Als ich am nächsten Morgen aufwachte, hatte ich schreckliche Kopfschmerzen. Was auch nicht weiter verwunderlich war, schließlich war ich es nicht gewöhnt, dass in meinem Leben so schnell so viel auf einmal geschah. Ich kam mir fast schon vor, wie in einem Buch oder Film, in dem dem Protagonisten auf wunderliche Art und Weise jeden Tag irgendetwas passiert. Eigentlich hätte ich dieser Wende in meinem Leben dankbar sein müssen. Eigentlich. Früher habe ich mich immer über mein langweiliges, eintöniges Leben beschwert. Tja. Das hatte ich jetzt davon.
Also, jedenfalls wachte ich auf und die Ereignisse des gestrigen Abends überkamen mich wie eine riesige, nasse Welle mit eiskaltem Wasser. Wahrscheinlich war es nicht ganz so dramatisch aber ich bin mir relativ sicher, dass es mich umgehauen hätte, hätte ich nicht schon in meinem Bett gelegen. Zumindest war mir die Lust aufzustehen komplett vergangen. Ich atmete tief durch und versuchte nachzudenken, was gar nicht so einfach war.
Was sollte ich tun? Meiner Mum erzählen, dass ich eventuell von einem Modelagent entdeckt worden war? Nein. Sie würde sicher noch schlimmer reagieren als ich. Vielleicht würde sie einen Herzinfarkt bekommen. Oder So.
Dad? Nein. Definitiv nicht. Der hatte sowieso nichts mit Models oder Mode am Hut. Er kriegte ja schon das Kriese, wenn sich meine kleine Schwester Grace die inStyle kaufte (das verstand ich allerdings auch nicht, ich meine die Zeitschrift kostet 5₤ oder so und fast alles ist Werbung. Damit meine ich jetzt nicht nur die tausend Seiten zwischen der „richtigen" Zeitschrift sondern auch das, was letztendlich drinnen steht. Hippie-Looks sind diesen Sommer in, also geht gefälligst zu Topshop und kauft sie euch. Hallo? Schon mal was von Product Placement gehört? Was das genau war, erfuhr ich dann noch später.)
Die Option es Grace zu erzählen behielt ich mir mal außen vor. Ich war mir nicht sicher, wie eine pubertierende dreizehnjährige mit einer Schwäche für Mode die Information aufnehmen würde, dass ihre Schwester vielleicht als Model entdeckt worden war. Wahrscheinlich genauso wie in dem Moment, als sie erfuhr, dass ihre Lieblingsband nach London kommen würde. Ganz klar würde sie nicht wirklich eine Hilfe sein und es vielleicht sogar Mum und Dad erzählen. Und ihren Freundinnen...bloß nicht!Ich rief Kate an. Meine beste Freundin. Meine persönliche Lebensberaterin. Sie wusste sicher, was ich tun sollte. Ich erzählte ihr alles. Dass wir uns in den Club geschlichen hatten, wie gut Johnny aussah, von Alexandre, dem vermeintlichen Modelagenten, der Orlando Bloom verdammt ähnlich sah... Ich war ganz überrascht, dass ich das alles noch in der richtigen Reihenfolge hinbekam. Kate hörte ruhig zu, nur an den Johnny-Stellen quiekte sie verzückt auf und ab dem Teil mit Alexandre hielt sie nur noch die Luft an, bis ich zu Ende erzählt hatte. „Oh. Mein. Gott", sagte sie, als ich fertig war. „Poppy. Oh. Mein. Gott."
„Ich weiß", jammerte ich. „Was soll ich denn jetzt machen?"
„Na, googeln."
„Hä?", machte ich. „Was denn googeln?"
Kate stöhnte. „Diese Modelagentur natürlich."
Ach so. Ach so. ACH SO. „Und weiter?", fragte ich.
„Wie weiter?", sagte sie. „Nichts weiter. Die werden ja wohl eine Webseite haben, wenn die professionell sind. Und wenn nicht, dann war's nicht ernst gemeint. Dann war er ein Abzocker. Ganz einfach." Ja, ganz einfach.
„Ich trau' mich nicht", gab ich kleinlaut zu.
„Was?"
„Das zu googlen."
Stille. Lange Stille. Ein Stöhnen. „Aha. Und warum nicht, bitteschön?", fragte Kate.
Ja, weil. Weil das alles verändern könnte. Was, wenn ich WIRKLICH entdeckt worden war. Was, wenn dieser Alexandre WIRKLICH ein ECHTER Modelagent war, verdammt nochmal.
War er. Ein waschechter Modelagent, der aus Paris kam. Und übrigens nicht mit Orlando Bloom verwandt war.
„Bleib dann aber bitte wenigstens am Telefon, Katy, bitte", sagte ich.
