Ich ging wie jeden Tag mit dem Bus zur Schule und war recht früh, aber meine beste Freundin, Vanessa, wartete schon. Sie pustete sich eine Strähne ihres hellblonden Haares aus dem Gesicht und winkte. Ich ging zu ihr hin: "Hallo, Mel." "Hallo", sagte ich gut gelaunt und legte meine Schultasche auf den Boden. Sie war ganz schön schwer. "Ich muss noch kurz zu meinem Spind. Wartest du hier?" Vanessa nickte und ich lief davon. Ich fummelte an meinem Schloss herum und konnte es erst nach einiger Zeit öffnen. Wie ich dieses Teil hasste! Ich fand es eigentlich unnötig. Ich meine, wer stahl schon Schulbücher? Aber ganz offen lassen wollte ich meinen Spind natürlich auch nicht, so musste ich mich jedes Mal zuerst mit diesem Teil abmühen. Als ich es endlich geschafft hatte, legte ich die Bücher, die ich nicht brauchte, hinein und ging zu Vanessa zurück. In der Zwischenzeit waren auch Amy und Jessica dort. Amy mochte ich sehr, sie war die zweitbeste Freundin von Cora meiner Zwillingsschwester und Jessica... naja, sie war nicht übel, aber auch nicht gerade richtig toll. Wir tauschten diverse Neuigkeiten aus und dann fragte Amy plötzlich: "Wie denkt ihr, wird der Neue sein?" "Ich hoffe er ist schön". "Ja hoffentlich und gross sollte er auch sein". "Hoffentlich ist er nicht so einer, der immer stumm in der Ecke sitzt". Von da an redeten aber vor allem über den Neuen. Bald kamen immer mehr zu uns und die Schulglocke klingelte. Wir suchten nach einem unbekanntem Gesicht, fanden aber keines und gingen hinein. "Geschichte", seufzte ich leise. An sich fand ich das Fach nicht schlecht, aber den Lehrer mochte ich nicht so, er war... er war einfach seltsam. Wir betraten das Zimmer und setzten uns. Da die Ferien nur zwei Wochen her waren, musste ich mich immer noch an meinen neuen Platz in Geschichte gewöhnen. Ich sass allein an einem der dunklen Tische ganz hinten, Vanessa und Sarah sassen am Tisch nebenan. Unser Lehrer, Mr. Hunter war noch nicht da. Bis auf den Neuen, sah ich alle aus unserer Klasse. Gerade als es klingelte, kam ein Junge hinter Mr. Hunter ins Zimmer. Ich musste mich bemühen, ihn nicht anzustarren. Seine Haut war gebräunt von der Sonne, seine Statur war perfekt, sein Haar war dunkel, seine Augen ebenfalls, sein Gesicht war makellos. Er war vollkommen. Er lächelte. Sein Lächeln war einfach verzaubernd und ich musste den Blick abwenden, da ich ihn sonst wirklich offensichtlich angestarrt hätte. Mr. Hunter - er war so faltig und ernst war, dass er Alex gar nicht ähnlich sah - sagte: "Guten Tag. Das ist mein Sohn, Alex", dann nickte er Alex auffordernd zu und Alex trat vor. "Hallo. Ich bin Alex Hunter. Ich bin 18 Jahre alt, mache gerne Sport und bin, wie ihr schon wisst, neu hier." Mr. Hunter nickte wieder leicht und Alex fragte: "Wo soll ich sitzen?" "Neben Melanie ist noch ein Platz frei", sagte Mr. Hunter und deutete neben mich. *Nein!*, dachte ich, freute mich aber gleichzeitig, ich wollte mich einfach nicht blamieren. Alex schaute mich lange an und ging dann zu mir. Er legte seinen Schulranzen ab und setzte sich hin. "Hi", sagte er und ich brachte nur ein leises "Hi" zustande. Ich strich mir eine schwarze Strähne aus dem Gesicht und schaute Alex an. Er lächelte mich an, holte seine Bücher hervor und drehte sich dann wieder zu mir. "Du bist also Melanie?" "Mel", sagte ich. Ich hatte nichts gegen meinen Namen, aber er war einfach zu lang. "Mel" Er lächelte wieder. Mr. Hunter fing mit dem Unterricht an und ich nahm an, dass Alex als sein Sohn ruhig sein würde. Doch er fragte mich etliche Sachen und wir redeten die ganze Stunde lang. Als die Stunde zu Ende war, gingen wir zusammen heraus und Mr. Hunter schaute mich ein wenig verärgert an, es kümmerte mich aber nicht sonderlich.
