Kapitel 3

37 2 2
                                    

Ich zog mal wieder die Augenbrauen zusammen und versuchte krampfhaft den Straßenverkehr vor mir im Auge zu behalten. Das war nur leider nicht ganz so leicht, wenn ein verrücktes Fan Girl neben mir lauthals zu den Liedern von One Direction mitsang. Und dann sang sie auch noch so schief mit, dass ich Angst hatte direkt hier am Steuer an einem Tinnitus zu sterben.

„Oh mein Gott! Sei leise, sei leise. Jetzt kommt mein Lieblingspart von Harry.", schrie eine hysterische Christin in mein schon leicht beschädigtes Ohr.

„Du bist doch diejenige, die die ganze Zeit mitsingt. Ich habe bisher kaum einen Mucks von mir gegeben.", meinte ich etwas giftig.

Sie jedoch blickte mich böse an, da ich etwas gesagt hatte und hielt meinen rechten Arm fest. Ihr Glück, dass wir im Moment auf der Autobahn fuhren und ich nicht kuppeln musste, sondern bei dem wenigen Verkehr einfach primitiv mit schnellem Tempo geradeaus fahren konnte. 

Richtung Berlin waren viel zu viele Baustellen, die mich an meine Grenzen brachten. Ich liebte es Auto zu fahren, aber diese engen Baustellen, in denen auch noch fette LKWs neben einem fuhren, bei denen man Angst haben musste, dass die nicht plötzlich rüber zogen, ließ mir meinen Atem stocken. Christin sang immer noch unbekümmert bei ihren Lieblingsliedern mit, in dem Fall also alle Lieder und damit meine ich wirklich alle Lieder von One Direction. Je näher wir Berlin kamen, desto mehr stieg auch meine Stimmung auf das Konzert. Ich mochte die Lieder wirklich und diese dann auch noch Live zu hören war natürlich ein goldenes Los. Das Einzige, was mir Sorgen bereitete waren diese ganzen kreischenden Fan Girls, die mich vermutlich zerquetschen würden. Wie ich nämlich, kurz bevor wir losfuhren, von Christin erfuhr, hatte sie Stehplatz-Tickets ergattern können. Das hieß also für mich: Rennen. Ich hasste es zu rennen. Meine Ausdauer war gleich null und Sport ohne Aufwärmung machte mich innerhalb weniger Sekunden kaputt. Wir fuhren knappe drei Stunden, machten dabei eine kleine Pipipause, und standen nun endlich vor der Mercedes Benz Arena.

Ich schaute an der Fassade hoch und wollte gar nicht wissen, wie laut es in dieser Arena wohl werden würde. Kopfschüttelnd schaute ich Christin an, die mich nur wie ein psychopathischer Serienkiller angrinste. Ich musste mir unbedingt normale Freunde suchen, dachte ich mir.

„Aua!", schrie ich kurz auf, als Christin mir ihren Ellenbogen in die Rippen rammte.

„Wofür war das denn?".

„Dafür, dass du mich nicht als normale Freundin bezeichnest. Blöde Kuh!", sagte sie in einem sarkastisch, angegifteten Ton.

Ich zog meine Augenbrauen nach oben und lächelte sie entschuldigend an. Da war mein vorlautes Mundwerk mal wieder schneller als meine Gedanken.

Vor der Arena standen schon hunderte, nein eher tausende von singenden und kreischenden Fan Girls.

„One D.

One D.

One D.

One D. ...."

Ich war hier definitiv fehl am Platz. Christin aber schnappte sich meinen Arm und zog mich in die Schlange. Man konnte dieses Konstrukt einer eigentlichen Warteschlange noch nicht einmal Schlange nennen, da alle Mädels einfach nur in einem Pulk zusammengequetscht vor dem Eingang standen. Und dann zog Christin mich auch noch mitten da rein. Innerlich heulte ich, weil ich solche großen Menschenmassen abgrundtief hasste, aber wie gesagt, was machte man nicht alles für die beste Freundin, die wie eine Schwester für einen war. Also machte ich mit und stand nun zwischen schon halb am kollabierenden Fan Girls. Das konnte ja was werden, dachte ich mir.

Knappe vier Stunden später, in denen ich zwischenzeitlich auf das wohl ekligste Dixi-Klo meines Lebens gegangen bin und für Christin und mich noch eine Wasserflasche und jeweils eine Brezel besorgt habe, begann endlich der Einlass. Das Sicherheitspersonal schaute sich unsere Karten an, tat einen kurzen Blick in unsere Taschen und schon ging das Gerenne los. Christin rannte um ihr Leben, damit sie so weit wie möglich vorne stehen konnte. Ich machte nach der Hälfte der Strecke schlapp und sah schon andere Mädels an mir vorbeirennen in Richtung Bühne. Als ich dann schnaufend, komplett außer Atem bei Christin ankam, konnte ich es nicht fassen. Die Arena war riesengroß und die Bühne war viel zu übertrieben für eine vierköpfige Band. Auch wenn noch vier oder fünf Leute an den Instrumenten standen, war diese Bühne einfach zu überzogen.

„Wird das hier alles voll?", fragte ich an Christin gewandt.

„Natürlich, Dummerchen! Das Konzert ist komplett ausverkauft. Es war echt Glück, dass ich noch die Karten bekommen habe.", schüttelte sie lachend den Kopf.

Ach herrje, das konnte ja was werden.

Zwei viel zu lange Stunden später waren dann endlich alle Menschen in der Arena und es war jetzt schon laut, viel zu laut. Ich wollte gar nicht wissen was passierte, wenn die vier Jungs auf die Bühne kamen. Nun dauerte es noch mindestens dreißig Minuten bis One Direction mit ihrer Show begannen und schon jetzt kippten reihenweise Mädels um. Ich konnte nicht nachvollziehen, warum man bei seinem Idol umkippte oder total dolle anfing zu weinen. Es ist doch eine schöne und dankbare Sache, denjenigen zu sehen, dann sollte man sich echt mal zusammenreißen, um das Konzert auch genießen zu können und nicht am Ende das Geld verschwendete, da man sein Idol wegen seiner eigenen viel zu großen Aufregung dann doch nicht sehen konnte.

MomentsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt