🌙Kapitel 3🌙

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"Was macht ihr hier?"
Eine kalte Stimme und eine Hand, die ihn grob rüttelte, weckte Yalu.
Langsam öffnete er seine Augen, in der Erwartung, seine nächste Empfindung wäre Schmerz, er erinnerte sich noch ganz genau daran, dass ein Dämon ihn mit seinem Schwert erwischt hatte.
Bestimmt war die Wunde noch da.
Aber wie hatte er die Nacht überlebt?
Er gewöhnte sich an das Licht des Sonnenbrunnens und erkannte Wachen.
"Wo zur Hölle wart ihr heute Nacht?", fragte Yalu zurück.
"Meine Frage zuerst.", beharrte der Wächter.
"Meinetwegen." Yalu setzte sich auf. "Ihr wart gestern - warum auch immer - nicht da und deswegen habe ich, weil ich gerade in der Nähe war, den Sonnenbrunnen verteidigt."
"Und der andere?" Der Blick des Wächters ruhte nun auf etwas oder jemand anderem.
"Ich kam viel später.", sagte Arans Stimme. "Als ich kam, waren die Dämonen schon tot. Das einzige, was ich dazu beigetragen habe, war, dass ich Yalus Wunde geheilt habe."
"Jetzt meine Frage." Yalu sah den Wächter fordernd an.
"Unsere Kollegen wurden auf dem Weg hierher von Dämonen getötet.", erwiderte der Wächter und stand auf. "Vielleicht könnt ihr sie weihen. Ihre Seelen verweilen noch in ihren toten Körpern."
"Versuchen wir es." Aran stand auf und hielt Yalu eine Hand hin.
Yalu ließ sich auf die Füße ziehen und nickte stumm.
In einiger Entfernung sah er Ean auf dem Boden liegen.
Er ging zu dem Panther, er stellte sich bloß tot.
Sanft kraulte er Ean und wisperte "Ri anu, Ean.", was soviel wie "Ich bin's, Ean." hieß.
Ein blau leuchtendes Auge öffnete sich und musterte ihn. Als der Panther ihn erkannte, stand er auf und schlich um ihn herum.
Lächelnd streichelte Yalu ihn und verlor sich in seinen Gedanken, bis ihm die Toten wieder einfielen.
Er stand wieder auf und ging zurück zu Aran. "Gehen wir."

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Das Licht nahm die Seelen auf.
Erschöpft sank Yalu auf die Knie, um sein Bewusstsein ringend.
Diesmal ging es aber auch Aran so.
"Ich glaub, das waren ein paar zu viele...", brachte Aran noch über seine Lippen, bevor er vornüber kippte.
Yalu sah ein letztes Mal zur Sonne, bevor er wieder einmal sein Bewusstsein verlor.

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Sein nächstes Erwachen war weit bequemer als seine vorherigen.
Er spürte die Sonne auf sich und eine ausgepolsterte Bank unter sich.
Eine kleine Hand lag auf seiner Stirn.
"Ist er wach?", fragte eine eindeutig weibliche Stimme.
"Ich weiß nicht, aber er lächelt...", erwiderte die Stimme neben ihm, ebenfalls weiblich.
Tatsächlich lächelte er. Nämlich weil er die beiden Stimmen als die seiner Mutter und seiner Schwester erkannt hatte.
"Wenn du wach bist, mach bitte die Augen auf.", sagte Rhean und eine Kralle tippte auf seine Stirn.
Noch immer lächelnd öffnete Yalu seine Augen und sah in die Gesichter seines Vaters, seiner Mutter Nyela und seiner vierzehnjährigen Schwester Sara.
"Guten Morgen, ihr drei." Yalus Lächeln wuchs zu einem Grinsen an.
"Morgen? Es ist Abend!" Rhean lachte und setzte sich zu ihm auf die Bank. "Schon wieder..."
Yalu nickte nur und setzte sich auf.
Wie jedes Mal galt sein erster Blick dem Sonnenbrunnen.
Und so wie jedes Mal war auch diesmal alles in Ordnung.
"Entspann dich doch mal, Yalu." Sara schnipste ihm gegen die Stirn. "Du bist nicht der einzige Wächter hier, du darfst deine Freizeit auch gern ohne Sorgen verbringen."
"Ich darf, aber wenn ich nicht kann?" Yalu sah ihr ernst in die blauen Augen.
"Dann versuch es!" Sara drückte ihm eine Schale mit Suppe in die Hand. "Guten Appetit."
Schweigend betrachtete Yalu die Suppe, machte aber keine Anstalten, sie zu essen.
"Du solltest wirklich etwas essen, Yalu, seit zwei Tagen hast du nichts zu dir genommen."

SonnengeborenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt