2

5.4K 272 76
                                    

(1991)

Als das Motorrad am Hafen ankommt, erreicht die Sonne gerade den Horizont und durch Hayley's Kopf schwirrt der Gedanke, dass wenn der Mörder nicht aufgetaucht wäre, säße die Familie glücklich in einem Privatflugzeug und ihr Vater würde sie in den Arm nehmen, da Hayley Angst vor dem Fliegen hat. Doch diese Angst kommt nicht annähernd an die Angst heran, welche sie wegen dem Mann hinter sich verspürt. Die ganze Fahrt hat sich Hayley nur einmal bewegt und zwar um sich die Tränen aus dem Gesicht zu wischen, denn der Braunhaarige sitzt auf diesem Motorrad als hätte er nichts getan, dabei hat er Hayley's Freude gänzlich zerstört. Zuerst steigt der Mann ab, um sich seine schwarze Tasche über die Schulter zu werfen, dann legt er einen Arm um das verängstigte Mädchen, hebt sie an und drückt sie an seinen Körper. So recht weiß Hayley nicht was sie denken soll, schließlich wird sie gerade an den Mann gedrückt, welcher ihre Eltern getötet hat, aber sie aus irgendeinem Grund verschont hat. Wieso eigentlich? Hayley öffnet ihre traurigen Augen, welche sie seit dem Moment geschlossen hat in dem der Mann sie hochgehoben hat, denn sie will ihm einfach nicht in die kalten Augen schauen. Über die Schulter des Mannes sieht das kleine Mädchen wie das Motorrad immer kleiner wird und sie nahe am Wasser laufen, doch diesen Ort hat sie noch nie gesehen, schließlich wäre dieser Urlaub ihr erster gewesen, doch wahrscheinlich wird sie in nächster Zeit so etwas nicht erleben. Der Mann stoppt an einer schmalen Brücke, lässt das blonde Mädchen herunter, welche sofort darüber nachdenkt wegzurennen, doch schon schubst der Braunhaarige sie die Brücke hinauf. Oben, am Ende der Brücke kann das Mädchen einen rothaarigen Mann erkennen, welcher die beiden ein wenig verwirrt aber auch erbost betrachtet. Das Wasser links und rechts neben der Brücke gibt ein leises Rauschen von sich, da es immer wieder gegen das Schiff trifft und dieses Geräusch bringt die 5-Jährige auf eine Idee. Sollte sie springen? Verunsichert schaut Hayley sich um, muss jedoch mit Enttäuschung feststellen, dass das Geländer viel zu hoch für sie ist und selbst wenn sie in das Wasser springen würde, wäre sie verloren. Zwar hat ihr Bruder ihr mehrere Male versucht das Schwimmen beizubringen, jedoch wurde sie die meiste Zeit von anderen Dingen abgelenkt oder ist einfach vor Tony weggerannt. Der Gedanke an ihren Bruder lässt das Gesicht des Mädchens ein wenig aufhellen, denn er war immer ihr einziger Freund und wenn es ihr schlecht ging, half er ihr mit allen Mitteln. Hayley bemerkt gar nicht wie sie bei dieser Erinnerung stehen bleibt und erst weiter geht als der Mörder ihrer Eltern nach ihrer Hand fasst und sie bis zu dem rothaarigen Mann zerrt. Wieder einmal rinnen Tränen über das Gesicht der Kleinen, denn die Hand welche sich gerade um die Ihre schließt, ist genau die Hand welche ihre Mutter und ihren Vater getötet hat.

"Was soll das?"

Die raue Stimme des Rothaarigen bringt das kleine Mädchen zum Zusammenzucken und selbst der auf Hayley so kühl und selbstsicher wirkende Mann, senkt seinen Kopf. Zwar versteht Hayley keines der Worte welche die Männer austauschen, da sie Russisch reden, doch sie ist sich sicher das es um sie geht.

"Karpov wird das nicht zulassen. Besser wir töten sie, ich will nämlich mein Leben behalten."

Der Rothaarige zieht seine Pistole aus der Halterung an seinem Gürtel, kann jedoch nicht abdrücken. Der braunhaarige Soldat stellt sich vor Hayley und packt mit seiner Metallhand nach dem Hals des Rothaarigen. Er schnürt ihm die Luftzufuhr ab.

"Lege eine Hand an sie und du verlierst tatsächlich dein Leben."

Mit kalten Augen starrt der Mann mit dem Metallarm in die des Rothaarigen, welcher vor Angst beinahe anfängt zu zittern, doch er kann die Kraft aufbringen zu nicken. Hayley's blaue Augen betrachten das ganze Geschehen bis ihr auffällt, dass sie eine Chance hat zu fliehen, denn als der Braunhaarige nach dem Hals des anderen Mannes gepackt hat, musste er ihre Hand loslassen. Noch einmal prüft das Mädchen ob die beiden Männer beschäftigt sind, dann dreht sie sich leise um und rennt so schnell es geht von dem Schiff. Wenige Sekunden später bemerkt der Braunhaarige seinen Fehler, lässt den Mann vor sich fallen und läuft dem Mädchen mit großen und schweren Schritten hinterher. Kaum das Hayley die Brücke hinter sich gelassen hat, stolpert sie über ihre eigenen Füße und fällt auf ihre Knie und zarten Händchen. Sofort spürt sie den Schmerz in ihren Händen und ihrem linken Knie, doch sie will nicht noch einmal zu diesem Mörder, sie will nur noch zu ihrem Bruder und nirgendwo anders hin. Tränen rinnen über ihr Gesicht als sie aufsteht und bemerkt, dass der böse Mann sie eingeholt hat und nun vor ihr kniet. Damit das Mädchen ihm gegenüber nicht noch einmal wegrennen kann, nimmt der Mann ihre kleinen und schmerzenden Hände in die Seinen und macht so der kleinen Hayley noch mehr Angst.

"Hey, Kleine. Das solltest du nie wieder tun, verstanden? Denn wenn, dann wird mein Freund da oben und ich dich aufhalten müssen. Im Moment hast du die Chance zu überleben, aber wenn du so weiter machst, wirst du so enden wir deine Eltern."

Zum ersten Mal hört Hayley die Stimme des Mannes und sie findet, dass zu ihm eine gruseligere Stimme gepasst hätte, schließlich hat er Menschen getötet und ist nichts Anderes als ein Monster in ihren Augen. So enden wie deine Eltern. Am liebsten hätte das blonde Mädchen ihn angeschrien, ihm gesagt das er allein an dem Tod ihrer Eltern schuld ist und sie ihn mehr hasst als alles Andere, doch dem Mädchen fehlt einfach die Kraft ihren Mund zu öffnen. Der Griff um ihre Hände ist nicht all zu stark, da der Mann es nicht übers Herz bringen könnte ihr noch mehr weh zu tun, denn etwas ist Anders an ihr. Die Art wie sie ihn ansieht, lässt ihn all den Schmerz vergessen, auch wenn ihr Blick voller Hass und Trauer ist. Hayley zieht ihre Hände aus den Seinen, dreht sich in Richtung Schiff und läuft vorsichtig darauf zu, denn ihr Knie tut mehr weh als sie dachte.

"Gutes Mädchen."

Hydra's Angel ➵ B.BWo Geschichten leben. Entdecke jetzt