K A P I T E L III

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PoV: Skylar

Mai ist schnell eingeschlafen nach unserem Gespräch. Ich jedoch liege auf meinem Bett und lasse den Tag für mich Revue passieren.
Ich bin jetzt hier und hier beginnt ein neuer Lebensabschnitt für mich. Morgen beginnt offiziell mein erster Tag und ich habe keinen blassen Schimmer, was mich erwarten wird. Es wird bestimmt nicht leicht werden für mich, das steht fest. Aber ich bin nicht allein, ich werde nicht allein sein. Ich habe Maiana, oder nicht? Sie wird mir bestimmt helfen, hoffentlich. Und selbst wenn, ich werde mir noch andere Freunde suchen und dann bin ich ganz sicher nicht allein. Außerdem weiß ich, dass ich mich selbst nicht verlassen werde.
Ich erwische mich selbst dabei, dass ich während meiner Gedanken die ganze Zeit über zu Mai geschaut habe. Ich beobachte sie dabei, einfach nur wie sie auf ihrem Bett liegt und schläft. Ich sehe wie sich ihr Brustkorb hebt und senkt. Was denke ich denn nur schon wieder?! Mai interessiert sich ganz bestimmt nicht für Frauen...

Ja richtig gelesen, ich bin lesbisch. Eigentlich sollte das keine große Sache sein, das Thema anzusprechen. Vor allem nicht im 21. Jahrhundert. Ich weiß, dass ich „anders" bin seit ungefähr 2 Jahren. Im Allgemeinen habe ich mich schon immer mehr für Mädchen interessiert als für Jungs. Klar, ich finde den ein oder anderen Typen auch ganz hot. Aber es ist einfach nicht dasselbe. Ich verliebe mich einfach nicht in sie.
Mit 14 Jahren hatte ich meine erste Beziehung mit einem Mädchen. Sie hieß Lena. Aber das ganze hielt nicht lange, da ihre Eltern strikt dagegen waren.
Ich verstehe einfach nicht, wie Eltern sich so gegen ihre Kinder stellen können. Normalerweise sollten Eltern doch diejenigen sein, die hinter ihren Kindern stehen. Egal wie sie aussehen, welche Hobbys sie haben oder welche Sexualität sie ausleben.
Deshalb bin ich froh, dass es bei meiner Mom und mir nie so war. Meiner Mom habe ich es als allererste erzählt und ihre Reaktion war mehr als Gold wert. Sie lächelte. Aber kein Ich-lächle-weil-ich-muss-Lächeln sondern es war mehr ein Ich-liebe-dich-und-unterstütze-dich-dabei-Lächeln. Dafür bin ich meiner Mom wirklich über alles dankbar.

Dennoch, ich werde es Mai irgendwann auch sagen müssen, wenn der richtige Zeitpunkt da ist. Aber jetzt ist es einfach noch zu früh. Ich kenne sie doch nicht einmal einen Tag. Ich lege mich auf die Seite und falle nach kurzer Zeit in einen traumlosen Schlaf - dachte ich zumindest.

Schweißgebadet und mit trockener Kehle wache ich mitten in der Nacht auf. „Ich bin da, ruhig, du hast schlecht geträumt." Maiana sitzt neben mir im Bett und streichelt sanft über meinen Arm. Ich richte mich auf und versuche zu sprechen. „K...kannst" Weiter komme ich nicht. Meine Kehle ist zu trocken zum Reden. Aber Mai versteht mich auch ohne Worte. Sie reicht mir etwas Wasser und ich bin ihr in diesem Moment mehr als dankbar. „Geht's?" Ein Nicken meinerseits. Sie geht hinüber in ihr Bett, doch jetzt fühle ich mich viel zu einsam. „Kannst du, also, wenn du willst. Könntest du bei mir im Bett schlafen? Bitte...Ich, ich habe Angst." Sie lächelt und kommt wieder zu mir. Sie nimmt die Decke hoch, legt sich neben mich und deckt uns beide zu. „Mach ich gern." Wir wenden uns einander zu und schon sind wir beide eingeschlafen.

Am nächsten morgen jedoch, liegt Mai nicht mehr da. Vermutlich ist sie beim Frühstück es ist nämlich - Oh verdammt es ist schon um 09.00 Uhr?! Ich sollte jetzt eigentlich im Unterricht sitzen. Ja, in dieser Klinik hat man Unterricht, da immer noch eine Schulpflicht herrscht.

Ohne großes Nachdenken, nehme ich meine Sachen und sprinte in die Dusche. Normalerweise ist es eine morgendliche Dusche von 40 Minuten; jetzt liege ich bei knappen 6 Minuten. Zurück im Zimmer zieh ich mir ein Shirt, eine Jeans und All Stars an. Schnappe mir meine Schultertasche und suche nun verzweifelt nach meinem Klassenraum. Nach nochmals 10 Minuten, komme ich völlig außer Atem am Klassenzimmer an und poltere durch die Tür. 11 Schüler starren mich still und leise an. Diese peinliche Stille, wenn man zu spät kommt. „Guten morgen Ms. Graves. Maiana hat mich informiert, dass es Ihnen in der Nacht nicht so gut ging. Ich hoffe, dass Sie schnell dem Unterricht folgen können. Suchen Sie sich doch nun einen Platz aus." Ich nicke und aus der letzte Reihe winkt mich Mai zu sich. Ich ergreife die Initiative, gehe auf direktem Wege zu ihr und setze mich neben sie.
„Du hast.....Danke. Aber wieso hast du mich nicht einfach geweckt?" Ich packe währenddessen meine Sachen auf den Tisch vor mir. „Nun ja ich halte mich kurz. Du hast wirklich schlecht geschlafen, was unschwer zu erkennen war und außerdem ist heute dein erster Tag. Ich dachte einfach, es wäre nicht fair dich aus deinem Schlaf zu reißen. Verstehst du?"
„Ja ich verstehe. Trotzdem, danke dir. Was haben wir jetzt eigentlich?" Wieder sehen ihre perfekt zu scheinenden Augenpaare in meine. „Wir sind gerade beim Sinus, Kosinus und Tangens eines Winkels. Mathe also. Und der Lehrer dort vorne ist Mr. Andrews."
„Okay, danke ... wieder Mal." Sie lacht leise und tritt mir unter dem Tisch auf meinen Fuß. „Und wozu war das jetzt bitte?", will ich wissen.
„Du solltest definitiv damit aufhören dich immer für alles zu bedanken. Ich weiß es ist nett von dir gemeint. Aber wenn das so weitergeht werde ich auch noch so." Jetzt lachen wir beide. Und ich denke, dass ich das erste Mal seit langem wieder jemanden gefunden habe, mit dem ich glücklich werden kann.

Skyana ➳ MailarWo Geschichten leben. Entdecke jetzt