Kapitel I

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Es macht keinen Unterschied mehr ob sie noch sehe oder nicht. Ich weiß dass sie da sind. Ihre gierigen schwarzen Augen durchbohren mich und sie lechzen nach uns. Nach allen hier unten. Die Untergrundbahn galt für mich immer als umweltfreundliche Alternative zum Auto. Man spart sich den Stress wenn man in Staus gerät und eine Unmenge an Geld für Benzin. Doch seit diesem Tage. Seit diesem verdammten 30. Juli wünschte ich mir ich hätte ein Auto. Ich würde sogar mit einem verflixten Fahrrad drei Stunden zur Arbeit fahren. Denn was ich da unten sah, an jenem Tage lässt mich zweifeln. Nicht an der U-Bahn, nicht an meinem Verstand, sondern an das was wir vom Leben und von der Existenz im Allgemeinen zu wissen glauben. Nach einer zum Schlafen viel zu heißen Nacht, riss ich mich aus einem fürchterlichen Traum. Schweißgebadet fuhr ich hoch, atmete hastig die Luft ein die mir der Traum raubte. Der Wecker kam nicht dazu mich zu wecken, denn ich schaltete ihn aus bevor er losschrillte. Die Luft des an der Decke hängenden Ventilators schien auf dem Weg zu mir absorbiert zu werden. Denn seine kühlenden Luftstöße kamen nicht an. Weder jetzt noch in der Nacht. Nachdem ich mich duschte, rasierte und anzog, schaute ich noch einmal in den Spiegel um mich selbst zu motivieren. ,,Du schaffst das! Es ist nur übergangsweise, also halt noch ein wenig durch Vincent!" Der Weg zu den öffentlichen Verkehrsmitteln begann und somit auch ein scheußlicher Teil meines Lebens. Ich lief schnell denn ich vertrödelte ein wenig zuviel Zeit beim Duschen. Als ich am Ubahnhof ankam blinkte ,,2 Min Richtung Alt-Tegel" in orangener Schrift auf dem elektronischem Display auf. Ich war noch rechtzeitig. Ich würde es zu meinem verhassten Job als Getränkeverkäufer pünktlich schaffen, aber ich hatte nicht die Rechnung mit einem Notarzteinsatz auf meiner Linie gemacht. Nach der Hälfte meiner Station, also nach der vierten, wurden alle Fahrgäste gebeten auszusteigen. Mit genervten Gesichtern folgten wir der bitte der gelangweilten Durchsage. Ich befand mich nun am Oranienburger Tor. Mit bereits 5 Min Verspätung. Die nächste Bahn würde in 9 Min kommen. Ich beschloss etwas auf dem Bahnsteig auf und ab zu schlendern. Es war verdächtig still und merkwürdig leer für diese Uhrzeit. Mir fiel es zwar auf doch ich schenkte dem Gedanken keinerlei weiterer Beachtung. Leicht genervt schaute ich in den Ubahntunnel um vielleicht schon ein Blick auf das stählerne Gefährt richten zu können für dessen Eskort-Service ich immerhin 90€ im Monat blechte. Ein Unbehagen überfällt mich, als ich den dunklen Tunnel entlangschaute, mit seinen abgenutzten Schienen und den ordentlich verlegten Kabeln die horizental an der Wand entlanglaufen. Dann sah ich etwas glänzen. Schwach, doch nicht übersehbar. Zwei etwa 20 cm im Durchmesser große, pechschwarze Perlen. Ich erschrak. Denn diese diese Augen gehörten zu jemandem. Nein zu ETWAS! Mein Atem stockte und ich drehte mich in der Hoffnung ich sei nicht der einzige, der das gesehen hatte. Doch die vereinzelt stehenden Menschen waren zu sehr in die digitale Welt ihres Smartphones vertieft. Als ich ein weiteren Blick auf das ,,Schwarzäugige Tier" erhaschen wollte, war es verschwunden. Mit schnellen Bewegung erhöhte ich den Abstand zwischen mir und dem Tunnel und betete, dass die UBahn bald eintrifft und ich endlich arbeiten kann um das gesehene schnell zu vergessen. Wie bestellt fuhr wenige Minuten nach dem merkwürdigem Ereignis die Bahn ein und ich freute mich sogar richtig arbeiten zu dürfen. Am nächsten Tag streubte es mich die U-Bahn-Tunnel zu benutzen. Nicht weil mein Chef wütend wegen meiner Verspätung gestern war, sondern weil ich seit dem gestrigen Tag keine Auge zugedrückt hatte. Die Nacht war nicht sehr erholsam und ich zwang mich um ca. 6 uhr aufzustehen. Da ich Miete und Rechnungen zahlen muss, machte ich mich trotz meines Widerstrebens auf den Weg zur U-Bahn. Je näher ich dem Bahnhof kam, desto eigenartiger wurde mir. Ich fing an zu taumeln, so dass ich mich am Geländer der Zugangstreppe festhalten musste um nicht unzukippen. Mir ging es hundsmiserabel und die merkwürdigen, hasserfüllten Blicke der Leute die an mir vorbeizogen machten es nicht besser. Schmerzhafte, impulsartige Wellen erfüllten meinen Schädel. Allein der Weg hinunter war eine Tortur. Die Luft hier unten wurde dünner und dünner, so dass ich das Gefühl hatte mir würde die Luft abgeschnürt. Die anderen Fahrgäste umringten mich wie Aasgeier. Ich fühlte mich eingeengt, als ob jeder einzelne von meinen Mitfahrern die Schnalle einer extra für mich gefertigten Zwangsjacke enger zuziehen würde. Ich bin mit meinen eigenen Gedanken eingestiegen, mittlerweile höre ich die von allen. Sie sind laut, schreien förmlich ihre Worte in mein Hirn. Ich hatte den Wunsch, das wir wie ein Schwarm Insekten in die Leere gezwungen werden und darin sterben. Was zum Teufel war nur los mit mir? Nein, mit mir war alles in Ordnung, die anderen sind eigenartig. Was tun sie mit mir? Mein T-shirt war durchnässt, der Schweiß rannte an meinen Schlefen hinunter und ehe ich anfing wie ein Wahnsinniger zu schreien um die Schmerzen zu lindern, schmiss ich mich förmlich selbst aus dem Zug. Plötzlich Stille. Meine Blut pumpte wie Eiszapfen durch meine Venen, als ich sah an welchen Bahnhof ich mich nun befand. U-Bahnhof Oranienburger Tor.

Schatten aus dem UntergrundWo Geschichten leben. Entdecke jetzt