Überwältigt starrte Alice auf die vielen Gebäude. Das war also Berlin. Eine echte Großstadt. Die junge Frau grinste leicht. Es war das erste mal, dass sie sich in einer Stadt wie Berlin aufhielt. Überall herrschte reges treiben und doch war alles irgendwie unruhig. Jeder schien beschäftigt, keiner zum puren Vergnügen hier zu sein. Tief durchatmend sah Alice sich um. Niemand schien sie zu bemerken, dass war wohl einer der Vorteile an Berlin. Man konnte getrost durch die Straßen laufen, ohne ständig beobachtet oder erkannt zu werden.
Für jemanden, wie sie war das neu. Wenn man schon immer in einem kleinen Dorf lebte, dann war es fast schon normal, dass jeder jeden kannte und man sich ich unbedingt verstecken konnte. Wurde einmal ein Gerücht in die Welt gesetzt, war es schwer dieses wieder verschwinden zu lassen. Aber hier, in Berlin, war das egal. Die junge Frau kam sich fast schon unwichtig vor. Es wäre unwichtig, ob sie hier war oder nicht.
Verwundert fragte Alice sich, ob sich die Menschen in Berlin überhaupt mit ihrer Umwelt beschäftigen oder nur mit sich selbst und ihrem Vorhaben. Es waren deutlich mehr Menschen unterwegs als in einem kleinem Städtchen, wie bei ihr zu Hause. Aber das war nicht verwunderlich, schließlich lebten in Berlin fast 4 Millionen Menschen und irgendwo mussten die sich ja nun mal aufhalten.
Noch immer überrascht davon, dass die Metropole Deutschlands ganz anders war, als sie es sich vor gestellt hatte, griff Alice nach ihrem schwarzen Koffer und zog ihn hinter sich her zu dem nächsten Taxistand. Sie fragte sich, ob es an jedem Bahnhof in Berlin so eine große Ansammlung von Taxen gab oder ob es nur hier so war. Eigentlich machte es fast schon Sinn das es am Hauptbahnhof einen Taxistand gab. Viele Züge aus Hamburg, München und Köln kamen hier an und somit vermutlich auch einfach viele Menschen, die mit dem Taxi fahren würden :,,Ach eigentlich murmelte Alice leise und machte wieder kehrt. Wenn sie ehrlich war, wollte sie kein Taxi fahren. Jetzt war sie schon mal in Berlin, da wollte sie sich noch ein wenig umsehen.
Gespannt sah sich die dunkelhaarige Frau um. Es war laut. Hupende Autos, Baustellen und überall Menschen. Fast schon zu viele für ihren Geschmack und doch irgendwie aufregend. Ein Neubau reihte sich an den anderen und im Gegensatz zu ihrer Vorstellung von vielen hohen Bürohäusern, waren es alles bewohnbare Häuser, die dort am Straßenrand standen. Einige mit einer makellosen Fassade, andere mit Graffitis und eher dreckig. Fast schon so, als wären es verschiedene Welten, die von Haus zu Haus auf einander trafen.
Einige hatten ein typisches Flachdach, andere ein Schrägdach, als hätte man für jedes Haus einen anderen Architekten engagiert. Alice war noch keine 10 Meter gelaufen, als sie erneut stehen blieb und ihren Blick auf einige Balkons lenkte. Es war schon komisch. Bei sich in der Heimat hatte jeder einen Garten. Sie zum Beispiel hatte als Nachbarn einen Jungen gehabt, den sie aus der Schule kannte. Und da die Häuser fast Zaun an Zaun standen, hatte sie so gut wie jeden Tag ihre Freizeit mit ihm verbracht. Er war auch der Junge gewesen mit dem sie das Erlebnis des ersten Kusses teilte. Zwar war der Umstand nicht sonderlich romantisch gewesen, aber trotzdem irgendwie schön. Ob es solche Geschichten hier Berlin auch gab? Vermutlich gab es diese überall, aber Alice konnte sich einfach nicht vorstellen, wie das funktionieren sollte. Schließlich wohnten in einem Haus bestimmt viel mehr Personen, als sie sich vorstellen konnte. Was auch irgendwie befremdlich war.
Die zierliche Frau war fest davon überzeugt, das es in einer Großstadt zwar mehr Menschen gab in die man sich verlieben könnte, es gleichzeitig aber auch schwieriger war Fuß zu fassen. Sie hatte Respekt vor all den Menschen, die hier lebten und arbeiteten. Berlin hatte so viele Möglichkeiten Träume zu verwirklichen und Alice war sich sicher, dass damit nicht nur New York zu den Städten gehörte, in denen man seinen Traum leben konnte. Vielleicht war es übertrieben zu sagen, das in Berlin alles möglich war, aber mit harter Arbeit konnte man sowieso alles schaffen.
Völlig in ihren Gedanken, war die junge Frau weiter gelaufen, ohne wirklich darauf zu achten, wohin sie eigentlich lief. Ihr Blick war immer noch auf die verschiedenen Häuser gerichtet und nicht auf den Gehweg vor ihr. Eigentlich war es somit fast vorhersehbar, was im nächsten Moment passieren würde. Mit einem dumpfen Aufprall war Alice gegen jemand anderen gelaufen, dem sofort jegliche Dokumente aus der Hand fielen :,,Verdammt! fluchte eine Junge Frau und bückte sich sofort nach ihren Unterlagen :,,Das tut mir leid! gab Alice sofort von sich und sah beschämt zu Boden, ehe sie sich zu der Frau kniete und ihr dabei half ihre Sachen, wieder zusammen zu suchen:,, Ist nicht schlimm passiert jedem einmal. Erwiderte die Blondine und sah kurz auf um Alice mit einem warmen Blick zu beruhigen:,, Ich hätte besser aufpassen sollen gab sie von sich und drückte der hübschen Frau ihre Papiere in die Hand, dabei erhaschte sie kurz einen Blick auf die auf geschlagene Seite des Notizbuches:,, Love Happens stand dort als Überschrift dick unterstrichen, während darunter sich ein langer Tex befand:,, Vielleicht Autorin? dachte Alice sich und ohne es wirklich zu bemerken sprach sie diesen Gedanken laut aus:,, Wie? fragte die hübsche Blondine und sah ebenfalls auf ihr Notizbuch :,, AchsoNein, keine Autorin, aber ich schreibe gerne. Sie lachte leicht und verdeckte es verlegen mit den anderen Dokumenten. Alice nahm sich den kurzen Moment um die Frau vor sich zu begutachten. Ihre langen Blonden Haare fielen offen über ihre Schultern, die lediglich von einem dünnen Jäckchen bedeckt wurden. Darunter trug sie ein schwarzes Top, dessen Ende sie in einen Blauen Bleistiftrock gesteckt hatte. Der Rock betonte ihre Figur und Alice war fast ein wenig erstaunt, dass diese junge Frau nicht zu den Hungerharken gehörte, wie sie es erwartet hatte. Ihr Gesicht war gezeichnet durch viele Sommersprossen, die sie irgendwie noch sympathischer machten. Leichte Grübchen zeichneten ihre Wangen und Lachfältchen bildeten sich unter den tiefblauen Augen, die sie leicht verlegen musterten:,, Naja, ich muss weiter. Gab die junge Frau von sich und schon war sie zwischen den anderen Menschen verschwunden.
Irritiert sah Alice der jungen Frau hinter her. Hatte sie falsches gesagt? Oder sie zu lange gemusterte? Egal, sie wollte jetzt nur noch in ihre Ferienwohnung und vermutlich war es doch besser, wenn sie ein Taxi nahm, bevor sie noch mehr Menschen umrannte.

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Immer da
AcakDas erste Mal in einer Großstadt. Nach einer hässlichen Trennung und einigen Problemen zuhause, schlägt ihre Familie Alice vor Urlaub in Berlin zu machen. Sie solle dort neue Freunde kennen lernen und ein bisschen den Alltagsstress, sowie den Liebes...