Farbenblind

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Es war ein sonniger Tag in der kleinen, antiken Stadt. Der Brunnen plätscherte leise vor sich hin und die Menschen erledigten in Ruhe ihre Einkäufe.
So eine schöne Stimmung war nicht selten in dieser Stadt, in der die Menschen friedlich miteinander lebten. Doch sie wussten nicht von den Traumdämonen, die unter ihnen lebten. Sie kannten sie nur aus ihren Träumen, wo sie ihre "Schutzpatronen" oder ihre "Foltermeister" waren.

Unter all diesen Menschen lief eine zierliche, junge Dame. Sie war ungefähr so groß wie ein 12-jähriges Kind und ihre kurzen, lavendelfarbenen Haaren wehten im Wind, der beim Laufen erzeugt wurde.
Sie trug ein einfaches, graues Shirt, welches der Laufwind an sie drückte.
Irgendwann blieb sie am Rand vor einem Geschäft stehen. An ihm stand in goldener Schrift: "Antique et Crystal"
Sie drückte gegen die Tür und ging hinein.

"Guten Morgen, verehrter Kunde, wie kann i-"
Die Frau stand nun mitten im Raum mit braunen Wänden, an denen Werkzeuge hingen sowie kleine Modelle aus Stahl und Chrom.
Der Verkäufer, ein junger Mann mit rot-braunen Haaren mit orangenen Spitzen, gelben Augen und einem beigen Haarband über der Stirn, sah die Frau etwas verwundert an, aber sein offener Mund formte sich schnell zu einem lässigen Lächeln.
"Hey Shikimono, was geht ab?"
Er stellte sich in die Mitte des Raumes und schüttelte ihr die Hand, während er sich langsam verbeugte.
"Ich wollte fragen, ob du noch diese Kristalle hast, mit denen man Katzenminze aufspüren kann.", antwortete Shikimono, während sie sich in Ruhe umsah.
Der Verkäufer nickte und plötzlich schossen aus seinem Rücken blutrote Flügel mit roten Spitzen.
Er breitete sie in dem Engen Gebäude aus und drehte sich um seine eigene Achse.
Die Modelle und Werkzeuge flogen weg und zum Vorschein kamen Goldene Wände sowie Kristalle an Ketten oder in Modellen, goldene Gerätschaften und silberne Kelche.
Der Mann verbeugte sich anschließend noch einmal und knickte dabei leicht seine Flügel hinunter.
"Ich bin immer wieder erstaunt von dir, Gryph."
Shikimono stand nun da und betrachtete ihn aus schwarzen Augen mit grüner Iris, an ihrem Kopf hatte sich eine lilane Blumenkette gebildet.
"Das sind eben die Vorteile eines Toris, kleine Hana." Gryph lachte, bevor er sich zu den niedrigsten Materialien kniete, die an der Wand standen.
Er zog eine goldene Kiste heraus und kramte in ihr, währenddessen schnippste er mit dem Finger und sah dann Shikimono an.
"Ich mache dir einen Deal! Du kriegst diesen Kristall an einer Kette, er spürt dir jedes Kraut auf, welches du willst." er hob die Kette hoch und Shikimono betrachtete sie in aller Ruhe, bevor sie fragte: "Welche Farbe hat der Kristall?"
"Ein seichtes Grün. Diese Farbe, die sich oft bei jungen Knospen wiederfindet und die dabei so wundervoll sanft ist. Du magst doch die Beschreibung dieser Farbe so sehr."
Shikimonos Augen glitzerten bei Gryphs Worten und sie nahm die Kette in ihre Hände.
Der Stein war rautenförmig und etwas größer, doch er gefiel ihr auf Anhieb.
"Wie viel?", fragte sie Gryph, nachdem sie nur ein paar Sekunden auf den Stein gesehen hatte.
"Kostenlos, aber du musst mir einen besonderen Stein bringen, der nur im Blumenmeer wächst. Ich komme da seit neustem nicht mehr ran seit jenem Vorfall..."
Er kratzte sich verlegen am Kopf und Shikimono sah ihn neckisch an.
"Jedenfalls..", fuhr er dann fort, "ist der Stein sehr wichtig für mich. Mit ihm kann ich einen Dolch schmieden, der die Bösen Träume von Menschen extrahieren kann, wenn man sie nur mit der Waffe streift. Würdest du das für mich tun?"
Er sah sie aus großen Augen an. Sie seufzte, nickte dann aber.
"Aber nur, weil mir viel an der Kette liegt, Sturzflugzerpflücker."
Shikimono grinste und winkte zum Abschied und hinterlies einen knallrot gewordenen Gryph, der vor Schock sogar seine Flügel hängen ließ.

Draußen angekommen war der Blumenkranz um Shikimonos Kopf verschwunden und ihre Augen waren wieder weiß mit einer giftgrünen Iris.
Sie lief umher und suchte die Treppe, die zum Blumenmeer führte. Dabei ging sie an einem Jungen vorbei, der sie mit seinen Grauen Augen verfolgte.
Sie sah ihn kurz an und wurde sofort rot.
Seine Schwarzen Haare fielen zerzaust über seine Augen, während seine Arme verschränkt vor seinem schwarzen Tanktop lagen. Ein seltsamer Duft umhüllte die Luft.
Shikimono sah ihn eine Weile an, ging aber danach leicht stolpernd wieder weiter.
Was war das gerade? Warum war ich so gefesselt von ihm!?, fragte sie sich, als sie wieder klar denken konnte.
Dann realisierte sie auch, was das für ein Duft gewesen war.

Shika.
Ich habe einem Shika direkt in die Augen gesehen.

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