K A P I T E L II

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PoV: Maiana

Dieses Mädchen muss neu hier sein. Was soll's, ich mag sie nicht. Sie macht sich hier super wichtig und das am ersten Tag außerdem - einfach aus Prinzip mag ich sie nicht. Welches? Nun ja, um ehrlich zu sein, es gibt gar keines. Vielleicht hat es etwas mit Neid zu tun. Sie braucht Hilfe, aber ich will sie ihr nicht geben. Länger kann ich mir dieses Trauerspiel aber auch nicht ansehen. Tja, also bin ich wohl gezwungen - wird schon schiefgehen.

„Hey, du siehst aus als könntest du Hilfe gebrauchen?" Warum hat meine Mutter mich nur so gut erzogen. Verdammt.
„Ehm, ja ... I-ich bin Sky. Ich bin neu hier und ich weiß einfach nicht wo mein Zimmer ist. Ziemlich dumm ich weiß.."
„Warte. Du bist Skylar? Skylar Graves?" Wenn sie jetzt ja sagt, ist das ein sehr schlechter Scherz.
„Ja, ja die bin ich." Sie hält kurz Inne. „Woher kennst du überhaupt meinen Nachnamen?"
Ich atme hörbar aus. Mit Absicht? Wer weiß. „Du bist meine Zimmernachbarin. Wir beide gehen auf ein Zimmer. Komm mit, ich bring dich hin." Warum passiert das nochmal mir? Meine Mutter hätte jetzt bestimmt damit geantwortet, dass es doch Schicksal wäre, oder so ähnlich.

Der Weg erscheint mir auf einmal schrecklich lang. Kein Wunder, mein, nein, unser Zimmer ist ja auch im Westflügel. Ganz hinten, ganz oben. Es hat schon etwas Gutes. Zum Beispiel kann man Nachts nach draußen auf das Dach klettern und die Sterne beobachten oder man kann so laut sein wie man will, man wird einfach nicht gehört. Dennoch bin ich mit meiner Zimmernachbarin nicht und damit meine ich wirklich überhaupt nicht einverstanden. Skylar erscheint mir immer noch sehr merkwürdig. Klar, ich kenne sie erst seit knapp 10 Minuten und sollte nicht voreilig werden. Aber ich bin nun mal ein Mensch, der schnell voreilige Schlüsse zieht.

Im Zimmer angekommen werfe ich mich auf mein Bett, welches auf der linke Seite des Zimmers steht. Skylar steht einfach nur in der Tür. Schüchtern ist sie, ohne Frage. Das würde sogar ein Blinder sehen.

„Ich beiße nicht. Komm endlich rein, aber schließ die Tür hinter dir. Ich hasse es, wenn die Tür ewig lange offen steht. Dann komme ich mir immer vor, wie auf dem Bahnhof. Jedenfalls, deine Sachen aus dem Koffer und die ganzen anderen Dinge sind schon in den Kleiderschrank einsortiert. Die Koffer und Taschen werden alle in einem der Keller verstaut, damit wir mehr Platz auf dem Zimmer haben. Deine Privatgegenstände befinden sich, wie du siehst, auf deinem Bett. Dein Handy muss du nicht abgeben, falls du dich das fragst. Aber es gibt strickte Internetzeiten. Das Internet ist nur von 07:00 Uhr morgens bis 23:00 Uhr abends angestellt. Danach herrscht hier 'ne tote Leitung. Was musst du noch wissen...Frühstück um 8.30 Uhr Mittag um 12.00 Uhr und Abendessen um 18.00 Uhr. Du musst beim Essen erscheinen, wirst aber nicht gezwungen irgendetwas zu essen. Außer du bist magersüchtig, aber du siehst nicht so aus als wärst du es. Noch Fragen?" Anscheinend habe ich etwas zu schnell gesprochen, denn es dauert eine Weile ehe sie antwortet.

„Also, ich, nein danke. Sehr freundlich von dir. Aber ich denke, dass ich für heute einfach nur noch ins Bett möchte. Wo sind denn die Duschen?"

„Aus der Tür raus nach links und dann die nächste rechts. Es sind Gemeinschaftsduschen und nein, da kann man nichts dran ändern. Glaub mir, wir haben alles ausprobiert. Du hast noch eine halbe Stunde, dann müssen wir auf den Zimmern sein." Sie stellt mir irgendwie zu viele Frage. Okay, beruhig dich. Sie ist neu und muss sich einleben, das wird schon, irgendwie.

Während Skylar duschen ist, nehme ich mir die Zeit und schnappe mir meinen Laptop. Vorher schalte ich noch ein paar meiner gefühlt tausend existierenden Lichterketten an. Auf YouTube öffne ich meine Lieblingsplaylist, nehme meine Kopfhörer und bin in meiner Welt. Auf Blogger schreibe ich einen neuen Eintrag über dieses Tag. Manchmal schreibe ich auch einfach meine Gedanken und Gefühle nieder oder schreibe Rezensionen zu Büchern oder Filmen. Es macht mir Spaß, meinen Tagesablauf und alles andere mit anderen Menschen zu teilen. Vor allem mit solchen, die dasselbe Problem haben wie ich. Wenn die Menschen nicht weiter wissen, lesen sie meinen Blog und schreiben danach, dass es ihnen viel besser geht. Und das ist es, was mich so glücklich daran macht, zu wissen, dass ich anderen helfen kann. Immer noch völlig vertieft in meinem Schreiben, öffnet sich die Tür und Skylar tritt hinein. Sie trägt eine kurze Schlaf-Hotpans und dazu ein gebatiktes Shirt. Vermutlich selbst gemacht. Was sehr an ihr auffällt, sind ihre nassen und gewellten Haare. Diese sind mir am Anfang gar nicht aufgefallen, aber jetzt, ist sie doch ganz hübsch. Aber halt. Was rede ich da eigentlich? Was ist nur los mit mir. Ich fahre meinen Laptop herunter und lege mich gemütlich in mein Bett.

„Ich hab mich dir gar nicht vorgestellt oder? Ich bin Maiana. Maiana Prinston, aber nenn' mich doch einfach nur Mai. Tut mir leid, aber ich bin am Anfang bei Neuen eher kühl eingestellt, aber das wird sich legen. Gib mir nur etwas Zeit, bitte." Sie legt all ihre Sachen, die sie zum Duschen brauchte weg und setzt sich dann im Schneidersitz auf ihr Bett. Dann sieht sie zu mir herüber. „Klar, normalerweise würde ich erst gar nicht antworten, da ich unter starken Panikattacken leide, aber bei dir ist es irgendwie anders, wenn du verstehst was ich meine. Jedenfalls, du scheinst sehr nett zu sein und ich glaube, dass wir zwei noch gute Freunde werden." Ich drehe mich zu ihr auf die Seite. „Du leidest auch unter Panikattacken?" Dann lasse ich eine kurze Pause. „Ich glaube, jetzt weiß ich warum sie uns zwei zusammen gesteckt haben." Sie lächelt und ich nicke nur. Dieses Mädchen ist unglaublich. Ich weiß nicht wie sie es macht, aber sie beeindruckt mich immer mehr. Jede einzelne Sekunde, die ich mit ihr verbringe und meine kühle und verschlossene Art verzieht sich immer mehr im Hintergrund. Ich glaube allmählich auch, dass sie und ich noch sehr gute Freundinnen werden.

Zumindest, hoffe ich das.

Skyana ➳ MailarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt