Teil 1

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Es war Abend, etwa 22 Uhr als Frida in Ihre Wohnung stolperte. Draußen regnete es in Strömen, Sie war froh endlich Zuhause angekommen zu sein. Die nach Hause Fahrt von einem kleinen Treffen mit Ihren besten Freundinnen hatte zwar nicht lange gedauert – knapp 8km – jedoch strengte Sie das Fahren bei Regen und in der Dunkelheit immer an. Sie mochte diese Freitagabende. Schon seit Jahren war es bei den drei Freundinnen Tradition sich am Freitagabend zu treffen und sich über die vergangene Woche auszutauschen. Diese Treffen waren in Ihrer Dauer völlig unterschiedlich aber immer hatte Sie im Anschluss das Gefühl geliebt und geschätzt zu werden. Sie genoss es mit Ihren beiden Freundinnen zu lachen, alle drei teilten den gleichen Humor. Oft wurden Ihre Unterhaltungen durch schallendes Gelächter unterbrochen, erst nachdem Sie sich beruhigt hatten, war es Ihnen möglich weiter zu sprechen. Frida war sehr offen mit Ihren beiden besten Freundinnen, Sie teilte viele Ihrer Gedanken mit Ihnen. Es war Ihr wichtig ihre Meinungen zu kennen und Ihre Ratschläge zu hören.

