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3. Ruhe vor dem Sturm

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Wütend lasse ich mich auf meinen Stammplatz in der Cafeteria fallen und starre noch immer wie gebannt nach vorne. Mein Herz hämmert heftig gegen meine Brust und so langsam merke ich, wie sich ein Hauch von Nervosität in mir breit macht.

"Hör auf, da so hinzustarren!"

Erschrocken sehe ich zu Liana, die mir einen ernsten Blick zuwirft. Wenn sie schon merkt, dass ich wie eine Verrückte gaffe, dann werden es die anderen auch bald merken.

Doch gerade kann ich mich einfach nicht mehr zusammenreißen...

"Ich mache ihn fertig, wenn er auch nur ein Wort sagt", entgegne ich zähneknirschend, ehe mein Blick langsam wieder zu Mason wandert, der mit seinen Freunden, darunter auch Nate, ein paar Tische weiter sitzt und sich lachend unterhält. Jetzt ist ihm vielleicht noch zum Lachen zumute, doch wenn ich erst einmal mit ihm fertig bin, dann wird es ihm vergehen, das ist sicher.

"Er wird schon nichts sagen", versucht mich Liana aufzumuntern. Sie beißt voller Elan in ihr Sandwich und genießt es etwas zu sehr, bevor sie wieder zu sprechen beginnt. "Und schon gar nicht vor den anderen. So scheiße ist selbst mein Bruder nicht."

Ich sehe Liana einige Sekunden lang an, doch irgendwie ist meine Angst überwältigend. "Und was, wenn er es doch tut?"

"Dann machst du ihn fertig", wiederholt sie meine Worte und entlockt mir sogar ein Lächeln.

"Du hast recht", sage ich dann und nicke, um meine Worte zu bestärken. Ich muss aufhören, mir den Kopf darüber zu zerbrechen, da es sowieso nichts nützt. Mason ist zwar ein Arschloch, aber er würde es nicht wagen, Nate wirklich die Wahrheit zu sagen. Da bin ich mir sicher.

Okay, das ist vielleicht ein wenig gelogen. Denn verdammt, er würde es bestimmt mit Vergnügen tun.

Ich schlucke schwer.

"Wie siehts eigentlich mit unserem Referat aus?" Liana sieht mich erwartungsvoll an und vernachlässigt kurz ihr Sandwich, das sich noch immer in ihren Händen befindet.

Ich runzle die Stirn. "Welches Referat?"

"Na das, was wir heute in Geschichte halten müssen", entgegnet sie plötzlich panisch und lässt dabei sogar ihr Sandwich fallen.

Ich weiß genau, wovon sie redet, doch der Reiz, sie jetzt zu verarschen, ist einfach zu groß. Genau deshalb setze ich auch einen schockierten Gesichtsausdruck auf und schlage mir die Hand vor den Mund.

"Scheiße, das habe ich total vergessen!", rufe ich und erwidere Lianas entsetzten Blick.

"Nein, bitte sag, dass das ein Scherz ist", murmelt sie unsicher und langsam tut es mir sogar leid, weil sie so sehr darauf reinfällt, doch das Böse in mir verleitet mich dazu, weiterzumachen.

"Tut mir ehrlich leid."

"Oh nein!", stöhnt Liana und fährt sich frustriert durch die Haare. Währenddessen greife ich nach meinem Rucksack, krame unser Referat heraus und halte es ihr entgegen. Als sie realisiert, dass ich sie verarscht habe, schenkt sie mir einen wütenden Blick, doch wirklich wahrnehmen kann ich ihn vor lauter Lachen nicht.

Nach einigen Sekunden atme ich tief durch und versuche, mich zu sammeln, doch Liana sieht immer noch genervt aus.

"Du bist so scheiße", brummt sie, ehe sie wieder nach ihrem Essen greift.

