Kapitel 5- Kein Lebensinn

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P.O.V: Tim

Verdammt. Schon wieder haben sie verloren. Meine Lieblingsbasketballmannschaft verlor in letzter Zeit durchgehend. Und mit ihnen verlor ich meinen Willen am Leben. Nicht wegen ihnen, das wäre absurd, aber seit ich hier in der Klapse war konnte ich nur noch selten Basketball spielen, und das war einer der Gründe weshalb ich überhaupt noch lebte. 

Als ich noch in die richtige Schule ging, fragten mich oft Leute, wie es mir geht. Scheiße. Es ging mir scheiße. Jeden verschissenen Tag. Doch wenn ich das sagte, wurde ich nur noch mehr gehasst. Weil ich ja dann so aufmerksamkeitsgeil war.
Weil ich meine Stimmung äußerte.
Leider war der Großteil meiner Schullaufbahn so verlaufen. Mein monotones Leben. Aufstehen, alles für die Schule richten, nochmal alle Schubläden und Kästen durchsuchen ob meine Mutter nicht doch noch irgendwo Drogen versteckt hatte und dann in die Schule gehen. Dem Unterricht zuhören, aber irgendwie auch nicht, weil ich andauernd meinen Mitschülern zuhörte, wie sie über mich lästerten und lachten. Dann ab und zu bei den Tests nur Fünfen und Sechsen schreiben, in der Schule zusammengeschlagen werden, heulend heimgehen, dort geschlagen werden, und ins Bett gehen. Dann um Mitternacht schlich ich mich raus, denn genau dann schlief meine Mutter und ging zu dem Basketballplatz bei uns in der Stadt. Spielte. Spielte alleine aber trotzdem mit Leidenschaft. Die einzige Abwechslung in meinem Kontrastlosen Leben. 

Bis zum 11.September 2008. 
Der Tag, an dem ein muskulöser Junge, der gemobbt wurde, weil er verdammt feige war, mitten im Unterricht zusammenbrach, weil er ein psychisches und Körperliches Wrack war und nur noch sterben wollte. Weil niemand sich für ihn interessierte. Weil ihn jeder hasste. Weil er schwul war, es aber nicht sein wollte, weil er dann vielleicht nicht gemobbt werden würde. Denn am 11. September 2008 bekam er übermittelt, dass sich sein fester Freund Dani umgebracht hatte. 

In diesem Moment brach eine ganze Welt in mir zusammen, ich heulte, mir war alles egal, jemand kam zu mir, wollte mir vielleicht helfen, sagte einige aufmunternde Worte. Ich schlug ihm in den Bauch. Es war Charly. Charly war eine Schlange. Er lästerte über jeden, hatte aber nicht das Zeug dazu, es jemanden ins Gesicht zu sagen. Er hatte es verdient. 
Ich rannte aus dem Gebäude, wollte nur noch rennen, rannte gen Wald, wollte nur noch alleine sein. Wollte nichts mehr wissen von irgendjemanden. Wollte niemanden anschauen, und wollte auch nicht, dass mich jemand ausschaut. Irgendwann hörte ich auf. Hörte auf mit diesem Marathon der Gefühle. Ich sah mich um. Ich wusste nicht wo ich war, wer ich war oder wie spät es war. Es interessierte mich aber auch nicht. Ich stürzte auf die Knie, legte mein Gesicht in meine Hände und stützte dieses auf dem verdrecktem und bewachsenen Boden ab. 
Am Tag darauf fand ich mich in einem weißem Raum wieder, offensichtlich ein Krankenhaus. Ich musste im Wald eingeschlafen sein und gefunden worden sein. 

Und jetzt, 3 Monate nachher bin ich hier. Psychisch am Boden, ich sah komplett zerstört aus und wollte nichts mehr von anderen Menschen wissen. Wieder einmal ging ich einen dieser Gänge lang, in diesem riesigem Gebäude. Den Kopf nach vorne gerichtet, aber der Blick ging in die Leere. Ich dachte wieder nach, es war komplett egal wohin ich meine Augen richtete, mein Gehirn reagierte auf die Informationen meiner Augen nur sehr träge. Und genau deswegen krachte ich auch in diesen Jungen. Er war ein bisschen kleiner als ich, vielleicht 10 cm. Er hatte braune Haare, ein verheultes Gesicht und war offensichtlich auf den Weg in die Bibliothek oder in die Unterhaltungsräume um dort zu lesen.
In seinen Händen befand sich "Die Verwandlung" von Kafka.


//Okay, bin mit diesem Kapitel wieder zufriedener, lasst eure Meinung wie immer gerne hier. Keine Angst, Stegi und Tim lernen sich bald kennen.

† In Gedenken an Dani, meinen besten Freund, welcher am 11. September 2015 Selbstmord begang.†

Eine kleine Liebesgeschichte [#Stexpert]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt