Kapitel 2

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Am nächsten Morgen stand ich gutgelaunt auf, aber ich wusste noch nicht, dass der schöne Morgen bald nicht mehr schön sein wird. Wie so oft ging ich nach draußen um nach meinem Garten zu schauen. Hier blühten rote, weiße und blaue Rosen, Veilchen, Tulpen und Nelken. Dies war mein Reich. Ich kannte jede einzelne Pflanze. Denn jede von ihnen kannte ich schon von der Knospe an. Ein Lächeln umspielte meinen Mund und ein innerer Frieden kam zu mir. Zärtlich strich ich eine der Rosen die Blätter. An diesem Ort war alles so idyllisch, dass ich am liebsten hier ewig sein wollte. Einige Vögel zwitscherten. Der Wind strich sachte an den Blättern vorbei. Als ich aufstehen wollte um nach Hause zurückzukehren erkannte ich, dass am Boden etwas glitzerte. Verwundert starrte ich darauf, als ich dann danach griff. Es lag behutsam und warm auf meiner Handfläche. Es sah wie ein Kettenanhänger aus. Nur war dieser kostbarer als ich bisher kannte. Sofort blickte ich mich in allen Richtungen um und suchte den Boden nach Spuren ab. Aber es waren nur meine eigenen Fußspuren auf dem Boden. Aber wie kam die Kette hierher? Ich betrachtete die Kette nun ausgiebiger. Es war rund, nein nicht unbedingt rund. Ein Drache, der schlängelte sich um einen Stein. Ich konnte nicht sagen was das für ein Stein war, aber er war bestimmt wertvoll. Dieser Stein war so grün wie eine Wiese, der Drache so rot wie Blut und seine Augen glühten gelb, so wie die Sonne. Er hielt den grünen Stein fest in seinen Krallen, als wolle er ihn beschützen. Der Stein war ein Teil von ihm. Verwirrt schüttelte ich meinen Kopf. Wie kommt so eine wertvolle Kette in meinen Garten? Und es gibt nicht einmal Spuren! Wo kommt sie her? Ich betrachtete die Stelle dort wo ich ihn gefunden habe, genau. Er war genau unter meinem Lieblingsstrauch von Rosen. Denn ihn hatte ich als erstes bekommen für meinen Garten. Einige von den Rosen waren rot doch es gab ein paar wenige die gelb waren. Ich berührte die Erdoberfläche und genau dort, wo die Kette lag, war es heiß. Sofort zog ich meine Hand zurück. Es fühlte sich so an, als hätte dort an dieser Stelle ein Feuer stattgefunden. Doch es gab keine Asche oder verbrannte Erde. Außerdem musste dann der Strauch verbrannt sein, aber er blüht einfach weiter, als gebe es kein Ende. Nun stellte sich noch eine andere Frage: „Sollte ich die Kette ins Fundbüro bringen oder eine Anzeige beantragen, damit der Besitzer sein Eigentum bekommt? Oder soll ich sie behalten, da ich sie auf meinem Grund und Boden gefunden habe? Ich entschied mich, dass ich meine Eltern um Rat fragen sollte." Ich stand also auf und wollte gehen. Doch mit dem ersten Schritt wurde es mir um die Augen dunkel und schwarz. Der Kettenanhänger fing plötzlich mit leuchten an. Der Drache wurde lebendig und streckte seine Flügel aus, als er brüllte. Der grüne Stein in seinen Klauen wurde dunkelgrün und vernahm das Rufen seines Beschützers. Doch von alledem bekam ich nichts mit, denn ich lag schon ohnmächtig auf dem Boden, als der Drache größer wurde. In seiner rechten Klaue hielt er den grünen Stein, mit der linken Klaue hob er mich hoch und brachte mich fort.

Als ich meine Augen öffnete befand ich mich an einem anderen Ort. Die Kette ist wieder erstarrt und ruhte in meiner Hand. Sachte berührte ich meinen Kopf um sicher zu stellen ob mit mir alles stimmte. Denn mein Kopf brummte und meine Augen nahmen alles nur verschwommen war. „Ganz ruhig, Michell. Anscheinend hast du dir den Kopf angeschlagen, als du gestolpert bist. Zwar weißt du nicht worüber aber es ist wenigstens eine logische Erklärung warum du auf dem Boden lagst," sprach ich zu mir selbst um mich somit zu beruhigen. Es half mir ein wenig. Als meine Augen endlich wieder klar sehen konnten flog meine logische Erklärung davon. Mein Körper befand sich in einem Wald! Und nicht in einem Garten, so wie es sein sollte. Wut und Panik vermischte sich in mir zusammen. „Verdammt noch mal! Was soll der Quatsch? Wieso hast du mich wieder von meinem Ort gerissen? Zuerst auf der Wiese und nun von meinem Garten! Was habe ich dir getan, dass du mir so etwas antust?" schrie ich in allen Richtungen. Vögel, die meine Schreie vernahmen, erhoben sich und flogen in den Himmel. Tränen der Verzweiflung bedeckten den Moosboden. „Wieso gerade ich?" vertraute ich dem Wald an. Mein Körper sackte zusammen. Das Moos fing mich auf und schlang sich wie eine zweite Haut an meinen Körper. Anscheinend bin ich eingenickt, denn als ich meine Augen aufschlug war es finster, kalt und dunkel. Es war richtig gespenstisch hier und das gefiel mir ganz und gar nicht. Ich versuchte aufzustehen, doch mein Körper war eiskalt. Sofort schlang ich die Arme um mich um mich somit ein bisschen zu wärmen. Mein Atem gab weiße Nebelschwaden von sich. Alles zitterte an mir. Schnell rubbelte ich meinen Körper warm, damit die Lebensgeister erwachen konnten. Es half immerhin ein bisschen und das beruhigte mich. Denn das heißt, ich würde hier nicht erfrieren, wenn ich so weitermache. Meine Finger berührten kurz die Kette, die auf dem Boden lag. Ein Schrei vor Entsetzen drang durch meine Kehle. Das kann doch nicht sein! Voller Staunen berührte ich es schon wieder. Die Kette war warm!! Warm! Wie kann das sein?! Der Drache glühte förmlich und drang mit seiner Wärme durch meinen ganzen Körper. Sicherheit trat in mir auf und ich fühlte die pulsierende Wärme durch meine Adern fließen. Auf einmal spürte ich die Stärke des Drachen, obwohl dies nicht möglich sein konnte. Plötzlich schreckte ich zurück. Zwar hielten meine Hände die Kette immer noch fest, doch etwas ganz Bestimmtes stimmte hier nicht. Es fühlte sich so an, als hätte mich jemand in die Arme genommen um mich somit zu wärmen. Es war eine beruhigende Wärme, die auf mich zuströmte. Doch etwas in mir sagte mir, ich solle mich hüten, denn es kann gefährlich für mich werden, wenn ich diesem Gefühl vertraue. Aber diese kleine Stimme wurde immer leiser und schwächer, bis sie vom wolligen Gefühl umhüllt und zum Schweigen gebracht wurde. Mein Gesicht färbte sich rot, denn keiner war mir so nahe gewesen, wie dieser warme Körper. Schläfrig schloss ich meine Augen und vertraute diesem Gefühl. „Danke," flüsterte ich, als ich in die Welt der Träume versank mit einem Lächeln. „Du brauchst dich nicht zu bedanken, dass ich mit Vergnügen getan habe. Schlaf schön und träume was süßes, Michell," sprach er, der mich hierhergebracht hat. Seine Worte aber vernahm ich nicht mehr. Denn es war genau derselbe, der mich zum ersten Mal von der Wiese zu sich gebracht hat.

Kein Alptraum kam zu mir. Zum ersten Mal hatte ich so tief geschlafen, dass ich nichts von meiner Umwelt wahrnahm. Meine Seele fühlte sich zu sicher, dass sie sich nicht stören lassen würde. Irgendetwas hat dieses Wesen mit meiner Seele angestellt, denn auf einmal fühlt sie sich frei und unbesiegbar. Er hat sie berührt mit oder ohne sein Wissen.


Die ErweckungWhere stories live. Discover now