Es fing alles mit meiner Schwäche für Straßenmusiker an.
Denn wäre ich einfach an ihm vorbeigelaufen, hätte ich mich nicht zu ihm gesetzt und ihm zugeschaut, dann hätte mich Johnny nicht auf diese Party eingeladen. Dann hätte mich Alexandre nie angesprochen. Dann hätte ich mich nie vor laufender Kamera blamiert.
Dann wäre all das nicht passiert und ich würde es jetzt nicht aufschreiben.
Also, es fing alles damit an, dass ich durch eine kleine Straße in London schlenderte. Es war ein ruhiger Freitagnachmittag und zur Abwechslung regnete es mal nicht. Der Himmel war pastellblau, das weiß ich noch. Er hatte nämlich fast genau dieselbe Farbe, wie meine Doc Martens, die ich an diesem Tag trug. Nur noch eine Woche, dann waren endlich Sommerferien, habe ich gedacht. Nur noch eine Woche, dann würde ich komplett abschalten können und mich einfach gehen lassen. Es war diese verdammte Woche, in der alles anfing.
Freitag. Ja. Wenn ich so zurückdenke, war dieser Freitag der letzte normale Tag in meinem Leben. Mein armes, kleines, unschuldiges Ich. Damals dachte ich noch darüber nach, ob ich mir nicht auch langsam mal einen Nebenjob suchen sollte, wie alle meine Freundinnen auch. Dies war übrigens auch der Grund, warum ich an diesem Freitagnachmittag alleine in der Stadt war. Sie arbeiteten alle. Im Kino, in einem Café... Ich hatte bisher nur babygesittet - ich konnte ja nicht ahnen, dass bald der Job meines Lebens auf mich zukommen würde.
Ich ging also durch diese kleine Straße, einen Frappucino von Starbucks (damals hatte ich noch ernsthaft überlegt, vielleicht dort zu arbeiten) in der Hand, auf dem mein Name stand. Falsch geschrieben. Irgendwie hatte der Typ, der den Becher mit meinem Namen versehen hatte, ein P vergessen. Und jetzt stand da Popy, wobei ich eigentlich Poppy, mit zwei P heiße.
Ich warf einen Blick in das Schaufenster eines Secondhandladens und fragte mich, aus welcher Gegend der Typ wohl kam, wo sie Poppy nur mit einem P schreiben. Ich bleib kurz stehen, bis sich herausstellte, dass der Secondhandladen für ältere Leute war. Das nahm ich zumindest an, denn ich bezweifelte doch sehr, dass jemand in meinem Alter ein untailliertes, mit Blumen (ich glaube es waren Veilchen) gemustertes Kleid tragen würde.
Genau in dem Moment, als ich weitergehen wollte, hörte ich Musik hinter mir, genauer gesagt, eine Gitarre.
Damals wusste ich noch nicht, dass mein Leben ab dem Punkt eine Wendung nehmen würde.
Im Prinzip war es so, wie wenn ein Auto eine scharfe Kurve fährt. Die Kurve ist so scharf, weil der Fahrer für einen kurzen Moment nicht aufgepasst hat und nun das Lenkrad umreist, um doch noch die Kurve zu bekommen. Die Menschen auf den Rücksitzen werden mitgeschleudert und können nichts ändern.
Ich glaube, dass hat irgendetwas mit Physik zu tun, irgendwas mit Widerstand oder so. Mein Leben hatte allerdings so gar nichts mit Physik zu tun. Vielleicht war das auch besser so, sonst hätte ich wahrscheinlich gar keine Ordnung mehr in mein Leben bringen können.
Ich wurde einfach mitgeschleudert. Ich wurde überhaupt nicht gefragt, ob ich eine Wendung in meinem Leben haben wollte. Es ist einfach so passiert. Tja.
Ich hörte die Musik und war verloren. Fast schon wie bei Odysseus, als er den Gesang der Sirenen hört.
