2. Kapitel

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 Entweder mache ich mir Sorgen oder was zu essen.

So stehe ich nun um halb fünf morgens in unserer neuen Küche, umgeben von nicht ausgepackten Kisten und noch wirr rumstehenden Möbeln, esse Müsli und meine Sorgen in mich hinein, bin dabei auf Instagram und schaue was die Welt in Los Angeles macht, obwohl ich das alles gestern noch miterlebt habe.

Leider ist auch das irgendwann öde, doch Schlaf werde ich ganz sicher keinen mehr kriegen. Schweißgebadet bin ich aufgewacht, ich habe wieder von der Nacht geträumt, in der meine Eltern starben, und wie jedes Mal fühlte es sich so echt, so lebendig an. 

Ich schüttel mich einmal, als könnte ich so den Gedanken mit abschütteln und stehe von der Kücheninsel auf. 

Ein paar Minuten opfere ich um ein paar Decken und Kissen zusammenzusuchen und verteile sie vor dem Fernseher auf dem Boden, so dass es möglichst gemütlich ist. Hoffentlich kauft Dylan heute ein Sofa, das hier soll eine einmal und nie wieder Sache sein. 

Den Fernseher hatte Dylan zu meinem Glück gestern schon angeschlossen. So hole ich mir nur noch mein Müsli, einen Schokoriegel und meinen Kaffee dazu und lege mich auf das aus Kissen gebaute Sofa. Höre dem Fernseher die nächste Stunde auf niedriger Lautstärke zu, um Dylan nicht zu wecken und schlürfe zwei Tassen Kaffee.

Um kurz nach Sechs gesellt sich Dylan zu mir. "Brauchen wir überhaupt noch ein Sofa?" Er lacht und reibt sich dabei noch verschlafen über die Augen.

Entsetzt schaue ich zu ihm. Abwehrend hält er die Hände hoch und grinst, ehe er aufsteht und sich sein Frühstück macht und damit sich wieder zu mir setzt.

"Aufgeregt?" 

"Verängstigt trifft es eher." Ich meide Dylans Ach-so-schlimm-kann-es-gar-nicht-werden-Blick und starre weiter auf den großen Bildschirm vor mir, wobei ich meine leere Tasse fest in meinen Händen drücken, als hätte ich Hoffnung sie würde nachgeben.

Doch sein Kopfschütteln entgeht mir nicht. "Wetten es wird halb so schlimm. Du wirst bestimmt sofort Anschluss finden." 

Diesmal schüttel ich den Kopf. "Wetten nicht."

"Okay, der Deal gilt." Dylan dreht sich zu mir und hält mir seine Hand entgegen.

"So meinte ich das nicht. Ich will nicht wetten."

Er zieht seine eine Augenbraue hoch und fängt an wie ein Irrer zu grinsen. "Du hast Angst zu verlieren?" 

Mit diesen Worten hat er mich sofort und ich schlage bei ihm ein. Er lächelt zufrieden. 

Wenig später entschuldige ich mich bei ihm und fange an mich für meinen ersten Schultag fertig zu machen. Groß schick machen kann ich mich wohl nicht, da meine ganzen Sachen noch in Kartons verpackt sind. Somit gebe ich mich mit den Sachen aus der ersten Kiste, die ich öffne, zufrieden, packe meine Tasche und schminke ich mich noch, so viel wie ich für angemessen empfinde.

Komplett fertig mit allem laufe ich an Dylan vorbei zur Wohnungstür öffne die einzige Kiste die im Flur steht. Oben drauf liegen direkt ein paar Schuhe von mir, die mir Phoebe vor ein paar Monaten erst vermacht hat. 

"Ich nehme den Truck. Den Bus kriege ich eh nicht mehr. Hab dich lieb, bis später!"

Ein Ich dich auch ertönt noch hinter mir, bevor die Tür zufiel. Zu unserem Glück oder Pech, je nach dem von welcher Perspektive man die Situation betrachtet, arbeiten Dylan erst spät Abends in irgendeiner Bar, sonst startet er grade als Mediendesigner von Zuhause aus, so war der Truck morgens für mich verfügbar. Andererseits würden wir uns nun weniger sehen, wenn ich bis Nachmittag weg bin und er Abends und Nachts arbeitet und Morgens schläft.

Sobald ich den Truck sah, fing ich sogar an wieder zu wissen wie man das Leben überlebt. Der Truck ist Dylans und mein Heiligtum. Fiona hat den Truck damals mit uns aufgenommen und Dylan zu seinem sechzehnten geschenkt, mit der Aussage, dass er auch mir gehören wird. 

Ich kann mich noch gut an Fahrten an einen See in diesem Truck erinnern, als unsere Familie noch komplett war. 

Wieder schüttel ich mich, als würde so der Gedanke abgeschüttelt werden. 

Die Fahrt von unserer Wohnung bis zu der Schule ist erschreckend kurz und die Schule erschreckend normal. Ich weiß auch nicht was ich erwartet hatte, aber irgendwie nicht eine ganz normale Schule. 

Mit dem Stundenplan, der mir schon zugeschickt wurde, ging ich dann doch nochmal zum Büro, da ich mir unsicher war, ob ich mich anmelden musste. Die Frau im Büro sagte mir dann, dass das sehr nett von mir war, aber nicht nötig. 

Nun laufe ich total verloren durch die Gänge, da ich meinen jetzigen Unterrichtsraum nicht finden kann. Grade als ich die richtige Raumnummer an einer Tür erkennen konnte, stürmt ein Junge an mir vorbei, der mich fasst umreißt, dabei selbst fast fällt und vor dem Raum stehen bleibt, in den ich auch muss. Verwirrt sieht er mich an.

Ich erwidere seinen Blick. "Was?"

"Ich habe dich noch nie gesehen, oder?" 

Ich schüttel den Kopf und greife nach der Türklinke. "Bella Sharman."

Er schiebt meine Hand sanft weg und ergreift selbst die Türklinke und öffnet die Tür. "Isaac Lahey."

Ich trete an ihm vorbei und lächel den Lehrer vor mir entschuldigend an. "Ich habe den Raum nicht so schnell finden können. Entschuldigung." 

Der Lehrer lächelt mir zu und nickt, ehe er mir zeigt dass ich mich setzen soll. 

Das elendige Platz-suchen erspart mir Isaac. Er winkt mich zu sich und zeigt sofort auf den Stuhl neben ihm - ein Platz direkt am Fenster. Danke.

Ich lasse mich neben ihm fallen und lächel ihm zu, er erwidert. Der Lehrer muss wohl so auf meine Ankunft fixiert gewesen sein, dass es ihm entgangen ist, dass Isaac sich an mir vorbeigemogelt hat. 

Englisch war ermüdend, so male ich schon die ganze Stunde in meinem Collegeblock. Als der Gong ertönt, beeile ich mich wahnsinnig, da ich nicht wieder aufgrund meiner Orientierungslosigkeit zu spät bei meiner nächsten Stunde ankommen will.

"Wir sehen uns in der Cafeteria." So verabschiedet sich Isaac Lahey von mir. Vor der Tür begrüßt er einen Jungen, der wohl schon auf ihn gewartet hat und gemeinsam laufen sie weiter.

Wenn dieser Junge mit Isaac an einem Tisch in der Cafeteria sitzt, muss ich ganz sicher meinen Plan aufgeben mich in der Pause in der Bücherei zu verstecken, über meinen Schatten springen und mich zu Isaac und seinen Freunden setzen, denn verdammt sah der gut aus.

Fire and Ice // Teen WolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt