Kapitel 1

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Hektisch springe ich von einem Fuß auf den anderen und fühle mich wie ein bekifftes Kaninchen. Wie lange braucht dieser Schwachkopf denn noch im Bad? Dieser Ausrutscher von Mutternatur soll sich gefälligst beeilen und das verdammte Bad verlassen, oder ich schwöre, ich werde dafür sorgen, dass er in der Toilettenschüssel auf erbärmliche Weise ersäuft. Ich hämmere mit meiner Faust gegen die Tür.

„Beeile dich, du Kotzbroken!", brülle ich, nach wie vor von meiner trommelnden Faust begleitet. Auf meine Bitte folgt eine Melodie. Dieser Kerl wagt es allen Ernstes, mich eiskalt zu ignorieren und dämlich vor sich hin zu pfeifen? Ich spiele gerade mit dem Gedanken, die Tür einzutreten und meine Blase sogar vor seinen Augen zu entleeren, als ich plötzlich die Türklingel wahrnehme. Ich seufze. Auch dieses Mal ist er davongekommen.

„Mach auf!", brüllt mein asozialer Bruder und ich beiße die Zähne zusammen. Dieses Arschloch...! Tapsend nähere ich mich der Tür, darauf bedacht, bloß keinen Unfall zu verursachen und öffne sie gewalttätig auf.

„Morgen. Was ist denn mit dir? Du bist ja noch schlimmer drauf als sonst.", begrüßt Michael mich und betritt das Haus, als ich mich etwas von der Tür entferne.

„Das liegt an deinem bekloppten Freund.", antworte ich und stutze einen Moment, als er mir mit dem Finger deutet, leise zu sein. Es ist ganz schwach, aber doch da. Dieses verdammte Pfeifen ist wieder zu hören.

„Er scheint gut drauf zu sein.", bemerkt Michael amüsiert. Ich schnaube.

„Wird er nicht mehr sein, wenn ich ihm seine Zahnbürste in den Hals ramme...", murmle ich. Ich höre einen merkwürdigen Laut und schaue auf, als ich Michaels Gesichtsausdruck bemerke. Er versucht sich ein Lachen zu verkneifen, was ihm nur schwer gelingt.

„Soll ich... Soll ich dir helfen?", fragt er und ich sehe ihn müde an.

„Ja! Ich bitte dich! Ich halte das nicht mehr aus!", erkläre ich und mache wieder eines auf bekifftes Kaninchen. Er grinst leicht und scheint zu überlegen. Nach ein paar Sekunden brüllt er plötzlich laut:

„Danny, Mann, ich hab' ne SMS von Sophie bekommen!" Verwirrt sehe ich ihn an.

„Wer ist Sophie?", frage ich, bekomme jedoch nur ein Kopfschütteln als Antwort. Und was danach passiert, halte ich für ein Weltwunder. Binnen Sekunden höre ich, wie das Pfeifen abbricht, das Wasser abgedreht wird und die Tür schwungvoll aufgetreten wird.

„Was? Mann, ich wusste es! Die Kleine fliegt total auf dich!" Er bleibt vor mir stehen.

„Was ist denn mit dir falsch, Pervy?", fragt er, als er meinen wütenden Gesichtsausdruck bemerkt.

„Ich verspreche dir, wir werden uns in der Hölle wiedersehen. Du wirst Qualen erleiden, dafür sorge ich.", sage ich monoton, ehe ich einen Sprint ins Bad ablege.

„Das werden wir noch sehen!", ruft er mir nach.

„Darauf kannst du Gift nehmen!", brülle ich, bevor ich die Tür hinter mir zuknalle.

Ungefähr eine halbe Stunde später stürme ich aus dem Haus, gefolgt von den beiden Jungs und wir treten unseren Weg zur Schule an. Alle drei mit unseren Rucksäcken bewaffnet, steigen wir in den überfüllten Bus und suchen uns halbwegs vernünftige Stehplätze, gequetscht zwischen jungen und älteren Menschen. Nach irgendeiner Zeit halte ich es nicht mehr aus und suche fast panisch nach einem Ausweg oder einem Platz mit weniger Menschen, finde jedoch keinen. Ich schlucke trocken und bemerke, wie mir langsam immer wärmer wird. In der Hoffnung, mich zu beruhigen, fächere ich mir etwas Luft zu. Ich kann so große Menschenmassen nicht leiden. Auf der Straße habe ich kein Problem damit, nur in engen Räumen. Warum sollte man sich auch freiwillig mit mehreren Leuten in einen engen Raum quetschen? Das ist auch der Grund, warum ich Fahrstühle nur nutze, wenn nicht allzu viele Menschen drinnen sind, was leider nicht oft der Fall ist.

Close to youWhere stories live. Discover now