Auf dem Flur lief Vanessa neben mir und Alex unterhielt sich mit Lian und Daniel. Lian war der Ex von Vanessa, sie hatte mit ihm am Anfang der Sommerferien aus dem Nichts heraus Schluss gemacht. Ich wusste nicht wieso, würde es aber noch nicht ansprechen. Ich schielte immer wieder zu Alex hinüber und hörte Vanessa kaum zu. Vanessa bemerkte meine Blicke und schaute mich zuerst strafend an, flüsterte dann aber: "Er gefällt dir, hab ich Recht?" *Soll ich ihr die Wahrheit sagen? Ich will sie nicht belügen, ich finde ihn wunderschön. Aber das kann ich doch nicht sagen* Ich zögerte, gestand dann aber mit einem leisen "Ja". Vanessa grinste leicht und fragte mich über alles aus, was ich von ihm wusste. Ich antwortete ihr immer ausführlich, war aber dennoch froh, als wir das Zimmer betraten. Ich setzte mich wie üblich neben Amy, Vanessa war auf der anderen Seite von Amy und musste mich so in Ruhe lassen. Sie schaute aber immer wieder zu mir und das fiel Amy auf. *Na vielen Dank auch*, dachte ich, als Amy mich fragend ansah. Ich sagte etwas genervt: "Nichts". Manchmal war Vanessa echt nervig, auch wenn ich sie sonst unglaublich mochte und wir praktisch unzertrennlich waren, wir waren halt einfach allerbeste Freunde. Ich starrte eisern nach vorne und endlich kam unsere Lehrerin ins Zimmer gewatschelt, wir nannten sie immer Ente, denn da sie zu hohe Schuhe trug, hatte sie immer Mühe mit laufen. Sie sorgte für Ruhe und fing sofort mit dem Unterricht an. Ich konnte mich allerdings ganz und gar nicht darauf konzentrieren, meine Gedanken schweiften immer zu Alex. Dann wurde etwas gefragt und alle schauten mich an. *Verdammt! Was hat sie gefragt?*, fragte ich mich und versuchte mich verzweifelt daran zu erinnern, doch vergebens. "Ich weiss die Antwort nicht", sagte ich dann entschuldigend und mir wurde vor Verlegenheit heiss . Alex meldete sich und sagte dann: "X ist 3.75" Unsere Lehrerin nickte und erteilte dann den Auftrag, einige Aufgaben schriftlich ins Heft zu lösen. Ich beugte mich über mein Heft und liess meine kastanienbraunen Haare wie ein Vorhang vor mein Gesicht fallen. Ich löste die Gleichungen im Nu, spähte aber ab und zu Alex. Allerdings sah ich jedes Mal, dass er mich anschaute. Ich wurde rot und konzentrierte mich voll und ganz auf die Aufgaben, ohne noch ein Mal zu Alex zu schauen. Als ich fertig war schaute ich auf, Alex schaute mich wieder an und ich starrte zurück. Dann wendete er den Blick ab und ich schaute ebenfalls wieder auf mein Blatt. Ich hörte dem Ticken der Uhr zu und dann der Ente, die noch etwas erklärte. Das Klingeln ertönte und ich packte schleunigst meine Sachen zusammen. Ich verabschiedete mich von der Ente und wartete im Flur auf Vanessa. Sie kam auch sogleich und wir gingen zusammen mit Amy auf den Pausenhof. Amy fragte dann: "Was ist denn los?" Und ich stöhnte genervt. Vanessa antwortete: "Sie hat sich in den Neuen verknallt" "Verknallt habe ich mich nicht, aber er sieht schon gut aus. Das müsst ihr zugeben", sagte ich abwehrend. "Schlecht sieht er nicht aus" "Lian...", begann Vanessa, verstummte dann aber sofort wieder. Amy und ich schauten sie mitfühlend an, obwohl Vanessa mit Lian Schluss gemacht hatte, schien sie es zu bedauern. Sie schüttelte sich und wollte wieder etwas sagen, doch es klingelte bereits wieder und wir gingen seufzend ins Schulgebäude. Der Rest des Tages verlief recht schnell und Alex und ich hatten bereits unsere Nummern ausgetauscht.
