Gleich ist es soweit, nur noch wenige Augenblicke trennen mich von meinem Ziel. Eine ziemlich aufgetakelte Frau mittleren Alters stakst auf die Empore zu, lächelt freundlich in die Menge und greift nach einem schwarzen Mikrofon. "Bevor wir die glücklichen Tribute auslosen, die Distrikt zwei in den diesjährigen Hunger Spielen vertreten werden, wie jedes Jahr noch ein kleiner Film. Extra aus dem Kapitol hierher gebracht, nur für euch." Sie beendet den Satz, dreht sich zur Seite und deutet auf eine unübersehbare Leinwand schräg hinter sich. Ihre Art geht mir jetzt schon auf die Nerven, außerdem weiß jeder hier, der bereits eine Ernte hinter sich hatte, dass es sowieso einen oder mehrere freiwillige geben wird, die sich anstelle der Gezogenen für die Spiele melden. Das war bis jetzt jedes Jahr so und wird wohl auch immer so bleiben. In mir breitet sich Vorfreude aus, zum ersten Mal kann ich den kurzen Film aus dem Kapitol wirklich genießen, ohne dass sich in mir ein Gefühl von riesigem Neid breit macht. Meine Eltern wissen von meinem Vorhaben, mich dieses Jahr als Tribut aufstellen zu lassen. Mein Vater unterstützt mich und ist voll und ganz der Meinung, dass fünfzehn Jahre Training in meinem Fall ausreichen, meiner Mutter allerdings wäre es lieber, wenn ich noch ein bis zwei Jahre trainieren würde.
Meine Gedanken schweifen ab, gehen im Kopf die Spiele durch. Wer werden wohl die anderen Tribute sein? Und vor Allem, wer wird mein Distrikt Partner? Bestimmt wird keiner der Anderen so gut mit Messern umgehen können wie ich. Sie akkurat und in jedem Fall tödlich treffen zu lassen, ist für mich ein leichtes, ich verfehle nie ein Ziel.
Eine laute Stimme durchdringt meine Gedanken. "Es wird Zeit die beiden Tribute der 74. alljährlichen Hunger Spiele zu bestimmen. Ladies first." Mit diesen Worten geht die Dame zu einer der beiden großen Glaskugeln, die sich in der Mitte der Empore befinden. Sie lässt ihre Hand in die Öffnung gleiten, wirft eine Weile Zettel umher und zieht schließlich einen heraus, der sich ziemlich weit unten befindet. Diese Mühe hätte sie sich sparen können, denn mehr als den Zettel auseinander zu falten und einen kritischen Blick auf den Namen, der dort in großen, schwarzen Druckbuchstaben geschrieben steht zu werfen, kann sie nicht. "Ich melde mich freiwillig als Tribut für die 74. Hunger Spiele.", sage ich mit selbstbewusster Stimme und trete einen Schritt nach vorn. Alle Augen sind auf mich gerichtet, als ich lächelnd, mit leichter Arroganz, in Richtung Empore schreite. "Ich melde mich auch freiwillig!", schreit ein Mädchen, welches nur wenige Meter entfernt von mir steht. Sie hat hellbraune Haare, dunkelbraune Augen und ist maximal 13 Jahre alt. Kämpfe, um die hier in Distrikt zwei begehrten Plätze in den Spielen, sind die Friedenswächter bereits gewohnt, sie gehen eher gelassen damit um. Ich werfe dem Mädchen einen vernichtenden Blick zu, schüttele den Kopf und gehe weiter in Richtung Empore. Sie will mir folgen, doch weit kommt sie nicht, da sich einige Friedenswächter einen Weg durch die Menge gebahnt haben und sie festhalten. Dieses Mädchen hätte keine Chance gehabt und ich bin mir ziemlich sicher, dass sie auch in vier bis fünf Jahren keine ernsthafte Konkurrentin sein würde.
Lächelnd steige ich die Stufen zur Empore hinauf und schenke dem Vorfall keine weitere Beachtung. Dann gehe selbstbewusst zum Mikrofon. Die Frau sieht mich an, dann wendet sie sich lächelnd den vielen Kameras zu, die Live ins Kapitol übertragen und erläutert mit überaus fröhlicher Stimme, dass Distrikt zwei erneut eine freiwillige Tributin in die diesjährigen Spiele senden werde, schließlich wendet sie sich mir zu. "Wie heißt Du und wie alt bist Du?", fragt sie mich und hält mir das Mikrofon hin. "Ich bin Clove. Clove Kentwell, fünfzehn Jahre alt." Zufrieden grinsend schaue ich in die Menge, die sofort anfängt zu applaudieren und begeistert zu mir aufschaut.
"Es wird Zeit, den männlichen Tribut auszuwählen", säuselt die Betreuerin und greift in die andere Glaskugel. Als sie den Zettel endlich herausgefischt hat und den darauf geschriebenen Namen vorliest bleibt mir fast die Luft weg. Nicht nur, dass ich den Jungen mit dem Namen Cato Hadley kenne, ich bin seit längerer Zeit in ihn verliebt. Cato grinst breit und betritt mit schnellen, lässigen Schritten die Empore. Es freut ihn für die Spiele gezogen worden zu sein und an seinem Blick erkenne ich, dass er ohnehin vorhatte sich zu melden. Keiner der anderen Jungen traut sich, ihm die Show zu stehlen und auch nur den Versuch zu wagen, sich freiwillig für die Spiele zu melden, was in diesem Moment mein sehnlichster Wunsch wäre. Leider bleibt er unerfüllt, Catos Stimme breitet sich in meinen Ohren aus, trotzdem wirkt sie wie in weiter Ferne. Nach ungefähr zwei Minuten, die sich schier ins endlose ziehen, drehen Cato und ich uns zueinander um und schütteln uns die Hände.
Unsere Betreuerin lächelt, legt je einen Arm um uns beide und zieht uns mit ins Gerichtsgebäude, mich zu ihrer Linken, Cato zu ihrer Rechten. Als die massive Doppeltür hinter uns zuschlägt und ich in einen Raum, links vom Hauptflur geführt werde schaut mich Cato an. Es ist zwar nur ein kurzer Blick, aber wenn mich nicht alles täuscht zwinkert er mir zu. Ich starre ihn einfach nur an, dann schließt die Betreuerin von außen die Tür und ich bin für eine Weile allein. Allein mit mir selbst und meinen Gedanken. Langsam machen sich Zweifel in mir breit. War es die richtige Entscheidung sich als Tribut für die 74. Hunger Spiele aufstellen zu lassen? Ich weiß es nicht, aber wie auch immer, jetzt gibt es kein zurück mehr und auch wenn ich es nicht will, wird Cato sehr bald zu einem Todfeind werden.
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Cato und Clove - Tödliche Liebe
FanfictionClove Kentwell ist fünfzehn, als sie sich dazu entscheidet, sich für die 74. alljährlichen Hunger Spiele zu melden. Anfangs freut sie sich auf die Spiele und vorallem darauf, endlich allen zu zeigen, wer sie ist und was sie kann. Das alles ändert si...