hoffnung mit ihm sterben würde. Dieser Verräter ist der Grund, warum die Beschwörung schief gelaufen ist."
Schweigen legte sich über den Saal, als sich die Prinzessin plötzlich an etwas erinnerte. „Dieser Zauber", fuhr sie fort, „kostete meiner Mutter viel Kraft und dennoch sprach sie einen weiteren Zauber um zu sehen, ob es ihm gut ginge. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, dass er noch am Leben ist. Ich muss diese Beschwörung einfach ein weiteres Mal durchführen und dann liegt es an ihm, ob er uns helfen wird."
„Er lebt?", hauchte Sir Melbo.
„Das könnte funktionieren", stimmte der Älteste zu.
„Und was ist wenn er sich weigert?"
„Dann tu ich das, was wir schon vor Jahren hätten tun sollen, und schick ihn wieder nach Hause."
Empört stand Sir Melbo auf. „Ihr könnt ihn doch nicht einfach nach Hau..."
„Schweigt", unterbrach ihn die Prinzessin wütend, sodass er sich sofort wieder setzte, „Wir haben es zu verantworten, dass dieser Junge wegen uns seine Familie verlassen hat. Er konnte sich noch nicht einmal verabschieden. Das mindeste was wir tun können ist, ihn wieder zurück zu bringen, ganz egal ob er uns nun hilft oder nicht. Hiermit ist die Sitzung beendet. Nila, bereite alles für das Ritual vor."
Nila, das Dienstmädchen, verneigte sich und huschte aus dem Saal.
Alle anderen Anwesenden verneigten sich ebenfalls und verließen ebenfalls schweigend den Raum, sodass die Prinzessin alleine blieb und erleichtert aufatmete.


„Zeig es mir nochmal, bitte", drängte die kindliche Stimme meiner kleinen Schwester, während sie neben mir saß und ihre kalten Händchen meinen rechten Arm umklammerten. Ich kicherte in die Dunkelheit hinein. „Also schön, aber danach wird geschlafen, abgemacht?"
„Versprochen", rief sie freudig und ließ mich los. Ich breitete meine Hände nach vorne aus und konzentrierte mich auf den Raum zwischen meinen Handflächen. Ein leises knistern ertönte und die Spannung zwischen meinen Händen erhöhte sich, bis endlich die ersten Funken zu sehen waren, die von einer Hand zur Anderen sprangen. In dem Licht, welches die Blitze von sich gaben, konnte ich das begeisterte Gesicht meiner Schwester und den funkelnden goldenen Schimmer in ihren grünen Augen erkennen, welche das Lichtspiel fixierten. Als die Funken erloschen seufzte sie und packte erneut meinen Arm. „Nochmal"
Ich kicherte und schüttelte den Kopf, obwohl sie das nicht sehen konnte.
„Abgemacht war, dass du jetzt schlafen gehst", erinnerte ich sie sanft an ihr Versprechen.
„Hmpf!" Schmollend stand sie auf und krabbelte auf ihr Bett. Ich hörte noch, wie sie ihr Kissen zu Recht schlug und sich anschließend mit einem leisen lachen fallen ließ. Währenddessen öffnete ich die Tür, durch dessen Spalt, Licht aus dem Flur ins Zimmer kam und ich nochmal kontrollieren konnte, ob die Kleine auch wirklich im Bett lag.
Zufrieden lächelte ich ihr nochmal zu: „Gute Nacht und träum was Schönes."
„Gute Nacht, hab dich lieb", erwiderte die Stimme, mit einem Gähnen.
„Ich hab dich auch lieb", flüsterte ich und schloss die Tür hinter mir.
Dann lief ich den Flur entlang zu meinem Zimmer, als ein Funkeln im Garten plötzlich meine Aufmerksamkeit erregte. Ich zog mir schnell eine Jacke und paar Schuhe an, die im Flur standen und schlich nach draußen um niemanden zu wecken. Eine Standpauke von meinen Eltern konnte ich jetzt echt nicht gebrauchen. Und so bemühte ich mich keinen unnötigen Lärm zu machen.
Vor unserem Teich blieb ich stehen und sah mich um, doch ich konnte nichts Ungewöhnliches entdecken. Gerade als ich beschloss, wieder hineinzugehen, begann der Teich zu glitzern und ein Strudel bildete sich in dessen Mitte. Fasziniert blickte ich auf das Wasser und merkte nicht, wie es immer windiger wurde. Vorsichtig beugte ich mich ein wenig über die Kante, sodass ich mein eigenes Spiegelbild sehen konnte. Plötzlich schoss das Wasser in die Höhe. Ich erschrak, rutschte auf der feuchten Kante aus und fiel mit einem Aufschrei ins Wasser.


Völlig außer Atem schreckte ich hoch und sah mich blinzelnd um. Es dauerte eine Weile, bis sich mein Puls wieder beruhigte. Ich legte meine rechte Hand auf die Stirn und schloss die Augen.
„Alter, wieder ein Albtraum?"
Ich öffnete die Augen und sah meinen Kumpel genervt an. „Das war kein Albtraum."
„Ist klar. Du siehst aus, als wenn der Schmied dich umbringen will, weil du seine Frau nackt gesehen hast."
Ich schauderte bei dem Gedanken an dieses Weib und musste dann in mich hineinlachen. „Ach halt die Klappe."
Dann senkte ich jedoch wieder den Blick und starte in die Leere. Es war jetzt gut zehn Jahre her, seit ich in dieser Welt gefangen war. Dieser Traum war weniger ein Albtraum, als mehr eine Erinnerung, an das was geschehen war. Es verging kaum ein Tag, an dem ich nicht an meine kleine Schwester Luna, oder ein meine Eltern dachte. Ich fragte mich oft, ob sie sich wohl Sorgen um mich machten, ob sie nach mir suchten oder ob sie mich irgendwann im Laufe der Zeit einfach für tot erklärt hatten, um nicht weiter einer Ungewissheit nachzujagen. Manchmal wünschte ich, ich wäre damals nicht einfach nachts in unseren Garten gelaufen. Aber wer hätte auch ahnen können, dass ich in den Teich falle und plötzlich in einer anderen Welt wieder aufwachen würde? Andererseits habe ich hier auch wieder viele tolle Menschen getroffen und mittlerweile konnte ich mir auch kein Leben mehr ohne meinen Kumpel Shino mehr vorstellen, der mich damals am Ufer dieses Sees, an dem wir oft zelteten, fand und zu sich nach Hause brachte. Naja genaugenommen konnte ich mir schon ein Leben ohne ihn vorstellen, aber dieses Leben wäre ziemlich langweilig. Ständig geriet er in irgendwelche Schwierigkeiten und zog mich zu allem Übel immer mit hinein, aber er war dennoch immer ein guter Freund gewesen.
„Erde an Smash, hallo?", Shino hatte sich zu mir runtergebeugt und starrte mich aus seinen dunklen Augen an, „gehen wir nun wieder zurück oder willst du weiterhin hier vor dich hinträumen?"
„Ich komm ja schon", antwortete ich und stand auf. Jeder von uns nahm einen Rucksack und gemeinsam gingen wir am See entlang. Einige Zeit später vernahm ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung im Wasser. Verwirrt blieb ich stehen und trat näher ans Ufer.
„Was ist los?", fragte Shino und gesellte sich neben mich, als es immer windiger wurde.

Die Suche nach den Radaga-KriegernWhere stories live. Discover now