Kritik 1: "Komplizierte Liebe oder Unkomplizierte Liebe?" von Borussin1505

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Ich hatte mir eigentlich fest vorgenommen, lediglich Geschichten zu kritisieren, die mir gewisse Personen zusenden. Doch unlängst traf ich auf eine Geschichte einer Autorin, die sich selbst Borussin1505 nennt und bis dato schon eine beachtliche Anzahl an Kommentaren, Followern und Lesern vorweisen kann. Im Prinzip verstoße ich mit dieser - eher kurzen - Kritik gegen meinen eigenen Grundsatz, aber ich konnte einfach nicht locker lassen. 

PLOT:

Grundsätzlich haben wir hier eine Fanfiction über einen Fußballspieler namens Roman Bürki, welcher de facto Torwart beim Fußballverein Borussia Dortmund ist. Es geht um eben jenen Fußballstar, dessen Auto an einem Tag scheinbar nicht anspringen will und er sich dann dazu entscheidet, die Bahn zu nehmen, um sein Ziel zu erreichen (schon mal lustig, dass ein renommierter Fußballspieler, dessen Privatvermögen von Experten auf mehrere Millionen geschätzt wird, kein zweites Auto besitzt und dazu noch auf öffentliche Verkehrsmittel zurückgreift, wenn er in eine derart missliche Lage gerät, aber diesen Logikfehler lasse ich vorerst außen vor). In der Bahn setzt sich eine als wunderschön beschriebene Frau zu ihm, zu der er sich sofort hingezogen fühlt. Allerdings verlässt sie die Bahn alsbald und der verliebte Fußballstar - der Millionen auf dem Konto hat, aber Bahn fährt - beginnt damit, über sie nachzudenken. 

Somit kann ein Jeder schlussfolgern, dass dies ein Plot ist, den es bereits hunderte Male gegeben hat. All diese Fan-Fictions laufen nach dem selben Schema ab, denn immer gibt es da einen Star, ein extrem attraktives, meist schüchternes Mädchen, die beiden treffen sich auf wundersame Weise und beginnen eine Beziehung, die von viel Sex, verbalen Konflikten und großen Wiedergutmachungen gezeichnet ist. Ich brauche nach dem ersten Kapitel den Rest der vierundsechzig (kleine Info am Rande: meine ausführlichste Story umfasste circa fünfzig Kapitel!) nicht einmal lesen, um zu erahnen, was passieren wird (ich transformiere nun mal kurz in den modernen Nostradamus):

Er grübelt nach, beide treffen sich irgendwann, beginnen zu reden, sind zuerst schüchtern und zurückhaltend, kommen sich trotzdem näher, tauschen ihre Nummern aus, grübeln zuhause wieder nach, können nicht aufhören, an den jeweils anderen zu denken, treffen sich wieder, beginnen eine Affäre, schlafen häufig miteinander (der Sex ist in solchen Geschichten merkwürdigerweise extrem hart beschrieben, was mich sehr verwundert), müssen die Affäre nach Außen hin verheimlichen, beginnen zu streiten, vertragen sich, streiten wieder, vertragen sich, irgendwann wird sie schwanger, er will das Kind vermutlich abtreiben, wieder Streit, wieder Versöhnung, am Ende wird das Kind geboren, alle sind glücklich und zufrieden. (UPDATE: Ein großer Teil meiner Prophezeiung hat tatsächlich gestimmt, zumindest der Teil mit dem Kind. Habe das rausgefunden, als ich nach dieser Kritik etwas in den späteren Kapiteln geschmökert hatte.)

Da es nichts wirkliches Originelles, Lustiges oder Unterhaltendes ist, gebe ich dem Plot einen von vier möglichen Punkten. 1/4 P.

SCHREIBSTIL: Es gibt mehrere POV-Kapitel, die allerdings nicht wirklich ihren Zweck erfüllen und eher sperrig sind, wie ich finde. Allgemein mag ich POV-Kapitel (George RR Martin ist eine Ausnahme) nicht so gerne, aber das ist Geschmackssache. 

Ob einen ein gewisser Stil zu schreiben unterhält oder nicht ist ebenso oftmals Geschmackssache und somit subjektiv, aber was man weitestgehend objektiv beurteilen kann, ist die Art und Weise, wie angenehm eine Geschichte zu lesen ist. Und auch hier kommt Borussin1505 nicht sonderlich gut weg. 

Zitat: "Verdammter Mist! Das kann doch nicht wahr sein! (...) Wütend steige ich wieder aus und knalle die Tür zu."

Ich finde es merkwürdig und verwirrend, wenn Gedankengänge nicht kursiv oder andersartig markiert werden, besonders wenn danach wieder eine Handlung beschrieben wird. Eigenartigerweise ist das im ersten Kapitel hin und wieder der Fall, aber dann wieder nicht, was den Lesefluss stört. 