Endlich zu Hause angekommen, rief ich: "Hallo?" Doch es kam keine Antwort. Neugierig lief ich in die Küche und blieb stehen, es war ein Zettel dort. Mom traf sich mit jemanden, wegen ihrer unleserlichen Schrift, musste ich es zwei Mal lesen und erkannte schliesslich den Namen. Dad! Mom und Dad hatten sich kurz nach meiner Geburt getrennt und ich hatte mit Dad mittlerweile fast keinen Kontakt mehr. *Was macht er hier? Egal* Es kümmerte mich nicht im Geringsten, was er hier suchte und ich ging in mein Zimmer, das leider nicht gerade aufgeräumt war. Genauer gesagt herrschte darin das reinste Chaos. Auf dem Boden lagen überall Schulbücher und Kleidungsstücke. Ich hatte zwar eigentlich alles aufgehäuft, aber irgendwie musste der Turm wohl umgefallen sein. Aber jetzt war ich nun wirklich nicht in Stimmung um das ganze Chaos zu beseitigen. Ich stapfte einfach über die Sachen hinweg, warf mich auf mein schwarzes Bett und spielte meine liebste Playlist ab. Nach einer Weile setzte ich immer noch mit den Kopfhörern auf dem Kopf an den kleinen Tisch und machte meine Hausaufgaben. Gerade als ich meine Bücher in die Schultasche packte, surrte mein Handy. Ich schaute darauf und sah zu meiner Freude, dass Alex mir geschrieben hatte. Ich tippte kurz den Code ein und schrieb schnell zurück. Es war ein langes Hin und Her und ich musste wegen einigen Schreibfehlern schmunzeln. Dann hörte ich ein lautes Scheppern. Ich spähte aus meinem Zimmer zur Treppe hinab und sah Mom. Sie war stocksauer, aber ich wollte, statt wieder in mein Zimmer zu gehen, noch hinaus. Ich lief leise die Treppe hinab und sagte: "Ich geh noch kurz raus" Mom drehte sich um und sagte wütend: "Aber komm bald wieder und bleibe nicht wie dein Vater ohne ein Zeichen weg" Ich nickte, zog mir meine Schuhe an und ging in die kühle Nacht hinaus. Ich lief in einem schnellen Tempo durch den Wald und musste bereits nach einigen Metern meine Taschenlampe einschalten. Die Bäume waren fast nur noch als schwarze Umrisse zu erkennen, sofern ich sie nicht mit der Taschenlampe beleuchtete. Ich lief einige Zeit ziellos durch den dunklen Wald, eigentlich war die frische Brise recht angenehm.
