Skyana ➳ Mailar

K A P I T E L IV

PoV: Maiana

Mathe ist mein Hassfach. Ich meine, wozu muss ich im späteren Leben wissen, wie man das Volumen eines Kreises berechnet? Oder aber: nur im Mathebuch gibt es diese Menschen, die sich dreißig Wassermelonen kaufen und dann sollen wir den beschissenen Preis für sie berechnen. Ich verstehe das nicht. Nun, ich glaube Sky versteht das genauso wenig wie ich.
Mir ist so unendlich langweilig, da ich aber weiß wie unserer Mathelehrer tickt und weiß, wie man ihn austrickst, nehme ich einen Zettel und schreibe Sky eine Nachricht drauf. Dann schiebe ich den Zettel zu ihr.

„Wir haben hiernach noch 2 Stunden Chemie und dann Mittagspause. Kommst du mit mir mit? Ich will dir etwas zeigen :)"

Ich sehe wie sie lächelt. Dann nimmt sie einen Stift und schreibt mir tatsächlich zurück.

„Klar, aber nur, wenn wir uns erst etwas zu Essen holen. Falls du es vergessen hast, ich habe das Frühstück heute verschlafen :D"

Ich nicke und stecke den Zettel in meine Tasche, gerade als Mr. Andrews zu uns hinüber sieht und mich dabei erwischt.
„Aha. Ms. Prinston. Wären sie so gütig uns allen hier ihre Konversation mit Ms. Graves vorzulesen?" Ich seufze nur. Sky sieht mich mit einem Ist-schon-okay-Blick an. Ich stehe auf und zitiere: „Findest du nicht auch das Mr. Andrews voll hot ist? Aber hör zu, ich habe aber gehört er soll schwul sein? Und ich glaube ja, das er etwas mit Mr-"

„Okay das reicht." Er hebt seine linke Hand nach oben, um mir ein Zeichen zu geben, dass ich aufhören soll. „Herzlichen Dank für diese Mitteilung Ms. Prinston."
Mit einem schelmischen Lächeln setze ich mich wieder. Ich habe es wieder ein Mal geschafft, einen Lehrer zu verarschen. Keine Ahnung wieso, ich mache das, seitdem ich hier bin. Ist irgendwie eine Art Gewohnheit oder so. Ob sie mir je was getan haben? Nö. Ich mache es nur, weil es mir Spaß macht und Ablenkung bietet. Außerdem lässt mich das kalt und abwertend aussehen, so dass keiner auf die Idee kommt mich anzusprechen - bis auf Sky und meine zwei besten Freunde aber dazu später mehr.

Nach zwei elenden Chemiestunden  werde ich endlich von meinen Qualen erlöst und verlasse auf dem schnellsten Wege den raum zusammen mit Sky. Ich gehe neben ihr her und führe sie zur Caféteria. Dort holt sie sich ein belegtes Baguette und einen Schoko-Muffin. Während ich bei meinem strickten Ritual von einem Hot Dog und einem Cookie bleibe. Okay so strickt ist es gar nicht, da ich mir das Essen zum ersten Mal in der Kombination bestelle, aber nehmen wir mal an es wäre ein Ritual. Dann wäre es doch ein ziemlich tolles, oder? Wir treten aus der Caféteria und laufen in Richtung des Haupteingangs. Hier und dort bekommen Sky und ich ein paar Blicke, aber die stören uns nicht. Keineswegs. Mittlerweile bin ich diese Blicke mehr als gewohnt. Sie wollen einen einfach nur im Blick haben und beobachten. Analysieren ist genau das richtige Wort dafür. Sky sagt während unseres Weges kein Wort, was in mir ein kleines bisschen Panik auslöst, da ich hoffe, dass sie irgendwann nochmal mit mir redet. Aber es ist trotzdem keine unangenehme Stille zwischen uns. 

