Der Darmparasit

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Die Dunkelheit war das einzige, bei dem ich mir sicher war, dass sie da war. Kein Geräusch drang durch den schwarzen Schleier und für einen kurzen Augenblick dachte ich, selbst mein Atmen wäre lautlos. Der Gang schien endlos in der Länge, doch in der Breite maß er höchstens zwei Meter. Ich lief schon seit einigen Minuten, obwohl es sich anfühlte wie Stunden. Mir lief kalter Schweiß den Rücken herunter.

Ich weiß nicht einmal, wie ich hier her kam. Nach einem anstrengenden Tag an meiner Universität bin ich müde in mein Bett gefallen und vor einigen Minuten hier aufgewacht. Und so schnell würde mein Verschwinden nicht auffallen, schließlich war ich eine Einzelgängerin und Außenseiterin... Zuerst bin ich in die andere Richtung gegangen, allerdings stieß ich dort recht bald auf ein Gitter durch das kalte, stickige Luft zog. Somit drehte ich um.

Die kalte Luft sorgte für Gänsehaut und ein mulmiges Gefühl bei mir. So als wäre ich nicht alleine in diesem Gang. Entgegen meiner Erwartungen stank es auch nicht. Eigentlich roch der ganze Gang steril, wie ein Krankenhaus.

„Willst du dich nicht schneller bewegen?“, ertönte plötzlich eine männliche Stimme. Sie war tief und klang kratzig. Der Satz hallte etwas nach. „Wer ist da? Wo bin ich? Wieso sollte ich schneller laufen? Ich sehe nichts!“, antworte ich mit zitternder, verzweifelter Stimme. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass diese bereits so groß in mir war. „Ich bin sozusagen Gott, zumindest hier und jetzt. Du bist in einem dunklen Gang. Meine Hunde haben Hunger, deshalb solltest du anfangen zu rennen.“, sagte der Mann wieder. Als er endete, ertönte prompt das aggressive Knurren einiger Hunde. Und es wurde lauter.

Meine Beine bewegten sich automatisch, rannten schneller in die Schwärze als ich es für möglich gehalten hätte. Das Knurren und Bellen der Hunde wurde leiser, verstummte jedoch nicht. "Jeder Schritt - Und trotzdem kommt das Ende näher!", rief der Mann laut. Der kalte Luftzug war inzwischen auch verebbt, zumindest nahm ich ihn nicht mehr wahr. „Schnell wie ein Hase, hoppel’ schön, Mädchen!“, kicherte der Mann. Anscheinend waren in regelmäßigen Abständen Lautsprecher an den Decken, Wänden oder sonst wo angebracht. Inzwischen hörte ich die Hunde auch nur noch sehr leise bellen, allerdings lag das wohl eher an meinem lauten Keuchen. Ich war außer Atem und meine Kehle war schmerzhaft trocken. „Gleich hast du es geschafft, dann nehme ich meine Lieben zu mir und beende die Menschenjagd!“, lachte mein Entführer vergnügt.

Keuchend blieb ich stehen, holte tief Luft und stieß einen hohen Schrei aus, aufgrund des stechenden Schmerzes zwischen meinen Rippen. „Na, außer Puste? Keine Sorge, meine süßen Lieblinge sind weg. Aber geh doch weiter, ich habe noch mehr Überraschungen.“, forderte der Mann mich auf. Vielleicht hatte er die Hunde nur an einer Stelle des Ganges angekettet, eine Umkehr war also gefährlich.

Die Dunkelheit war bedrückend und inzwischen roch es auch stickig und modrig. Unter meinen Füßen schien sich Wasser zu sammeln, hin und wieder ertönte ein Platschen. Es war unheimlich, zudem es irgendwie dickflüssiger als Wasser wirkte. Hin und wieder tropfte mir auch etwas Flüssiges auf meinen Kopf und floss mein Gesicht herab. Der Geruch von Eisen nahm auch immer weiter zu. Ab und zu trat ich auch gegen oder auf etwas, dass sich anfühlte wie ein nasser Sack.

„Übrigens, Kleine, das ist das Blut von deinen Vorgängerinnen, auch einige ihrer Körperteile. Sie waren auch so schön wie du. Ich liebe kastanienbraunes Haar, weißt du? Und Augen, die faszinieren mich ungemein. Grüne besonders. Niemand ist sicher vor mir. Absolut Niemand.“, erzählte der Mann mir. Er hustete kurz, danach hüllte mich zusammen mit der Dunkelheit auch die Stille ein. Meine Hände wurden kalt und mir lief Angstschweiß am ganzen Körper entlang.

Ich lief einfach weiter durch den Gang, versuchte das Blut und die Leichen zu ignorieren. Das ständige Tropfen begleitete mich auf meinen Weg durch die Dunkelheit und machte mir Angst. Ein Knacken ertönte und der Mann fing an zu erzählen: „Verrottete Kadaver. Blutrote Pfützen. Ich liebe diesen Ort.“ Vielleicht würde ich heute Sterben und mein Blut würde demnächst auch von diesen Wänden tropfen, auf sein nächstes Opfer. "Überall blutige Wände.", bemerkte er, die Stimme kam von links und ein leises Knacken begleitete seine Worte. Bisher war er wohl unentdeckt, ich hatte nichts von einem Serienmörder in der Zeitung gelesen. Wieso war ich überhaupt so ruhig? Hatte ich mich bereits mit meiner Situation abgefunden?

CREEPYPASTA(german)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt