Tagträumer - Wenn Fantasien entstehen

1.

Hier bin ich nun. Lasse mir die Haare in alle Richtungen wehen, spüre die Kälte auf meiner Haut und höre die Wellen an den scharfen Kanten der Klippe brechen. Aus der Ferne ertönen die Schreie der Möwen. Der Himmel hat sich gefährlich dunkel gefärbt, doch ich bleibe ruhig. Mein Herz ist frei, fliegt unaufhaltsam über das Meer.

Jemand tritt neben mich. Ich spüre die Wärme, die von diesem Körper ausgeht. Mein Blick schweift zur Seite und trifft auf die leuchtend blauen Augen von ihm. Jahrelang habe ich nichts als Kälte in ihnen gesehen, doch jetzt strahlen sie Liebe und Verständnis aus. Sachte legt er einen Arm um mich und in mir kommt das Gefühl der Geborgenheit hoch. Schwach lächle ich, während ich dem Ozean wieder meine Aufmerksamkeit schenke. Automatisch muss ich an all die schlimmen Worte denken. An diese Dinge, die mich zerrissen haben, mich innerlich bluten ließen. Beinahe wäre ich am Leben gescheitert. Durch ihn. Nichtsdestotrotz stehe ich nun hier an seiner Seite und bin glücklich.

„Ich liebe dich", flüstert er mir ins Ohr. Kaum hörbar, doch dennoch laut genug.

„Ich dich auch."

Meine Worte werden vom Wind weggetragen, in die ewige Unendlichkeit der Erdatmosphäre.

Ein letztes Mal atme ich tief durch, lasse den Schmerz aus meinen Körper entfleuchen und die Erinnerungen verblassen, denn ab heute will ich wieder leben.