Ein kleines Stückchen weiter sind wir im Wald angekommen und nach unserem Kampf mit den ganzen Ästen und Sträuchern (was im Herbst nicht so einfach ist) kommen wir an unserem Ziel an. Der Wald ist schon schön, aber er könnte noch schöner sein, wenn endlich mal jemand den Weg frei schneiden würde, uff. „Schließ die Augen und vertraue mir. Ich verspreche ich bin vorsichtig und ich werde dir nichts tun." Ich nehme Skys Hand in meine und ziehe sie vorsichtig hinter mir her. Dann setze ich sie vorsichtig auf den Boden und mich neben sie. „Du kannst die Augen wieder aufmachen." Ich lächle, in der Hoffnung, dass ihr der Ort genauso sehr gefällt wie mir. „Und? Was sagst du?" Sie zögert kurz, bevor sie antwortet. „Es ist wunderschön hier...atemberaubend schön." Ich sitze mit ihr an einem kleinen Bach. Um uns herum ist nur der Wald. Ein paar Bäume haben ihre Blätter verloren, einige färben sich gerade erst bunt. Die einzigen Geräusche, sind der Bach und hier und da etwas Vogelgezwitscher. Ich nehme mir mein Essen und sie tut es mir gleich. Eine Weile sitzen wir einfach da und genießen die Atmosphäre. Wobei ich glaube, dass sie das Essen mindestens genauso sehr genießt. Mir würde es nicht anders gehen, wenn ich den ganzen Tag zuvor nichts gegessen hätte. Als wir fertig mit dem Essen sind, lege ich mich nun auf den Boden und starre nach oben in die Wolken, die zwischen den Baumkronen zu erkennen sind. „Warum machst du das?", will Sky wissen. „Probiere es aus und du wirst sehen." Dann legt sie sich neben mich. „Wow." Stille. Keine peinliche Stille. Es ist eine vertraute und angenehme. Dieser Moment könnte nie zu Ende gehen. Aber ich bin diejenige, die die Stille durchbricht und ein Gespräch beginnt.

„Und du bist also Skylar. Erzähl mir doch was über dich." „Ich? Nun ja, wie fange ich am Besten an. Also zu erst ein Mal - Sky reicht völlig. Nun weiter. Ich bin 17 Jahre und komme aus Los Angeles. Ich lebe mit meiner Mutter allein. Mein Vater ist verstorben als ich 6 war und dann hat meine Mom sich einen neuen Partner gesucht. Um ehrlich zu sein, finde ich ihn eh viel besser als meinen Erzeuger...Jedenfalls, jetzt bin ich hier. Warum? Es gibt viele Gründe, zum Beispiel, weil ich Asthma habe und ich bekomme schnell Panikattacken. Es gibt noch weitere, aber ich will mal langsam anfangen." Sie erzählt so offen über und von sich, das gefällt mir. Normalerweise würde ich jetzt mit einem simplen „Aha." antworten, aber bei ihr ist es .. nun ja irgendwie anders. „Gut. Also, nicht unbedingt die Story mit deinem Vater, aber der Rest. Und wie sieht es aus mit deinem Liebesleben?" Ich merke an der längeren Pause, dass ihr das Thema unangenehm erscheint, dennoch will ich es wissen. „Mein Liebesleben ja? Eigentlich wollte ich darüber erst reden, wenn wir uns länger kennen, aber wenn du darauf bestehst?" „Also, wenn es so schlimm für dich ist. Ich kann warten. Sprich mich irgendwann mal darauf an, wenn du, naja, bereit bist, oder so. Ich glaube, dass wir jetzt aber wieder zurück müssen. Außerdem habe ich nachher noch Klavierunterricht. Willst du mitkommen und mir zuhören? Wer weiß, vielleicht fängst du dann auch bald mit Klavier an?" Dann stehen wir beide langsam auf und gehen zurück zur Klinik. Auf dem Weg dorthin unterhalten wir uns noch über Mr. Andrews, doch das, was uns erwartet, als wir an der Klinik ankommen, ist schlimmer als so einiges, was ich durchgemacht habe.