#112 [Yoongi]

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Seufzend schlender ich zu meiner Mutter, die in ihrem Arbeitszimmer sitzt. Mein Herz schlägt schnell gegen meine Brust und ich bin aufgeregt, aber wie immer lasse ich mir nichts anmerken.

Meine Mutter redet schon seit Tagen über nichts anderes, als meine Noten, wenn ich sie anspreche und sie will mich unbedingt in eine Hakweon schicken, obwohl ich dieses nicht möchte. Deshalb ist jede Unterhaltung bisher eskaliert.

Ich stelle mich neben sie und schaue auf die braunhaarige Frau. Sie hat sich ihre Haare dunkelbraun mit hellbraunen Strähnen darin gefärbt. Meiner Meinung nach war das sinnlos, aber auf mich hört sie doch eh nicht. In ihren Augen bin ich ein Versager, der nichts auf die Reihe bekommt, obwohl ich sogar relativ gute Noten bekomme.

"Mama?" spreche ich sie höflich an.

Sie schaut nicht einmal von ihrem Display weg und sieht sich weiter irgendwelche Tabellen mit haufenweise Zahlen darin an.

"Hm?"

Ich seufze einmal und nehme all meinen Mut zusammen.

"Ich habe einen Entschluss getroffen und wollte ihn dir nur mitteilen."

Jetzt dreht sich meine Mutter doch zu mir und sieht mir mit ihren scharfen, braunen Augen direkt in die meinen.

"Was?" fragt sie scharf und sieht mich schon tadelnd an.

Ich schlucke unauffällig.

"Ich habe mich dazu entschlossen, auszuziehen." verkünde ich möglichst selbstsicher und warte auf ihre Antwort.

"Ach.. Ist das so? Und warum, wenn ich fragen darf?" fragt sie mit ihrem arroganten, aber gefährlichen Ton und spitzt dabei ihre roten Lippen.

"Ich werde mit ein paar Freunden nach Seoul ziehen und dort mein eigenes Ding unabhängig von deiner Meinung und deinem Einfluss durchziehen."

"Aah."

Meine Mutter wendet sich wieder ihrem Computer zu und scrollt in der Tabelle hinunter.

"Nein." sagt sie knapp und lässt mich links liegen.

"Mir ist deine Meinung egal; ich werde es tun."

"Wie denn? Du hast doch gar kein Geld."

Sie denkt, sie hätte die Oberhand und redet deswegen in einem ruhigen Ton mit mir, aber ich lasse mich von ihr nicht unterdrücken.

Ab heute nicht mehr.

"Du erhälst monatlich Kindergeld für mich. Das fordere ich natürlich ein, solange ich es zukünftig nicht selbst direkt vom Amt erhalte. Solltest du dich weigern, werde ich natürlich gerichtlich vorgehen. Für das restliche Geld werde ich arbeiten gehen." erzähle ich ruhig.

Meine Mutter scheint noch immer die Ruhe in Person zu sein, doch plötzlich schlägt sie mit der flachen Hand auf den Schreibtisch und bricht somit die stille Atmosphäre.

"Ich habe 'Nein' gesagt. Was verstehst du an meinen Worten nicht? Ich verbiete es dir! Ich bin deine Mutter; ich bin älter und habe dich 19 Jahre lang aufgezogen und ernährt. Ich will nur das beste für dich und du fällst mir andauernd in den Rücken! Was denkst du eigentlich, wer du bist! Du bist ein unwissendes, kleines Kind und hörst jetzt gefälligst auf deine Mutter!" sagt sie aufgebracht und wütend.

"Verdammt, ich bin 19! Ich bin 19, sogar bald 20 Jahre alt und damit kein kleines Kind mehr! Ich darf tun und lassen, was ich will und ich darf auch meine eigenen Entscheidungen treffen! Du tust die ganze Zeit so, als würdest du nur das beste für mich wollen und dabei hast du mir das Leben echt zur Hölle gemacht! Das einzige, was ich in deinen Augen tun sollte, war lernen und Erfolg haben! Du hast mich immer mit meinem Bruder verglichen! Dein Bruder hier, dein Bruder da.. Weißt du eigentlich, wie das einen erniedrigen kann?! Ich habe die ganze Schulzeit über gelitten, aber ist dir das jemals aufgefallen oder wichtig gewesen? Dich interessierten doch immer nur Fakten und Erfolg! Wie es mir dabei ging, war dir vollkommen egal! Und deswegen hast du mich auch immer unterdrückt und andauern versucht, das einzige, was mir geholfen und halt gegeben hat, wegzunehmen! Du hast meine Textbücher weggeschmissen, meine Beats und Lieder gelöscht und mir meine Geräte weggenommen! Und dafür soll ich dir jetzt dankbar sein? Du hast recht: Danke für die jahrelange Erniedrigung und Qual! Danke, dass du dich nie um mein Wohlergehen gekümmert hast!"

Nach meiner Wutrede, die ich schon fast rausschreie, lasse ich meine Mutter verdutzt in ihrem Arbeitszimmer sitzen und schließe mich in mein Zimmer ein.

Morgen muss ich mich um einen Job in Seoul umsehen und ich muss Seokjin fragen, ob er mir vielleicht Geld für den Einzug leihen kann.. Und ich frage Taehyung am besten auch, ob er mich solange bei sich aufnimmt, denn hier kann ich nicht länger bleiben..

Hoffentlich helfen meine Freunde mir.

Text me my friend *YoonMin*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt