Red Pan (Märchen FF)

Teil 2 - Worte der Weisheit

Red aß wortlos das von Pan zubereitete Mahl, während eben dieser sie fasziniert ansah. Obwohl beide schon längst in der Hütte und somit geschützt von fremden Blicken waren, machte Red keine Anstalten ihr Gesicht zu zeigen. Zwar waren immer wieder kleine Teile dessen, was sie versteckte, zu sehen, jedoch hing ihre rote Kaputze tief in ihrem Gesicht und verdeckte einen nicht unerheblichen Teil.

Nach einer langen Zeit in der Stille den Raum dominierte war die schwarzhaarige fertig mit Essen, platzierte die Schüssel neben sich und lehnte sich gegen die Wand und obwohl Pan ihr Gesicht nicht sehen konnte, so spürte der Hirte dennoch, dass sie ihn ansah. Sie schien für einen Moment nachzudenken, ehe sie an ihn gewand eine Frage stellte. "Warum habt ihr mir geholfen?" In ihrer Stimme war etwas, das dem Hirtenjungen einen kalten Schauer über den Rücken laufen ließ. Er konnte nicht sagen, was genau ihn so verunsicherte, jedoch war dort eindeutig etwas. "Nun", begann Pan seine Antwort, "ihr habt gewirkt, als würdet ihr Hilfe brauchen." Das Mädchen vor ihm schmunzelte leicht: "Und das trotz der Dinge, die euch erzählt wurden?" "Wenn ich mir diese Aussage erlauben darf - ihr wirkt nicht, wie eine Mörderin." Ein leichtes Lächeln zeichnete sich auf Reds Gesicht. Dass es jedoch ein eher verbittertes Lächeln ist, war Pan sofort bewusst. Das Gegenüber des Hirten stieß ein leises Seufzen aus und schob ihre lange Kapuze ein Stück nach oben. Sie nahm sie nicht ab, aber dennoch hatte sie damit ihr Gesicht freigelegt. In Pans Blick, welchen er langsam über ihr Gesicht streifen lies, spiegelte sich Verwuderung, jedoch auch eine Art von Faszination. Sein Blick glitt von den glatten, schwarzen Strähnen, welche Red leicht im Gesicht hingen, hinunter über ihre giftgrünen Augen, an welchen Pans Blick einen Moment hängen blieb. Diese Augen sagten mehr, als eintausend Worte je hätten ausdrücken können. Schmerz, Trauer, Wut und Verzweifelung waren gleichermaßen in ihren Augen erkennbar.

In seinem ganzen Leben hatte er nie solch einen schönen Anblick sehen können. Und es waren nicht nur ihre Augen, die den Jungen faszinierten. Es war einfach ein atemberaubendes Mädchen, was da vor ihr saß. Ihre roten Lippen bildeten einen beeindruckenden Kontrast zu ihrer blassen Haut und den pechschwarzen Haaren und ihre grünen Augen hatten ebenfalls begonnen Pan zu mustern. Der Hirte pflegte es, seine Kleidung stets selbst zu nähen und so spiegelte seine Bescheidenheit sich auch in seinen Gewändern wider. Von oben bis unten war er in schlichtes, aber bequemes Gewand eingekleidet. Wieder ein mal wurde der Raum von Stille durchflutet, bis Pan diese erneut durchbrach: "Warum ist der Wolf geflohen, als er euch gegenüber stand? Und warum haben die Männer euch gejagt?" Die Augen seines Gegenübers wanden sich erneut dem Boden der Hütte zu, während sie zu erzählen bekann.

"Also.. Ich wurde als Kind von meinen Eltern im Wald ausgesetzt. Ich war damals grade einmal drei Jahre alt und es war der kälteste Winter, der jemals über dieses Königreich hereingebrochen war. Damals stand ich dem Tode sehr nahe, jedoch fand mich eine Wolfsmutter und zog mich auf, als wäre ich ihr eigenes Kind. Daher weiss ich, wie man mit Wölfen umgehen muss. Es sind eigentlich ängstliche Tiere, aber sie tun so, als wären sie stark, um nicht angegriffen zu werden. Im Notfall sind sie selbstverständlich in der Lage sich zu verteidigen und ihre Familie zu beschützen, aber die Gefühle, die ein Wolf erlebt, sind schwer in Worte zu fassen. Es ist eine Mischung aus Angst um ihr eigenes Überleben und Angst um jene, die ihnen etwas bedeuten. Als ich bereits älter war, kam ein Mann in unsere Wälder, in dem ich bei seinem ersten Blick sofort innigste Gefühle schenkte und mich später auch mit ihm verlobte.", sie stockte einen Moment. Ein leichtes Lächeln zierte ihr Gesicht. Es war jedoch ein Lächeln, welches der Trauer gewidmet war. Pan erkannte diese Tatsache, als er bemerkte, wie eine Träne ihre Wange hinuter floss, welche sie mit ihrem Umhang wegstrich. Dabei entdeckte sie etwas, was die Trauer in ihren Augen zu etwas anderem umschlagen lies..