Leanne und Aragorn schritten ein wenig abseits von den zwei andern über den moosigen Boden des Fangorn Waldes. An dieser Stelle muss wohl nicht erwähnt werden, dass ein gewisser Elb in Bruchtal alarmiert in Richtung Südosten blickte und sich um das Wohl des Mooses sorgte. Er konnte jedoch aus dieser Entfernung nichts tun, und deshalb verlief Leannes Geschichte weiter, ohne dass der Elb sich darin einmischte.
„Warum schaut Legolas immer zu uns?", fragte Leanne nach einer Weile des Schweigens. Aragorn zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung." „Sag ihm, er soll aufhören.", bat Leanne Aragorn. Dieser liess daraufhin einen tiefen Seufzer von sich hören und rief: „Leggy, guck nicht so!" Doch Legolas grinste ihm nur frech zu und flüsterte Gimli etwas zu. Aragorn schnaubte verärgert.
„Wie lange dauert es noch, bis wir im Düsterwald sind?", fragte Leanne, um das Thema zu wechseln. „Noch ein Zeitchen." Leanne seufzte erschöpft. „Können wir nicht eine Weile hier bleiben, es ist so schön hier.", schlug sie vor, doch Aragorn erwiderte: „Der Wald von Fangorn ist unberechenbar. Wir sollten nicht zu lange hier bleiben." „Aber für eine Weile wird es doch sicher ganz ungefährlich sein, nicht wahr?", meinte Leanne. Sie war stehengeblieben, hatte den Kopf leicht schief gelegt und zwinkerte Aragorn zu. Aragorn warf einen kurzen Blick über seine Schulter zu Legolas und Gimli, die frisch und fröhlich daher wanderten und dabei vergnügt Lieder aus dem Zeitalter der Sterne summten. Als sich Aragorn vergewissert hatte, dass sie nicht hinsahen, griff er Leanne bei der Hand und zog sie hinter den dicken Stamm eines alten Baumes. Leanne wollte schon erschrocken aufschreien, wie sie es für gewöhnlich zu tun pflegte, doch Aragorn sah dies schon kommen und legte ihr schnell die Hand auf den Mund. Einen Moment lang blickte er sie mit einem unergründlichen Blick an, dann nahm er seine Hand von ihrem Mund, beugte sich vor und küsste sie.
***
„Warte einen Moment. Wo sind Aragorn und Leanne?", fragte Legolas. Er verlangsamte seine Schritte und drehte sich suchend in alle Richtungen um. „Vielleicht haben sie eine nette Höhle oder einen sichtverdeckenden Busch gefunden.", mutmasste Gimli ohne grosses Interesse und ging weiter. „Nein, warte!", sagte Legolas erneut und hielt den Zwerg an der Schulter fest. „Vielleicht haben wir uns verlaufen – oder sie haben sich verlaufen.", überlegte Legolas. „Ich tippe auf Letzteres. Auch wenn ich am ehesten immer noch meine Theorie vertrete.", brummte Gimli.
„Meinst du wirklich...sie würden hier im Wald...und uns lassen sie einfach weitergehen?", fragte Legolas. Seine Zweifel waren deutlich am Klang seiner Stimme herauszuhören. „Aber sicher.", gab Gimli zurück, „Wollen wir wetten?" Legolas verdrehte die Augen. „Ach komm, Spitzohr. Du hast doch nur Angst, dein gewonnenes Geld wieder zu verlieren. 10 Goldstücke darauf, dass sie irgendwo ein lauschiges Plätzchen gefunden haben und sich jetzt dort die Zeit vertreiben.", drängte Gimli weiter. Seufzend gab Legolas nach. „Okay...10 Goldstücke dagegen." Sie schlugen ein und Gimlis Augen blitzten freudig auf, denn diesmal war er sich sicher, dass er die Wette gewinnen würde.
„Aber lass uns wenigstens hier warten, bis sie nachkommen oder uns finden, und wenn sie nicht bei Einbruch der Dunkelheit hier sind, dann gehen wir sie suchen.", sagte Legolas. Gimli nickte und liess sich mit einem Ächzen auf einem flachen, mit Moos bewachsenen Felsen nieder.
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Tausende Meilen entfernt schreckte abermals der braunhaarige Elb namens Lindir auf. Wieder hatte er das Moos aus der Ferne kreischen hören. Vor lauter Empörung liefen seine spitzen Ohren rot an und er lief schnurstracks zu Herrn Elrond. Dieser sass gerade mit anderen wichtigen Elben zusammen und sprach weise Dinge, von denen Lindir viel hielt, sie aber nicht recht verstand.
„Herr Elrond!", rief er aufgebracht, ohne darauf zu achten, dass Herr Elrond nicht gerne gestört wurde, wenn er einen weisen Rat erteilte. Als dieser seinen Namen vernahm, sah er auf und runzelte die Augenbrauen, als er den aufgewühlten Lindir erblickte. „Entschuldigt mich.", sprach er an die anderen Elben gewandt und erhob sich. „Was verleitet mir die Ehre, während einer so wichtigen Ratsbesprechung von dir unterbrochen zu werden?", fragte er Lindir skeptisch. Lindir schluckte. Mit einem Mal war ihm bewusst geworden, dass es vielleicht doch keine so gute Idee gewesen war, Herrn Elrond zu stören. „Ich – also, ich...ich hab das Moos kreischen hören.", berichtete er verzweifelt und entzürnt zugleich. Elrond hob eine Augenbraue. „Du – du hast das Moos kreischen gehört.", wiederholte er langsam. Lindir nickte eifrig. „Okay...ehm...ja, das müssen wir natürlich – ändern.", sagte Elrond langezogen. „Sehr gut. Wir sollten sogleich beginnen, ein paar Gesetze zu verfassen. Die müssen natürlich publiziert werden, schliesslich betrifft es das Moos in ganz Mittelerde...", begann Lindir, doch er wurde von Elrond unterbrochen. „Nicht jetzt, Lindir. Ich bin gerade mitten in einer Ratsversammlung. Ich werde dich aufsuchen, sobald ich Zeit dazu finde. Habe ein wenig Geduld.", sagte Elrond mit ruhiger, aber bestimmter Stimme. Lindir lief rot an und stotterte: „Natürlich, Herr Elrond. Natürlich." Dann ging er eilig davon, um in seinem Gemach ein paar erste Ideen zu Papier zu bringen.
