Von Gedanken und der Freiheit

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"Die Gedanken sind frei. Wer kann sie erraten? Sie fliegen vorbei, wie nächtliche Schatten. Kein Mensch kann sie wissen, kein Jäger erschießen. Es bleibet dabei: Die Gedanken sind frei .[.........]
Und sperrt man mich ein, im finsteren Kerker, das alles sind rein vergebliche Werke; denn meine Gedanken zerreißen die Schranken und Mauern entzwei: Die Gedanken sind frei."
Diese Zeilen stammen aus einem deutschen Volkslied (siehe Wikipedia) namens "die Gedanken sind frei". Aber stimmt das wirklich? Sind Gedanken frei? Und vor allem: Woher kommen Gedanken bzw. was sind Gedanken? Wann ist die Grenze der Gedankenfreiheit (moralisch und soziologisch) erreicht?

Wissenschaftlich gesehen sind Gedanken ein bestimmter neuronaler Zustand im Kopf, der durch die Synapsen unseres Gehirns flitzt. Doch dies genauer zu erklären wäre erstens viel zu kompliziert und zweitens sehr oberflächlich. Gedanken sind soviel mehr als nur ein Zustand oder eine Reaktion. Sie sind eng mit unserem Bewusstsein und den dazugehörigen Erinnerungen verknüpft. Ein Beispiel: Jeder, der sich einen Hund vorstellt, hat ein anderes Bild im Kopf. Das liegt daran, dass man den Gedanken mit einer Erinnerung verknüpft, die wiederum mit dem Bewusstsein verbunden ist. Hat jemand also schlechte Erfahrungen mit Hunden gemacht, so stellt er sich einen großen aggressiv kläffenden Hund vor, während der andere an süße Hundewelpen denken muss. Gedanken machen uns aus. Sie sind ein Teil unseres Charakters, ein Teil unseres Seins. Zudem sind sie ein Ausdruck unserer Gefühle, unserer Kreativität, unser Grausamkeit etc. Gedanken sind ein Fluch und ein Segen zugleich. Dank ihnen sind wir etwas besonders und einzigartiges auf diesem Planeten, doch sie verursachen auch sehr viel Leid. So haben Menschen mithilfe von Gedanken viel bewegt und verändert. Die Gedanken haben dabei gar nichts gemacht. Sie waren nur das nötige Werkzeug.
Doch so schön es (vielleicht) auch sein würde: Gedanken sind niemals frei. Sie können jederzeit und überall beeinflusst werden. Dies zeigt auch das Blue Eyed Experiment, welches erstmalig die Lehrerin Jane Elliot durchführte (und heute eine bewährte Anti-Rassismus Übung ist). Sie bläute jedem Schüler ein, dass diejenigen, die blauäugig waren, minderwertig sind. Die Braunäugigen hingegen waren "privilegiert". Nach einer Weile glaubten die Schüler dies tatsächlich und begannen die Blauäugigen wie Unterlegene zu behandeln.

Dieses Experiment zeigt, wie sehr Gedanken gezielt gesteuert werden können. Gedanken sind zudem ständig von irgendwelchen Gegebenheiten beeinflusst. Woher wollen wir denn wissen, dass die Friseurin, die uns die Haare schneidet, wirklich so nett ist ,wie sie zu sein scheint. Schließlich ist es ihr Job nett zu sein. Wenn sie mürrisch wäre, würden weniger Leute zu ihr kommen. Davon abgesehen ist unsere Denkweise sehr abhängig davon, wie wir erzogen wurden. Ist es unpassend bei einem Essen mit dem Chef zu schmatzen und zu rülpsen oder etwa nicht ? Macht es uns wirklich was aus, wenn wir eine von uns nicht sehr geschätzte Person in eine peinliche Situation bringen ?

Aber hat das Lied eigentlich komplett unrecht? Sind Gedanken nur Sklaven der Umstände?

Nun, im gewissen Sinne schon. Natürlich sind Gedanken ein Werdegang, der aus tausenden von Reizen besteht und deswegen beeinflussbar ist. Aber Gedanken sind im gewissen Sinne tatsächlich frei. Jedoch nur soweit, wie das moralische und soziologische Gewissen es zulässt. Schließlich lassen sich Gedanken in Zeiten der Unterdrückung (wie so viele Beispiele zeigen) nicht wirklich wegsperren. Denn irgendwann beginnt der Mensch sich nach der (Gedanken)Freiheit zu sehnen. Er ist einfach nicht dafür geschaffen in "Gefangenschaft" zu leben.

Dennoch: So schön das Ganze mit der Gedankenfreiheit ist, so moralisch verwerflich kann sie auch sein. Zum Beispiel ist es nicht sehr lobenswert, wenn man plant anderen Menschen (körperlich und seelisch) wehzutun oder in irgendeiner Weise manipulativ zu handeln (sei es der Börsenmarkt oder der beste Freund). Kurz gefasst: Solange unsere Taten dem Gemeinwohl schaden, können wir sie nicht als ethisch korrekt preisen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 01, 2017 ⏰

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