Schuhe aus, dachte Sie nachdem Sie die Leuchte im Flur angeknipst hatte. Naja, Leuchte war übertrieben. Seit einem knappen Jahr lebte Sie in Ihrer neuen Wohnung, eine Leuchte für den Flur hatte Sie noch nicht gekauft, es baumelte immer noch eine Bauleuchte an der Wand. Inzwischen hatte Sie sich so an diese Glühbirne gewöhnt, dass Sie sie fast schon als schick empfand – aber eben nur fast. Sie hing Ihren Schlüsselbund an das Geweih des kleinen Hirschkopfs aus Messing, welcher direkt neben der Tür an die Wand montiert war. Sie mochte diesen kleinen Hirsch, er passte hervorragend in Ihren Flur und diente Ihr als zuverlässiger Schlüsselhalter. Sie schlüpfte aus Ihrer Winterjacke, streifte sie ordentlich über einen Kleiderbügel und lies sie im Wandschrank verschwinden. Genervt stopfte Frida den Ärmel der dicken, dunkelblauen Winterjacke nach um die Tür des Wandschranks bündig schließen zu können. Viel zu viele Jacken, dachte Sie bei sich. Beim nächsten Frauenflohmarkt würde Sie hier anfangen auszusortieren. Bei diesem Gedanken musste Sie sofort grinsen – machst du ja doch nicht du Klamottenmessie. Frida konnte sich nur schwerlich von Klamotten trennen. Sie verband mit fast jedem Ihrer Kleidungsstücke eine Erinnerung. Sie öffnete den Wandschrank wieder und schob den Ärmel der Winterjacke, welchen Sie so rabiat gestopft hatte, sanft zu Recht. Die Jacke hatte Sie bei einem Date getragen, letzten Winter, Sie lächelte. So nun aber die Schuhe ausziehen. Sie hob einen Fuß an und zerrte genervt am Reisverschluss Ihrer Stiefeletten, natürlich musste Sie sich nicht setzen um aus den Schuhen zu schlüpfen. Sie lies Ihre schwarzen Stiefeletten so wie Sie diese ausgezogen hatte im Flur zurück und machte die Lichter im Wohnzimmer an. Sie bückte sich zu den Kerzen auf Ihrem Wohnzimmertisch und entzündete sie. Schwach flackerten die fast abgerannten Stumpen. Frida überlegte kurz ob sie neue Kerzen aus der Vorratskammer holen sollte und starrte in die Flammen. Heute Abend tun die Kerzen es noch beschloss Sie und lies sich auf Ihr braunes Chesterfield Sofa fallen. Sie knuffte die Kissen zu Recht und schaltete den Fernseher ein. Sie zappte mit wenig Aufmerksamkeit durch das Programm, mehr Aufmerksamkeit schenkte Sie Ihrem Handy. Instagram hatte es Frida angetan, sie liebte es sich die neusten Bilder der Bloggerinnen anzusehen und sich Ideen für Ihre eigenen Outfits zu holen. Oft verbrachte Sie Stunden mit dem Handy in der Hand, wurde von einem Hashtag zum anderen geleitet und ertappte Sich noch öfter dabei, wie Sie It Pieces in die Warenkörbe diverser Onlinehändler packte. Nicht selten, löschte Sie die Warenkörbe oder Merklisten nach so einem Instagramrausch wieder. Mit schlechten Gewissen warf Sie einen Blick auf den Wandschrank im Flur, ich habe genug schicke Sachen dachte Sie. Tapfer tippte Frida auch jetzt auf den Papierkorb Ihrer Merkliste und verabschiedete sich zumindest für heute Abend von den vielen Kostbarkeiten welche Sie gesammelt hatte. Frida schmunzelte gerade über ein Video in dem ein Pinguin seinen Kamerad mit seinem Flügel von der Eisscholle stieß als Ihre Aufmerksamkeit durch ein helles Licht auf den Fernseher gelenkt wurde. Man konnte Feuer sehen und so wie es aussah auch ein kleines Feuerwerk. Gelangweilt sah Frida wieder auf Ihr Handy, das Video war zu Ende. Feuerwerk war für Sie nichts Besonderes, Sie konnte diesem Spektakel einfach nichts abgewinnen. Selbstverständlich blickte auch Sie an Silvester in den Himmel wenn man traditionell das neue Jahr mit einem Knall begrüßte aber damit war Ihr Bedarf an explodierenden Dingen auch schon mehr als gedeckt. Sie warf wieder einen Blick auf den Fernseher, zwei Männer in Lederjacken sprangen über die Bühne. Frida blickte wieder auf ihr Handy und scrollte durch den Newsfeed Ihrer Faceboob App, RTL natürlich, wieder mal so ein bunter, völlig überzeugender Mist dachte Sie. Trotzdem schaute Sie nun doch in den Fernseher und stellte den Ton lauter. Zauberer stellte Sie unbeeindruckt fest. Frida gähnte und schlurfte durch den Flur in die Küche. Sie stellte Ihre heißgeliebten Stiefeletten, welche Sie vorhin einfach so stehen gelassen hatte in den Schuhschrank. Fest drückte Sie die Türe zu, auch hier war der Platz rar geworden, Sie rollte mit den Augen. In der Küche angekommen lies Frida warmes Wasser in den Wasserkocher und stellte diesen an. Auf den Zehenspitzen fischte Frida nach der Blechdose auf dem Küchenschrank, in welcher Sie Ihre Teebeutel aufbewahrte. Als Frida den Deckel öffnete sog Sie den würzigen Geruch der verschiedenen Teesorten ein. Frida überlegte kurz und wählte dann so wie an den meisten Abenden den Yogitee mit Basilikum. Während der Wasserkocher brodelte füllte Frida ein paar Frosties in eine kleine Schüssel und übergoss diese mit Milch. Die wecken den Tiger in dir, dachte Sie und grinste. Frida goss den Tee auf, stellte Tasse und Schlüssel auf ein kleines Tablett und ging zurück ins Wohnzimmer. Sie stellte den Tee ab und löffelte Ihre Frosties. Die Sendung auf RTL lief noch immer, sie schaute kauend in den Fernseher - Zauberer oder wie die beiden sich selbst bezeichneten Illusionisten. Frida zog eine Augenbraue nach oben, oh Mann, dachte Sie, sicher in der heutigen Zeit kann man vermutlich nicht mehr Zauberer sagen, das ist mit Sicherheit nicht mehr zeitgemäß. Skeptisch verfolgte Sie das Specktakel welches die beiden Männer darboten, die Schüssel mit den Frosties war inzwischen leer. Anders als bei anderen Sendungen griff Frida nicht wieder nach Ihrem Handy sondern verfolgte die Sendung aufmerksam. In der nächsten Werbung wickelte Frida den Teebeutel geschickt um einen kleinen Löffel und presste ihn aus, Sie nahm einen großen Schluck und tippte eine kurze Whatsapp Nachricht an Ihre Mutter: Was schaut Ihr an? Bin bei RTL hängen geblieben – zwei Zauberer, ist ganz unterhaltsam. Frida schnappte sich die Fernbedienung und drückte den Infoknopf. Die Ehrlich Brothers las Sie, Deutschlands erfolgreichste Magier. Sie überflog den Werbetext für die Sendung, als die Show weiterging verfolgte Frida vor allem die Gags zwischen den beiden Männern. Sie schmunzelte darüber wie sich die beiden neckten. Fridas Handy vibrierte, eine Whatsapp von Ihrer Mutter: Wir sehen auch diese Zauberer! Einer der beiden Männer hatte sich eben innerhalb von wenigen Sekunden unter einem großen Tuch umgezogen, Fridas Pupillen weiteten sich – wie cool, dachte Sie und setzte sich auf.

Wohin der Weg führt oder: Nicht noch eine Ehrlich Brothers StoryWhere stories live. Discover now