Nach einer Weile wollte ich aber umkehren, gerade da sah ich etwas am Boden liegen. Ich machte einen Schritt vor und leuchte darauf, mir fiel die Taschenlampe rumpelnd auf den Boden. Ich stand steif vor Schock da und vergas fast zu atmen. Es lag ein Mann regungslos auf dem Boden! Ich atmete pfeifend ein und beugte mich zitternd hinab, um die Taschenlampe aufzuheben. Zitternd bekam ich sie zu fassen, doch sie rutschte einfach wieder aus meinem Griff heraus. Normalerweise hätte ich laut geflucht, aber jetzt war ich wie gelähmt und griff noch ein Mal nach der Taschenlampe. Mit zittrigen Finger hob ich sie hoch und atmete tief ein. Ich beleuchtete den Mann. Er kam mir irgendwie bekannt vor. *Sei kein Angsthase!*, schallte ich mich selber und ging mit einer schrecklichen Befürchtung näher an die Leiche heran. Ich lief in einem grossen Bogen um sie herum und mir stockte der Atem. Ich umklammerte die Taschenlampe so fest, dass meine Knöchel weiss wurden und zu schmerzen begannen. Mein Atem ging unregelmässig und ich starrte ungläubig auf den Mann. Es war Dad! In seinem Herz steckte ein silberfarbener Dolch mit einem schwarzen und eigentlich kunstvoll verzierten Griff, aber sein ganzer Körper wies etliche Wunden auf und war voller Blut, frischem Blut. Er lag also noch nicht so lange da. "Dad?", fragte ich mit zittriger Stimmer. Er rührte sich nicht. Kein Atemzug, kein Blinzen, nicht die geringste Bewegung. Es konnte nicht sein! "Dad!", kreischte ich laut, doch er rührte sich nicht. Nicht die geringste Bewegung. Er war tot! Ich konnte es nicht fassen. Dann warf ich wieder einen Blick auf seine Leiche, sofort wurde mir übel und ich musste mich an einem Baum abstützen. Zittrig kramte ich mein Handy hervor und entsperrte es. Ich verwählte mich zuerst einige Male, schaffte es dann aber, die Polizei anzurufen. Mit stockenden Worten erklärte ich ihr , wo ich war und dass mein Vater gerade tot vor mir auf dem Boden lag. Ich lief hektisch hin und her, wagte aber keinen weiteren Blick auf Dad. Nach einer gefühlten Ewigkeit hörte ich Stimmen meinen Namen rufen und sah kleine Lichtkegel. Ich wollte zurückrufen, doch meine Stimme versagte. Endlich fand die Polizei mich, ich sass inzwischen auf dem Boden und starrte Dad an. Ich war immer so unmöglich zu ihm gewesen und hatte in letzter Zeit kaum ein freundliches Wort mit ihm gewechselt. Ich hatte ihn nie sonderlich gemocht und wollte ihn manchmal auch gar nicht mehr sehen. Aber so wollte ich mich nicht von ihm trennen! So würde es auch Cora gehen. Meine Zwillingsschwester und ich hatten etwa das gleiche Verhältnis zu unserem Vater. Sie war jetzt aber noch bei ihrer besten Freundin - diese war vor ein paar Monaten echt weit weggezogen - und würde planmässig erst nächsten Freitag zurückkommen. Wie es ihr wohl ging? Wie sie diese Nachricht aufnehmen würde? "Dad... Oh Dad", wimmerte ich leise und begann zu schluchzen. Eine Weile sass ich nur da und starrte seine Leiche an, wenn man das Blut nicht sah, könnte man meinen er schliefe friedlich. Ich hörte Stimmen und schaute auf, Mom kam auf mich zugerannt. Sie schüttelte mich, ich starrte sie nur ausdruckslos an. Dann schaute ich in den Himmel hinauf und betrachtete den fast vollen Mond. Eine unbändige Wut stieg in mir auf. Wer auch immer Dad getötet hatte, der würde es büssen! Das schwor ich mir.
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Academy of Mistycs (Gestoppt...)
WerewolfMelanie, oder besser gesagt Mel, führte ein ganz normales Leben, bis ihr Vater auftaucht, danach verändert sich alles. Sie muss aus ihrer Heimatstadt weg, merkt dass ihre beste Freundin ein Vampir ist und verwandelt sich selbst in einen Werwolf. Auc...