,,Das ist Maisie. Sie wird eine Weile bei uns bleiben."
Das war alles. Mr. Collins war noch nie ein Mann der Worte gewesen, aber heute bewies er ein weiteres Mal, dass er einer dieser Lehrer war, bei denen man sich fragte warum sie ihren Beruf überhaupt erwählt hatten, wo sie Kinder doch so verabscheuten.Der hagere Mann machte schon lange keinen Hehl mehr aus seinem Desinteresse uns gegenüber und wand sich ohne noch mehr seiner kostbaren Spucke zu verschwenden zurück zur Tafel.
Wir wussten weder ihren Nachnamen, noch wo sie herkam oder wie lange sie bleiben würde.Wir wussten einfach nichts über sie.
Maisie. Ein seltsamer Name. Herbstlich. Matschgrau.
Maisie war matschgrau.
Mondlichtweiß. Kupferfarben.
Irgendwas an Maisie war anders, das wenige, das ich über sie zu wissen glaubte, schien nicht zusammem zupassen.
Sie war mir ein Rätsel, ein unlösbares Puzzle und egal wie viel Mühe ich mir gab, mir gelang es nicht sie zu entziffern.
Sie sprach nicht.
Sie aß nicht.
Sie war einfach da und atmete.
Sie hatte keine Freunde.
Sie schrieb keine guten Noten,
sie schrieb keine schlechten.
Sie lächelte nicht,
sie sah nicht so aus, als müsse man sich Sorgen um sie machen.Sie war einfach Maisie.
Das Mädchen aus dem Französischkurs.
Zwei Reihen vor mir saß sie, ihr heller Pferdeschwanz sollte mir bald so vertraut sein wie kaum etwas anderes. Ihr entblößter, schmuckloser Nacken, ihre schmalen, knochigen Schultern.Maisie lachte nicht.
Sie stritt sich mit niemandem.Sie atmete.
Wie lange noch, wusste keiner.
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Dornröschen muss sterben
Short StoryEine kleine Liebesgeschichte, gewidmet an den Tod. Herbst 2017; unüberarbeitet