Wütend umklammerten meine Finger die Zeitung. Es stand schon wieder nicht da, die Presse berichtete von unseren Überfällen nicht zum ersten Mal, doch erneut fehlte er.
Mein Name.
Clyde Barrow und unbekannte Frau!
Clyde Barrow mit hübscher Blondine!
Clyde Barrow: zwingt er seine Frau dazu?
Es war nicht fair! Mein Beitrag zu den Überfällen war dem von Clyde ebenbürtig. Ich verdiente den selben Respekt! Ich verdiente die Nennung meines Namens.
"Sie haben ihn schon wieder nicht gedruckt", beschwerte ich mich gegenüber Clyde. Ich saß auf der Motorhaube des Fords, während er unruhig einen Schritt nach links machte, nur um wenige Bewegungen später wieder nach rechts zu schreiten. Mit Zigarette zwischen den Mundwinkeln blieb er nun stehen und grinste mich an.
"Sei doch froh drum?"
"Das bin ich nicht. Es sollte lauten: ein weiterer Überfall von Bonnie Parker und Clyde Barrow."
Clyde hatte verständnisvoll genickt und dann die Idee gehabt. "Schreib doch an die Zeitungen."
Er wusste um meine Vorliebe für Literatur und das Schreiben jener Bescheid. Nur gezeigt hatte ich ihm kein einziges Wort - mir gefiel nicht, dass er darüber hätte urteilen können.
Als ich ihm nicht antwortete, sprach er mir Mut zu.
"Du bist ein kluges Mädchen, Bonnie." Er lächelte, beugte sich zu mir vor und flüsterte: "Sie werden sich um jeden deiner Sätze reißen und wenn nicht", Clyde strich sanft über meine Schulter, "Dann zwingst du sie dazu." Er küsste ganz zärtlich meinen Hals, trat dann wieder von mir zurück und zog an der Zigarette.
Natürlich kam ich seinem Vorschlag nach. Wie dumm war ich gewesen, dass ich meinem Stolz mehr Bedeutung schenkte als meiner Anonymität?
Sie veröffentlichten meine Gedichte, meinen Namen und jeden Wortfetzen den ich zusagen hatte - am Anfang mit Revolver an ihren schwitzenden Köpfen, später weil es alle lesen wollte.
Die legendäre Romanze von Bonnie und Clyde brachte frischen Wind in die ein oder andere spröde Ehe.
Schade, dass es eine Lüge war.
Aber wer hätte schon gern über die blauen Flecken, die Wut oder die Beleidigungen gesprochen? Über die Manipulation, die Unterdrückung und das Drohen gelesen?
Nein, Clyde hatte mich nie zu den Raubzügen und Morden gezwungen. Aber genauso wenig hatte er mich gehindert - das Beste für mich gewollt.
Stattdessen war es meine Aufgabe neben ihm zu stehen, ihm Rückendeckung zu geben.
Von Beginn an, bis zum letzten Schuss.
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Bonnie liebte - Clyde nicht
Short Story"Es ist viel Liebe im Spiel nötig gewesen um ihn so zu hassen, wie ich es tue." Über Bonnie, die Clyde liebte. Über Clyde, der nicht liebte. Über das was davon übrig blieb, als 167 Kugeln in den Ford V8 schlugen.