Auf meine Weg zur Bushaltestelle schweiften meine Gedanken ab. Ich dachte an meine alte Heimat und all die Menschen, die ich zurücklassen musste. Obwohl Freiburg eine wirklich schöne Stadt war fühlte ich mich hier einfach nicht wohl. Wahrscheinlich kam das daher, das ich keine wirklich schönen Erinnerungen und Erfahrungen mit dieser Stadt verband. Schon wenn ich morgens aus meinem Fenster sah, waren das erste das ich erblickte die riesigen grauen Türme der Freiburger Universitäts-Kliniken, in denen ich mich in den letzten zwei Jahren eindeutig zu lange aufgehalten hatte.
Anfangs war es noch nicht so schlimm jede Woche von Stuttgart hierher zu fahren, doch als meine Behandlungen länger und aggressiver wurden sah mein Vater keine andere Möglichkeit mehr als mit mir umzuziehen.
Glücklicherweise arbeitet er in einer Firma, die sowohl in Stuttgart als auch in Freiburg vertreten war, sodass sein Chef ihn einfach von Freiburg aus arbeiten lassen konnte. Er hatte alles für mich gemacht nur, um in meiner Nähe zu sein. Doch, dass er seinen so geliebten Job aufgeben hätte müssen, das hätte ich niemals zugelassen.
Jedenfalls konnte er dann letztes Jahr im Januar mit den Wichtigsten unsere jetzige Wohnung beziehen. Das einzig positive an dieser Umstandssituation war, dass wir unser Haus in Stuttgart schon abbezahlt hatte und es somit behalten konnten bis alles wieder in Ordnung war.
Zwar wussten weder mein Dad noch ich wie unsere bzw. meine Zukunft aussehen würde jedoch wollte keiner von uns die Chance auf die alte Normalität aufgeben und alles was damit verbunden war aufgeben.
Der Vertag meines Vaters in Freiburg lief genau eineinhalb Jahre und war im Sommer nicht mehr gültig es sei denn er verlängerte ihn. Da es mir jedoch seit diesem Februar soweit wieder gut ging und ich nicht länger dauerhaft in Behandlung sein musste, konnten wir in dem Sommerferien wieder nach Stuttgart zurück ziehen.
So froh ich über meine Genesung als auch über den Rückzug in meine alte Heimat war, musste ich die letzten paar Monate noch hier zur Schule gehen.
Allein bei dem Gedanken an diese Schule wurde mir schon schlecht! Ich hasst es dort hinzugehen! Man sollte meinen die Gymnasien in Baden Württemberg seien alle ungefähr gleich, doch da täuschte man sich unheimlich! Ich ging gerade mal vier Monate regelmäßig in diese Schule und konnte trotzdem den kompletten Schulstoff den ich verpasst hatte schon auswendig, weil die hier alle so schwer von Begriff waren.
Gut auf meiner 'alten' Schule war ich immer eine sehr gute Schülerin gewesen, aber das war keine Entschuldigung für alle anderen so unglaublich dumm zu sein! Mein Ehrgeiz, während meiner Behandlungen trotzdem weiter zu lernen, um nicht wiederholen zu müssen, hatte sich also gelohnt. Und so war ich mittlerweile schon dabei den Stoff, den meine Kurse auf meiner Schule in Stuttgart durchnahmen, zu lernen.
Das hörte sich bestimmt total Streberhaft an, doch eigentlich war ich alles andere als fleißig. Ich würde es eher gelangweilt nennen, weil ich hier absolut keine Freunde und Beschäftigungen hatte. Und um nach dem Sommer wieder Zeit für meine Freunde und meine Hobbys zuhause zu haben anstatt zu lernen, sorgte ich eben vor...
Ich war anscheinend so sehr in meine Gedanken vertieft, dass ich die Zeit völlig vergessen hatte. Als ich nämlich auf meine kleine Armbanduhr sah war es schon fast viertel vor acht! Mist ich war so langsam gegangen, dass ich den ersten Bus, den ich normalerweise immer nahm, verpasst hatte. Jetzt musste ich zusehen dass ich den nächsten wenigsten rechtzeitig erreichte.
Ich beschleunigte meinen Schritt, doch als ich um die nächste Ecke hechtete sah ich wie der Bus schon fast an der Haltestelle war. Die letzten hundert Meter würde ich wohl rennen müssen, wenn ich noch rechtzeitig zum Klingeln an der Schule ankommen wollte.
So schnell ich konnte überwand ich die letzten Meter, die mich von dem haltenden Bus trennten. Der Busfahrer hatte anscheinen meine Sprinteinlage gesehen, denn er wartete freundlicherweise auf mich. Beim Einsteigen versuchte ich ihm mit einem Lächeln zu danken, doch ich war so auf der Puste, dass es wohl eher wie eine Grimasse aussah. Trotzdem verstand er meine Geste und nickte kurz bevor er losfuhr.