„Jaahaa", sagte sie. „Dann beeil dich aber mal. Ich bin nämlich auch gespannt. Wenn der nämlich echt ein echter..."
„Ich weiß", unterbrach ich sie bevor sie das aussprach, wovor ich die ganze Zeit...Angst hatte? Ich schlug meine Decke zur Seite und lief zu meinem Laptop. Und klappte ihn auf. Und machte ihn an. Und wartete.
„Poppy?", fragte Kate.
„Ja", sagte ich. Ich tippte mein Passwort ein. Und wartete.
„Poppy?"
„Ja." Ich startete Google. Und gab Impressions in die Suchleiste ein. Ziemlich uneinfallsreicher Name. Dann drückte ich auf Enter. „Poppy?", fragte Kate. Sie klang jetzt ziemlich ängstlich. 36.600.000 Treffer. Na großartig. „36.600.000 Treffer", sagte ich und seufze. „Gib doch mal Modelagentur dazu ein", schlug Kate vor.
Okay.
16.800 Treffer. Der erste ein Link zu einer Webseite. Agentur für Nachwuchsmodels. Ich klickte darauf.
„Poppy?"Wäre ich Audrey Hepburn in einer dieser fantastischen, alten Film gewesen, wäre ich in Ohnmacht gefallen. Dann würde mich ein gutaussehender Gentleman auffangen und mir sagen, dass alles in Ordnung sei. Da ich aber Poppy Collins in der Gegenwart war, hielt ich die Luft an, kiff die Augen zu und redete mir ein, ich hätte mich verlesen. Ich dachte, ich hätte Halluzinationen. Wirklich. Ich glaube, tief in meinem Inneren wusste ich, dass Alexandre kein Abzocker war. Doch jetzt, da ich Gewissheit hatte, wurde mir erst klar was das hieß.
Oh. Mein. Gott.
„Poppy?"
Ich erschrak mich so sehr (ich meine, ich war psychisch extrem geschwächt, da erschreck es einen eben, wenn man sich ein Telefon ans Ohr drückt und auf einmal eine Stimme raus kommt), dass ich das Telefon fallen ließ. Ich starrte überrascht auf das Telefon, dann auf meine leere Hand, dann auf den Bildschirm meines Laptops. Genau in dieser Reihenfolge. Immer wieder. Bis ich langsam kapierte, was gerade geschehen war.
Erstens, ich hatte das Telefon fallen gelassen.
Zweitens, meine beste Freundin war dran gewesen.
Drittens, ICH WAR VERDAMMT NOCHMAL AUS MIR UNERKLÄRLICHEN GRÜNDEN VON EINEM MODELAGENTEN ENTDECKT WORDEN.Kate rief mich sofort zurück. „POPPY!", schrie sie mir in mein Ohr. „WARUM HAST DU AUFGELGT?! ICH BIN FAST GESTORBEN!"
„Ich auch", flüsterte ich. „Was soll ich jetzt tun, Kate? Verdammte scheiße, was soll ich jetzt machen?"
„Oha", sagte sie. Sie verstand, was das hieß. „Oha."
„Soll ich dir mal vorlesen, was hier steht?" Ich wartete gar keine Antwort ab. „Unsere Modelagentur Impressions ist auf der Suche nach Nachwuchsmodels, um ihnen den Start einer erfolgreichen Modelkarriere zu ermöglichen", las ich vor.
„Du bist ein Nachwuchsmodel", stellte Kate fest. „Meine beste Freundin ist ein Nachwuchsmodel."
„Bin ich überhaupt nicht", entgegnete ich empört. Mein Herz klopfte wie wild. Vielleicht ja doch... „Dafür muss ich da ja erstmal hin."
„Ja", stimmte Kate mir zu. „Und das machst du doch auch. Oder?"Der dritte Grund. Sie haben mich überrumpelt. Meine Welt komplett durcheinander gebracht. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie jüngere Mädchen so eine Nachricht aufnehmen. Können die nicht ein bisschen rücksichtsvoller sein? Nein. Können sie nicht. Klar, können sie nicht. Ich meine, würde ein Sack voll Geld vor meiner Nase vorbeilaufen, ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, ich würde nicht zugreifen.
Wow, das vierte Kapitel. Und Leute, ich hab fast einen Herzinfarkt bekommen, als ich gesehen habe, das so viele neue Leute gevotet haben, wirklich, ich habe mich mega gefreut:) Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen. Votet und kritisiert mich in den Kommentaren:)
Perrie xx
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Gründe, warum Ich kein Model mehr bin.
JugendliteraturIch war mal Model. Ehrlich wahr. Coole Klamotten und so. Man kommt viel rum, sieht super aus und wird von tausenden Jungs umschwärmt. Mädchen, die Models sind, leben ihren Traum und so weiter. Aber ich sag euch eins: Model zu sein, ist alles andere...