Mira

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„Ja", antwortete sie sichtlich verwirrt und machte einen Schritt zurück. Erleichtert betrachtete sie den Bus, der schon hielt und stieg schnell sein. Er sah ihr nach und ohne zu zögern stieg er ebenfalls in den Bus. Neben der kurdischen Schönheit gab es leider keinen freien Sitzplatz, also stellte er sich etwas abseits in den Gang. Sie hatte ein kleines ledernes Notizbuch aus ihrer Tasche geholt und schrieb konzentriert etwas hinein. Das Mädchen schien sich beobachtet zu fühlen, denn sie hob den Kopf und sah in seine Richtung. Ertappt sah er weg und stellte hierbei fest, dass er in den falschen Bus gestiegen war. Nur kurz überlegte er, bevor er beschloss, das Mädchen zu begleiten. Wenigstens ihre Handynummer musste er bekommen. Unauffällig lugte er wieder zu ihr rüber und lächelte dabei. Ihre Sonnenbrille hatte sie immer noch auf der Nase, ihren erstaunten Blick übersah er trotzdem nicht. Hastig packte sie das Notizbuch und den edel verarbeiteten Kugelschreiber in ihre Umhängetasche und stand auf. Scheinbar war sie ebenfalls falsch eingestiegen. Oder ihr war etwas Wichtiges eingefallen.

Als die Türen sich öffneten, stieß er sich von der Stange in seinem Rücken ab und holte das Mädchen mit nur wenigen Schritten ein. Dass sie bereits beim ersten Halt ausgestiegen war, ließ ihn vermuten, dass sie in dieselbe Richtung musste wie er.
„Wohnst du hier?" begann er ein Gespräch. Die junge Dame hatte seine Anwesenheit wohl nicht bemerkt und zuckte, ihre Kopfhörer noch im Ohr, erschrocken zusammen. „Nein." Ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen überquerte sie die Straße.
„Was tust du hier?" – „Zu Besuch bei meinem Onkel." – „Wohnt er hier in der Nähe?" fragte er nach einer Pause, als sie den Parkplatz eines Supermarktes überquerten. Er hatte Recht, als er vermutete, dass sie in dieselbe Richtung musste wie er. Am anderen Ende des Parkplatzes stieg sie die Stufen der schmalen Treppe herunter und blieb dann vor hohen Plattenbauten stehen. „Ja. Ich sollte los. Bin spät dran", antwortete sie und lief schnellen Schrittes über die Straße. Ein gepflasterter Weg führte an zwei nebeneinanderstehenden Hochhäusern entlang. Als sie merkte, dass er ihr immer noch folgte, drehte sie sich mit todernster Miene um und nahm endlich die Sonnenbrille ab. Ihre dunklen Augen und die perfekt geformten Brauen kamen nun vollends zum Vorschein.
„Wohnt dein Onkel da drin?" fragte er, auf das Gebäude hinter ihr deutend. Dass sie ihm nicht antwortete verstand er als ein Ja. „Dann sind wir quasi Nachbarn. Ich wohne hier." Er nickte mit dem Kopf in Richtung des gegenüberliegenden Plattenbaus.
„Schön." Damit wandte sie sich ab.
„Hey! Lauf nicht weg! Sag mir wenigstens deinen Namen. Bitte." Seine Stimme wurde mit jedem Schritt den sie tat leiser, sie hörte ihn ja sowieso nicht. Doch gerade als er sich von ihr abwenden wollte, drehte sie sich mit einem Lächeln um. „Mira." Damit wandte sie sich ab und lief ihren Weg.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 11, 2017 ⏰

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