Ich will es ihr nachtun, doch ein tiefes Lachen ergattert meine Aufmerksamkeit. Ich sehe an Liana vorbei und meine Augen treffen geradewegs auf die von Mason. Er grinst mich an, ganz dreist, und beugt sich dann in Nates Richtung, um ihm etwas zu sagen. Dabei hält er meinen Blick gefangen und mein Herz macht vor Angst einen Sprung.

Dieser miese Bastard...

"Ich sag das jetzt zum allerletzten Mal, Rina: Mason wird Nate schon nichts sagen."

Seufzend zwinge ich mich, Liana wieder anzusehen. "Ich ... ich habe einfach nur Angst. Ich meine, das wäre doch die perfekte Rache für meine letzte Aktion. Und wäre ich an Masons Stelle und hätte diese Chance, um ihm eins reinzuwürgen, dann würde ich es ohne zu zögern tun."

Liana schüttelt lächelnd den Kopf. "Das heißt aber noch lange nicht, dass er es auch tun würde."

"Trotzdem, die Chance besteht...", murmle ich und knabbere nervös an meiner Unterlippe.

Gedankenverloren starre ich zu Nate, der mal wieder toll aussieht. Seine dunkelblonden Haare hat er perfekt gestylt, seine Augen strahlen wie immer in einem kräftigen Blau und sein Lächeln lässt mich innerlich dahinschmelzen

Gut, vielleicht bin ich ein bisschen mehr als nur verschossen in ihn. Besessen wäre ein passenderes Wort, um meine momentane Lage zu beschreiben. Aber das muss ja niemand wissen.

"Was machen wir heute nach der Schule?", frage ich an Liana gewandt und bringe sie dazu, ihren Blick von ihrem Essen zu nehmen und mich anzusehen. Es dauert nur einige Sekunden, bis so etwas wie Erkenntnis in ihre Augen tritt und sie den Kopf schüttelt.

"Nein, nein, nein! Ich komme nicht nochmal mit zum Football Training." Sie hebt ihren Finger und lässt ihn vor meinem Gesicht hin und her wackeln, um mir deutlich zu machen, dass ich sie niemals wieder dahin kriege.

"Bitteeee." Ich ziehe einen Schmollmund, der sie anscheinend nicht kalt lässt. "Du weißt, wieso ich dahin will."

Meine kleine Geheimwaffe klappt immer.

Liana seufzt. "Rina, es nützt nichts, wenn du ihm immer wieder hinterherspionierst. Das wird dich nicht weiterbringen, vielmehr wirst du dann immer weniger Mut haben und noch tiefer in deine Schwärmerei verfallen. Sprich Nate endlich an, dann können wir uns das Ganze sparen."

Ich lasse die Schultern hängen, denn auch wenn ich weiß, dass Liana es nur gut meint, tun mir ihre ehrlichen Worte doch ein wenig weh. Es kann gut sein, dass sie recht hat und dass mein Verhalten bezüglich Nate langsam kindisch und lächerlich wird, doch genau heute muss ich einfach zum Football Training, da die Wahrscheinlichkeit, dass Mason ihm dort etwas von meinen Schwärmereien erzählt, am größten ist.

Ich muss einfach mit Mason sprechen und ihm das ausreden.

Ich räuspere mich. "Das weiß ich, Liana. Bitte begleite mich, nur noch dieses eine Mal. Dann schleppe ich dich da nie mehr hin." Ich sehe mit großen, flehenden Augen zu ihr und es dauert keine fünf Sekunden, da gibt sie auch schon nach.

"Gut, nur noch dieses eine Mal."

Prompt bahnt sich ein überglückliches Lächeln den Weg auf meine Lippen.

"Danke, du bist die Beste!", quieke ich erfreut, ehe ich mir innerlich Gedanken darüber mache, wie ich Mason dazu bringen soll, zu schweigen. Ich kenne ihn nun schon seit zu vielen Jahren und mir ist bewusst, dass das alles andere als leicht wird. Mason hat eben seinen eigenen Kopf und mir zuliebe wird er sicher nicht still sein.

Doch irgendwie muss ich ihn von seinem Vorhaben abhalten.

Sonst bin ich wortwörtlich erledigt.

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