1.Das Ende

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Es ist nicht so, dass ich schon immer so war.

Früher war ich lieb, nett und ruhig, freundlich zu jedem den ich sah und vor allem nicht so kaputt wie ich es jetzt bin.

Vor 5 Jahren da starb meine Mom.
Ich war damals 12. Jetzt bin ich 17.
Doch ich fühle mich nicht so, eher so als hätte ich schon 8 Leben gelebt und trotzdem so als würde es nicht weiter gehen.

Wir hatten schon immer viel Geld. Wir lebten auf einem großen Anwesen am Stadtrand von London. Das Geld machte es meinen Eltern immer leicht im Leben, vielleicht hat es sie sogar glücklich gemacht. Aber geholfen hat es ihnen nicht.
Alles was wir besaßen, konnte nicht helfen als meine Mutter Lungenkrebs bekam.
All das Geld war so Sinnlos,
bei ihrem drei Jahre langem Kampf gegen die Krankheit.

Denn am Ende verlor sie.

Und ich verlor mich selbst. In der Nacht in der sie starb. Da zerbrach etwas in mir und bis heute konnte ich es nicht wieder zusammen setzen.

In dieser Nacht lernte ich was Schicksal wirklich bedeutet. Was ich noch nicht wusste, dass Schicksal hielt noch weitere Überraschungen für mich bereit...

Denn als nächstes verlor ich meinen Vater.

Es fing langsam an. Das erste was mir auffiel waren seine lehren Augen und das zittern seiner Hände, wenn wir am Tisch saßen. Dann hörte er auf sich mit mir zu unterhalten. Er ging nicht mehr zur Arbeit und wurde daraufhin gekündigt. Dann begann er Nachts aus zu gehen und kam immer erst am nächsten morgen zurück. Er hatte dann tiefe Ringe unter den Augen und stank fürchterlich nach Alkohol. Am Anfang fragte ich ihn immer noch was los ist. Aber er schrie dann immer rum, dass ich mich um meinen eigenen scheiß kümmern soll.

Also ließ ich ihn in Ruhe.

Bis ich eines Tages runter in die Küche kam. Da lag er dann, in seiner eigenen Kotze und mit zwei lehren Flaschen Wodka neben ihm.
Als er mich endlich bemerkte, schrie ich ihn an. Was mit ihm los ist, das er sich zusammen reißen soll und das ich ihn brauche. Und wie ich da neben ihm hockte und ihn anschrie, sah er mich einfach nur an, mit seinen lehren, roten Augen.
Als ich fertig war da sagt er, dass es nichts mehr im Leben gibt, dass ihn Glücklich macht, außerdem sagte er, dass ich meiner Mom Erschreckend ähnlich sehe und das er "das alles" nicht mehr erträgt.
In diesem Moment wahr ich es, die einfach nur da saß und ihm dabei zu sah wie er langsam auf die Tür zu schwankte.

Es stimmt nicht. Ich sehe nicht aus wie Mom. Sie hat grüne Augen. Meine sind braun." Ich war erschrocken, wie brüchig meine Stimme klang.
Darauf hin blieb Dad stehen, drehte sich aber nicht um und sagte: Ja die Augen hast du von mir, was macht das für einen Unterschied. Du hast ihr Lachen, immer wenn du lachst denke ich das sie vor mir steht."

Ich antworte nicht.
Sehe zu wie er die letzten Meter zur Tür geht, die Klinke herunter drückt und die Tür einen Spalt öffnet.
Dann hält er an, als wollte er noch etwas sagen.

Doch stattdessen sage ich noch einmal: Darüber musst du dir keine Gedanken machen, dass ich so lache wie Mom, meine ich. Das wird kein Problem mehr sein. Ich werde wohl in nächster Zeit nicht mehr viel zu lachen haben."

Ich höre ein verächtliches schnaufen von ihm: Vielleicht bist du mir ja doch ähnlicher als ich dachte." Dann geht er endlich weg.

Damit verlor ich meinen Vater, denn der Mann der damals erst nach einer Woche wieder kam, war ein anderer.

Er brachte den Mietvertrag für eine neue Wohnung in der Innenstadt mit. Er wollte ausziehen und ich sollte mit kommen.

Und so verlor ich das nächste was mir wichtig war: Mein zu Hause.

Und mit dem Umzug verlor ich gleichzeitig auch die Kontrolle über mein Leben.

In der neuen Wohnung konnte Dad seiner Alkoholsucht freien lauf lassen.
Am Anfang versuchte ich zu mindest noch ihm zu helfen, doch ich gab schnell auf, ich wusste wenn ich verloren hatte.

Dad kümmerte sich überhaupt nicht um mich. Aber dafür musste ich mich um alles kümmern. Ich war 12 Jahre alt, ging zur Schule, musste mich um die Wohnung und das Essen kümmern und ganz neben bei auch noch um das Geld. Das war das größte Problem.

Nach der Schule machte ich immer eine drei Stunden Schicht in einem Café in der Nähe. Auch am Wochenende arbeitete ich dort. Wie hatten Glück das die Miete für unsere schäbige kleine zwei Zimmer Wohnung so gering war, trotzdem war immer so wenig Geld da, dass ich es mir nie erlauben konnte eine Pause zu machen.

Heute lebe ich bereits 5 Jahre dort mit meinem Erzeuger. Nie haben wir uns in dieser Zeit normal unterhalten, immer haben wir uns angeschriehen oder geschwiegen.

Langsam. Ganz Langsam begann ich ihn zu hassen. Und später unsere Wohnung. Dann die ganze Stadt. Und schließlich hasste ich meine ganzes Leben.

Und so verlor ich schließlich, nachdem ich eigentlich schon alles verloren hatte, auch noch mich selbst.

Ich habe schon lange nicht mehr darüber nach gedacht wer ich eigentlich bin.
Alles was ich jeden Tag spüre, ist dieser schreckliche Hass auf alles und jeden.

Und so lebe ich jeden Tag weiter.
Ich lächle die anderen an, nur damit keiner merkt wie schwach ich bin.
Ich Lüge, sage das es mir gut geht, nur damit sie mich in Ruhe lassen.

Über die Jahre hinweg habe ich gelernt meine Rolle perfekt zu spielen.

Ich bin für alle die unnahbare Zoe Black. Selbstbewusst und stark.
Lässt sich von niemandem etwas sagen. Eine Rebellin.

Und es funktioniert. Keine fragt nach was dahinter steckt. Das ist auch gut so.

Denn hinter dieser Maske steckt nichts, außer der verloren Seele eines kleinen Mädchens, dass irgendwo auf ihrem Weg furchtbar falsch abgebogen ist.

. . . . . . . . . . . . . . . . . . 

Vielleicht braucht es ja nur jemanden der sie an die Hand nimmt und sie auf den richtigen Weg zurück führt? Oder ist es dafür schon zu spät?

Gibt es denn überhaupt einen richtigen Weg?

Rebellion - We don't care! Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt