almost home

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Der Wind bläst mir um die Ohren und zerstört meine, von Anfang an nicht perfekte Frisur.

Ich bin auf dem Weg zum Strand, wo ich jetzt zum Training erscheinen muss. Meine Motivation befindet sich nicht auf dem Tiefpunkt, wo sie heute Morgen war, ich kann mir allerdings trotzdem um die 100 Sachen vorstellen, die ich jetzt lieber machen würde, als mich mit dieser Gruppe von Irren auseinanderzusetzen. Über glühende Kohlen laufen zum Beispiel.

Am Strand warten schon alle in ihren Neoprenanzügen und mit ihren Boards unter dem Arm darauf, dass es endlich losgeht.

"Willkommen zum ersten Training auf den Boards" begrüßt Simon uns gut gelaunt. "Ihr werdet jetzt nacheinander 15 Minuten Zeit im Wasser haben, in denen ihr euer Können zeigen sollt. Danach werden die anderen positives Feedback  geben und, wenn möglich, auch konstruktive Kritik äußern. So könnt ihr euch untereinander besser einschätzen."

Simon strahlt, als hätte er gerade erfahren, dass er eine Millionen gewonnen hat. Haymitch dagegen sitzt  auf einem kleinen Klappstuhl mit einer Zeitung in der Hand und schaut, als hätte er seine Millionen gerade an Simon verloren. 
Seit ich hier bin habe ich noch nie einen anderen Ausdruck auf seinem Gesicht gesehen, was mich irgendwie wütend macht, schließlich ist er ja freiwillig hier. Irgendwie. Ich weiß nicht, was man als ehemals erfolgreicher Surfer, dessen Karriere endgültig zu ende ist, noch für Perspektiven hat, aber da wird es schon Optionen geben. 

Mein Grandpa war auch ein professioneller Surfer. Allerdings hatte er, nachdem er seine erfolgreiche Karriere beendete, so viel Geld, dass er sich in einem Haus am Strand niedergelassen hat und den ganzen Tag nur noch Kaffee trank und auf das Meer schaute. Es sei nichts entspannender als das, hatte er immer gesagt.

Abigail ist als Erste an der Reihe. Wie bereits erwartet, hat sie eine perfekte Technik. Es wirkt so, als hätte sie Jahre damit verbracht, jede Bewegung genauso auszuführen, wie sie in den Lehrbüchern beschrieben ist. Allerdings wirkt das ganze auch sehr verkrampft und sie ist einfach nicht locker genug auf dem Brett. Meiner Meinung nach, muss man es fühlen und Spaß daran haben.

Aber ich sage bei der Auswertung nichts und höre mir nur an, wie alle anderen, einschließlich Simon, ihre Technik loben. Es gibt um die zehn Dinge die ich kritisieren könnte, will mich aber nicht weiter damit auseinandersetzen.

Auch Haymitch scheint nur zur Dekoration anwesend zu sein, da er nur für ungefähr fünf Sekunden von seiner Zeitung aufsieht, um dann nur mit einem kurzen Grunzen auf die Bewertung der anderen reagiert.

 Als nächstes ist Markus an der Reihe, nach ihm Petra. Ich verliere aber schnell das Interesse, nachdem ich feststelle, dass beide eher mittelmäßig sind. Ich verzichte also darauf, meinen Blick angestrengt auf den Ozean zu richten, lehne mich gegen mein Board und und schaue in den Sand.
Dabei denke ich mal wieder daran, wie gerne ich jetzt woanders wäre.

Fertig mit dem Selbstmitleid blicke ich nach oben und stelle fest, dass Haymitch mich emotionslos beobachtet. Ich ignoriere es gekonnt und schaue Petra an, während sie, wie immer strahlen, aus dem Wasser kommt-

Auch sie wird hauptsächlich gelobt und es wurde nur wenig Kritik geäußert.

Bevor ich dann letztendlich aufgrund von Langeweile sterben muss, bin ich dann doch an der Reihe. 

Auf dem Board fühle ich mich endlich wieder wohl. Ich liebe das Surfen, es erfüllt mich. Ich gleite auf dem Wasser, streife mit meinen Fingerspitzen die Welle und schmecke den wunderbar salzigen Geschmack des Wassers auf meinen Lippen. Mein Kopf ist komplett frei von allen Problemen und ich genieße nur den Augenblick. Es ist fast so, als wäre ich zu Hause.

Allerdings ist die Zeit viel zu schnell vorbei und ich höre die Hupe von Simon, die mir sagt, dass meine Zeit vorbei ist und ich wieder an den Strand muss.

"Super Lexie, sehr schön!" ruft mir Simon zu und klatscht dabei in die Hände. Ich lächel nur kurz, lege mein Board ab und richte mir die nassen Haare. In Abigail schaut mich nur abschätzend an, während die anderen hauptsächlich positive Kommentare abgeben. Ich höre ihnen allerdings nicht zu, da es mich nicht wirklich interessiert was sie sagen. Nicht weil ich arrogant bin, sondern einfach, weil ich selber am besten weiß, was ich besser machen muss.

Nach mir ist Dean an der Reihe, der überraschender Weise wirklich gut surft. Er hat diese Leichtigkeit auf dem Board, die ich bei Surfern schon immer bewundere. 

Nick ist eher mittelmäßig. Spontan hätte ich gesagt, dass er der Schlechteste hier ist. Aber das kann man nach einmal Surfen natürlich nicht sagen, abgesehen davon ist es mir auch egal.

Ich bin nur froh, dass dieses nervige Training nach zwei Stunden endlich vorbei ist. Allerdings kann ich selbst jetzt nicht machen was ich will, da ich noch an dieser dämlichen Aufgabe in der Stadt teilnehmen muss, für die ich mich jetzt noch nicht genug interessiert habe, um zu erfragen, was genau wir eigentlich machen sollen. 

Ich folge den anderen langsam wieder in Richtung Haus und schaue dabei sehnsüchtig auf den Weg zur Straße, die mich nach Hause führen würde.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 20, 2017 ⏰

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