wütend aufgetragenes Wasser

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Still sitze ich vor meinem Werk.
Betrachte es und finde es hässlich. So unglaublich hässlich und nichtssagend.
Der Punkt, an dem ich mich, immer wieder aufs Neue, frage warum ich es tue. Immer wieder.
Stundenlang vor der Leinwand sitzen, so emotionslos. Jedes Mal fühle ich mich dabei, als würde ein kleiner Teil von mir absterben.

Nur ein kleiner, aber mit den vielen anderen zusammen wirkt er plötzlich riesig.

Dieser leere, unkreative Teil ist es, der über mich herrscht, wenn ich stumm Stunde für Stunde dasitze und perfektes fabriziere.

Fabrikware.
Das ist es, was ich die meiste Zeit über male, wenn ich gefühllos bin wie eine Maschine.
Kalt und unpersönlich.

Erst wenn ich fertig bin, sehe ich das Bild wieder mit meinen eigenen Augen und frage mich, wozu der Farbkasten so viele Farben hat, wenn ich doch nur das Schwarz benutze.

Und dann werde ich wütend.
Nehme den größten, ungenausten Pinsel, den ich finde und tauche ihn in Wasser, bis er nur so trieft.
Ich lasse ihn nicht abtropfen, ziehe einfach eine dicke Spur grauer Tropfen über die Arbeitsfläche bis über mein Bild und wische in schnellen, unpräzisen Bewegungen über die so fein gemalten Linien.
Sehe die Linien, denen ich so viel Zeit geschenkt habe unter meinem Pinsel verschwimmen.

Ich schaue den Augen zu, wie sie sich trüben. Wie die perfekten Pupillen, in denen ich so viele winzig kleine Lichtreflexe eingezeichnet habe zu einem einzigen grauen Fleck werden.
Das Auge ist noch zu erkennen, doch fehlt mittlerweile jede Menschlichkeit.

Ich verharre in der Bewegung.
Der Pinsel bleibt tropfend in der Luft stehen. Wut macht sich in mir breit, als ich den Pinsel in die Ecke schleudere.

Ich spüre die Wut, wie sie in ihren Wellen über mich schwappt.
Ich schwanke unter ihrem Gewicht, das mich mit all seiner Kraft trifft.

Doch ich bin nicht wütend auf die blinden Leute mit ihrem perfekt. Nur auf mich und meinen Maschinenartigen Teil, der alle meine Gefühle zu unterdrücken scheint.

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