***
Die Sonne war fast schon gänzlich untergegangen und Gimli lief unruhig auf und ab, während Legolas entspannt auf einem Ast in einem Baum sass. „Komm jetzt endlich runter, sie werden nicht mehr kommen. Wir müssen sie suchen.", sagte Gimli mürrisch und sah zu dem Elben hoch, der die Augen geschlossen hatte und die Hände im Schoss gefaltet. „Gleich.", gab Legolas zurück. Gimli atmete hörbar aus und liess sich auf den Boden plumpsen. „Ich kann sie hören. Sie kommen in unsere Richtung.", sagte Legolas. Er hatte die Augen nun geöffnet und den Kopf in die Richtung gedreht, aus der er die Stimmen vernahm. Gimli jedoch hörte nichts. Oder wollte es nicht hören, weil der Elb sonst recht gehabt hätte. Doch kurze Zeit darauf, war Leannes Stimme unüberhörbar und Gimli konnte nicht mehr so tun, als höre er nichts. „Okay, gut. Aber die Wette hast du deswegen noch nicht gewonnen!", sagte er grimmig an Legolas gewandt, als Leanne und Aragorn einige Schritte entfernt zwischen den Bäumen auftauchten. „Ich weiss. Das hab ich auch nicht behauptet.", gab Legolas zurück, sprang elegant vom Baum herunter und landete leichtfüssig auf dem waldigen Boden. Gerade als er den Mund aufmachen wollte, um die beiden Verliebten zu fragen, wo sie denn gewesen seien, trat Gimli vor ihn und fragte laut: „Und? Habt ihr ein gemütliches Plätzchen gefunden um..." Doch Legolas unterbrach ihn, indem er Gimli die Hand vor den Mund hielt und höflich fragte: „Wo seid ihr denn gewesen, wenn ich fragen darf?"
Leanne warf Aragorn einen skeptischen Blick zu. Aragorn jedoch sah zweifelnd zu Legolas, dann zu Gimli, und dann wieder zu Legolas. „Ihr habt nicht schon wieder gewettet, oder?", fragte er. Legolas' spitze Ohren liefen rosa an, doch er sagte nichts. „Was denn sonst? Ich will mein gestohlenes Geld zurück!", rief Gimli empört. „Es war nicht gestohlen, du hast es verloren.", widersprach ihm Legolas.
Und während die beiden sich stritten, tauschten Aragorn und Leanne einen sie-sind-hoffnungslose-Fälle-Blick aus. „Okay...wir gehen dann mal weiter und suchen einen geeigneten Rastplatz.", bemerkte Aragorn und wollte schon weitergehen, als Legolas und Gimli endlich aufhörten zu diskutieren und Gimli ihn am Handgelenk festhielt. „Wo wart ihr?", fragte er und sah Aragorn forschend an. Aragorn verdrehte seufzend die Augen. „Wir haben eine wundersame Wiese gefunden, wo noch wundersamere Pflanzen wuchsen, die ich bisher nur von Büchern kannte. Da musste ich natürliche in paar einpacken und ich habe Leanne erklärt, wie man von ihnen Gebrauch machen kann.", erklärte er. Natürlich erzählte er nicht ganz alles, aber das wollte er auch nicht. „Und – und ihr habt nichts anderes getrieben?", fragte Gimli ungläubig und skeptisch zugleich. Aragorn schüttelte den Kopf. „Sicher nicht?" „Nein." „Ich fass es nicht!", rief Gimli aus und stampfte mit dem Fuss auf den Boden. Legolas lachte leise im Hintergrund. „Das macht 10 Goldstücke.", erinnerte er den Zwerg und streckte die Hand aus. „Das nächste Mal gewinne ich!", rief Gimli wütend, drückte dem Elben seinen Gewinn in die Hand und stampfte wütend davon. „Ich suche ein Nachtlager!", rief er noch, dann war er im Dunkel des Waldes verschwunden. Legolas sah ihm grinsend hinterher, während Aragorn und Leanne sich verstohlen anschauten. Leanne biss sich auf die Unterlippe und musste sich bemühen, ihr Grinsen zu verbergen. Schliesslich wollte sie nicht, dass Legolas auf die ganze Wahrheit kam. „Dieser Zwerg hat einfach kein Gespür für Wetten.", meinte Legolas kopfschüttelnd und folgte ihm. Aragorn und Leanne blieben noch kurz stehen, kicherten leise und gingen dann ebenfalls, Hand in Hand, dem Elben und dem Zwergen hinterher.
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Kurzgeschichten aus Mittelerde
FanfictionNach längerer Zeit dachte ich mal, ich könnte wieder anfangen zu schreiben...und ich hab ein paar Kurzgeschichten geschrieben, die in Mittelerde spielen und teilweise auch zusammenhängen. Ich habe in allen Kurzgeschichten Personen aus meinem Freunde...