Nachdem ich mich ein wenig beruhigt hatte und wieder genug Luft bekam, schaute ich mich nach einem Sitzplatz um. Neben einer alten Dame war noch ein sitz frei. Ich beschloss sie zu fragen ob ich mich neben sie setzten durfte, doch gerade als ich zu sprechen beginnen wollte, wurde ich von einer männlichen Stimme unterbrochen.
"Ey, wie heißt du noch gleich?!", rief mir die Stimme entgegen doch ich konnte in dem langen Bus die dazugehörige Person noch nicht ausmachen. "Alter das is doch Mia! Die heiße Braut von deiner Schule von der du uns schon erzählt hast!", sagte eine zweite Männerstimme.
Als ich weiter nach hinten durch den Bus ging, sah ich ihm.. Zayn. Er war der mit Abstand abstoßendste Typ auf meiner Schule und ging auch noch in meine Klasse! Wie jemand wie er überhaupt auf irgendeine Schule gehen könnte war mir schon seit ich ihm das erste Mal begegnet war ein Rätsel!
"Heiße Braut?! Bitte?! Die is doch nich mehr als ein One-Night-Stand! Ich mein die is viel zu brav und schlau, das sieht man doch!", antwortete er jetzt seinem Kumpel, der mit hm auf dem Rücksitz lungerte.
Genervt und etwas beleidigt wollte ich mich gerade wieder umdrehen und zu dem freien Sitz im vorderen Teil des Buses gehen, als er mich an der Schulter packte und mich am weggehen hinderte. Mit einem kräftigen Ruck befreite ich mich jedoch sofort aus seinem Griff und funkelte ihm böse an. Wenn er mich noch einmal anfasste würde ich so laut schreien, dass es jeder mitbekam.
"Oh shit! Guck mal wie die dich anschaut, Digga! An deiner Stelle würde ich nicht versuchen sie zu provozieren!" Weise Worte die sein Freund da von sich gab. Es wäre besser wenn Zayn mich in Frieden ließ. Doch er wäre nicht Zayn, wenn er mich nicht schon seit meinem Schulanfang ärgeren würde.
Aus irgendeinem Grund hatte er es auf mich abgesehen. Ich wusste nur nicht wieso, denn ich hatte nicht mal versucht mit ihm zu reden. Solchen Machos wie Zayn und seiner Gang ging man besser aus dem Weg wenn man nicht auf Schlägereien und das Ganze abfuhr.
"Was willst du Zayn?", fragte ich und hoffte er würde schnell den Spaß daran verlieren mit mir zu reden.
"Du bist aber ganz schön spät dran, Süße. Hab deine schwachen Sprint zum Bus gesehen. Da musst du aber noch an dir arbeiten, was?" So langsam wurde mir das echt zu blöd. Was interessierte ihn das denn wann ich zur Schule ging und wie dort hin kam? Der konnte mich mal!
"Hast dich heute ja ganz schön fein rausgeputzt. Etwa extra fürs Jahrbuch?! Dachte du verschwindest nächstes Jahr wieder, da kanns dir doch egal sein wie du aussiehst!" - "Und die kann das doch auch egal sein, oder?", konterte ich.
"Werd mal net gleich so zickig! Ich hab dir doch eigentlich ein Kompliment gemacht, Süße!" Er grinste so widerlich, das ich ihm nicht länger ins Gesicht schauen konnte.
Ich drehte mich um und ging wieder nach vorne. Aber ich konnte noch hören wie Zayns Freund ihm zu flüsterte:" Alter ich glaub die fährt voll auf dich ab!" Und wie Zayn daraufhin extra laut erwiderte:" Ich weiß, ich weiß. Die werd ich noch kriegen das versprech ich dir! Spätestens auf der Schulparty."
Wenn er sich da, mal nicht getäuscht hatte! Das ich nicht lache. Niemals würde ich mich auf Zayn einlassen! Sollte er in der Hölle schmoren wenn er merkte dass er nichts weite als ein dummer Sprücheklopfer war!
Wütend ließ ich mich auf den nächstbesten freien Sitz fallen und dachte noch viel zu lagen über das Gespräch von eben nach. Nach fünf weiteren Minuten Fahrt hielt der Bus schließlich vor meiner Schule und ich stieg aus. Zayn stieg zu meiner Überraschung jedoch nicht aus. Wahrscheinlich weil er noch eine Stunde frei hatte aber das konnte mir ja auch gut und gerne egal sein.
DU LIEST GERADE
You Make Me Strong
FanfictionMia hat schon einige Schicksalsschläge hinter sich und kann nur langsam mit ihrer Vergangenheit abschließen. Doch trotzdem findet sie jeden Tag die Kraft zur Schule zu gehen, obwohl sie dort keine Freunde hat. Wie das Leben so verläuft trifft sie ei...