Der Unterschied zwischen mir und Odysseus war allerdings, dass ich nicht an einen Schiffsmast gekettet war und dass die Sirenengesänge eigentlich gar keine schlimmeren Folgen auf Odysseus weiteres Leben hatten. Ganz im Gegensatz zu meinem Leben. Ein armes Mädchen ihrem Schicksal ausgesetzt.
Ich drehte mich um und sah Johnny. Zu dem Zeitpunkt wusste ich allerdings noch nicht, dass der Junge, der mit seiner Gitarre am Straßenrand saß und Wonderwall spielte, Johnny hieß.
Er sang und spielte und war einfach nur fantastisch. Ich blieb vor ihm stehen. Er blickte zu mir hoch und grinste mich an, sofern man grinsen kann, wenn man gerade singt.
Ein paar Songs stand ich da und hörte zu, bis ich mich schließlich neben ihn auf die Straße setzte (es kam mir irgendwie komisch vor, so vor ihm zu stehen, außerdem taten allmählich meine Füße weh), trank meinen Frappuccino aus und lauschte der Musik.
Währenddessen musterte ich ihn, was wahrscheinlich jedes Mädchen an meiner Stelle getan hätte, denn er sah wirklich zum anbeißen aus. Ich mochte die abgewetzte Jeansjacke und die vielen Lederbänder, die er trug. Ich weiß gar nicht mehr, wie lange wir da saßen, Johnny und ich, jedenfalls hat er irgendwann aufgehört zu spielen und mich angesehen.
„Schöne Schuhe“, sagte er.
Im weiteren Verlauf meines Lebens hat mir niemand mehr Komplimente über meine Schuhe gemacht. Man hat eher „Schöne Wangenknochen“ gesagt. Oder „Interessante Augen“. Dieser Satz, den Johnny damals zu mir gesagt hatte, hatte mich irgendwie immer auf dem Boden gehalten. Meistens zumindest.
Eigentlich wollte ich sagen, dass ich seine Jeansjacke mochte, aber ich war so perplex, dass ich nur „Danke“, sagen konnte. Er grinste mich an, diesmal richtig. „Kennst du das Nightlife?“, fragte er mich. Ich schüttelte den Kopf. Sagen konnte ich nichts. Ich war es schließlich nicht gewöhnt von gutaussehenden Straßenmusikern, die ungefähr in meinem Alter waren angesprochen zu werden.
„Da ist am Samstag eine Party, die ein Kumpel von mir schmeißt. Wenn du willst, kannst du mitkommen“, sagte er. Ich muss immer noch grinsen wenn ich an diese Situation zurückdenke. Ich war komplett von Johnnys Direktheit überrumpelt. Ich nickte.
Bye, normales Leben.
Er riss ein Stück von seinen Notenblättern, die er vor sich am Boden liegen hatte ab, fluchte, weil er ausversehen eine Note mit abgerissen hatte, zauberte einen Kulli aus seiner Jackentasche, schieb seine Nummer auf und gab sie mir.
Johnny, stand da.
Mein Leben wurde mir immer mehr aus der Hand gerissen und ich merkte es noch nicht einmal. Gott, war das ungerecht.
Johnny stand auf und packte sein Zeug zusammen. „Also melde dich einfach wenn du Lust hast, okay?“ „Okay“, sagte ich.
Er stand auf, hob kurz die Hand zum Abschied und ging. Fast schon wie mein normales Leben, nur das ich es gar nicht sah, als es winkend davon ging.Hey:) Ich hoffe denen, die das Kapitel gelesen haben, hat es gefallen. Schreibt ruhig in die Kommentare, ob ihrs gut oder schlecht fand. Ich brauch ja Kritik:)
Perrie xx
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Gründe, warum Ich kein Model mehr bin.
Ficção AdolescenteIch war mal Model. Ehrlich wahr. Coole Klamotten und so. Man kommt viel rum, sieht super aus und wird von tausenden Jungs umschwärmt. Mädchen, die Models sind, leben ihren Traum und so weiter. Aber ich sag euch eins: Model zu sein, ist alles andere...