Dazu sind alle Sätze - und zwar wirklich alle Sätze - durch Absätze voneinander getrennt, was so viel heißt, dass die Autorin nach jedem fertigen Satz die Eingabetaste benutzt hat (Ich weiß, der Satz hier hat viele Wortwiederholungen, aber ich befinde mich zurzeit schließlich nicht in meiner Funktion als Autor, sondern als Rezensionist). Das finde ich ebenso extrem unästhetisch und generiert normalerweise nicht viele Leser. 

Ein Dialog in einem Buch wird üblicherweise auf zwei verschiedene Arten formuliert:

Beispiel: "Wenn wir diesen Schritt wagen, dann laufen wir Gefahr, jegliche Unterstützung vom Westen zu verlieren!", sagte der Feldwebel zu dem Hauptmann, um ihn über die kommende Bedrohung zu unterrichten.

Oder: Der Feldwebel setzte eine skeptische Miene auf, packte den Hauptmann an der Schulter und sah ihm tief in die Augen: "Wenn wir diesen Schritt wagen (...)."

Allerdings sehen bei ihr die Dialoge folgendermaßen aus:

Zitat: "Jule: "Was gibts (sic!) Bürki?""

Das macht die Dialoge sehr stumpf und lässt alles kalt wirken, was denke ich kaum einem gefällt. In der Tat gibt es durchaus Bücher, die durchgehend auf derartigen Dialogen basieren und nur den Namen des gerade sprechenden Charakters mit nachfolgendem Doppelpunkt äußern, um einen Dialog einzuleiten (Stichwort: Reclamhefte), aber diese Werke wirken sowieso eher wie Drehbücher (was beabsichtigt ist) und in diesen Fällen kann man das wohl auch als Stilmittel verstehen, auch wenn ich persönlich diese Reclamhefte nicht ausstehen kann, jedoch hat das hier nichts zu schaffen. 

Auch fällt mir auf, dass die Autorin sehr viele Bilder aus Google oder anderen Websites entnimmt und in ihrer Geschichte einfügt. Ich würde das nicht empfehlen, da die meisten dieser Bilder urheberrechtlich geschützt sind und man fremdes geistiges Eigentum lieber unangetastet lassen sollte, außer man ist selbst der Urheber, man hat eine Lizenz oder das Bild ist für die freie kommerzielle Nutzung gekennzeichnet worden. 

1/4 Punkte. 


RECHTSCHREIBUNG

Ich halte mich hier nicht sehr lange auf und gehe nur kurz auf den Eindruck ein, den mir die Autorin bezugnehmend auf ihre Sprach-Skills vermittelt hat. Ich muss sachlich bleiben und sagen, dass die Rechtschreibung zwar an manchen Stellen Mängel aufweißt, aber im Großen und Ganzen in Ordnung ist. Auch das ist eben wieder eine Sache, die man zur Gänze objektiv beurteilen kann, denn wenn ich etwas falsch schraibe, dann gibt es da nicht viel zu interpretieren oder auszulegen, Fakt ist einfach, dass ich es falsch geschrieben habe und es dementsprechend wieder unangenehm für den Leser ist. 

Was sie hin und wieder falsch gemacht hat, sind zwei Dinge, die ich allerdings auch in bereits gedruckten Büchern gesehen habe:

Falsch wäre: "Das gibts doch nicht!"

Richtig wäre: "Das gibt's doch nicht!"

Nach dem in "gibt" ein Apostroph einzufügen ist essentiell. Viele wissen das nicht.


Der andere Fall war Folgendes:

Falsch wäre: "Mach das!"

Richtig wäre: "Mache das!", oder "Mach' das!"

Bei einem Imperativ sollte man das entsprechende Wort entweder ausschreiben (also in diesem Fall ein e zufügen), oder eben wieder ein Apostroph setzen. Ich weiß, dass das eine große Streitfrage ist, und dass es in der modernen Rechtschreibung teilweise sogar toleriert wird, wenn man zum Beispiel nur "Mach das!" schreibt, aber ich finde es trotzdem besser, wenn man es so macht, wie ich es erklärt hatte, einfach der Ästhetik halber.

3/4 Punkten bei Rechtschreibung.


PUNKTEVERTEILUNG: 5 von 12 möglichen Punkten wurden erreicht. Damit wird die Geschichte ganz, ganz knapp noch mit einem Genügend beurteilt. Die halbwegs funktionierende Rechtschreibung hat protected ;-) 


LINK ZU DER GESCHICHTEhttps://www.wattpad.com/424803642-komplizierte-liebe-oder-unkomplizierte-liebe-roman

AUTORIN: Borussin1505

BUCHKRITIK: Seriös, unverbindlich, kompetent, ehrlich, schnell. [OFFEN]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt