and suddenly it was over

illusion

einige Wochen später

Es ist ein kalter und düsterer Tag und passt zu der Stimmung der versammelten Menge. Alles scheint herzlos und sinnlos. Es regnet.

Es ist kein Sommerregen, in den man sich stellt, in den Himmel blickt und sich dreht, die erfrischenden Tropfen genießend. Es ist kein Regen, den man nicht beachtet und einfach weiterläuft. Es ist kein Regen, den man verflucht, weil man den Spaziergang sausen lassen muss. Nein. Es ist ein kalter, starker Regen. Den man verabscheut, dem man aus dem Weg geht, als ob er einen verbrennt. Verbrennt. So ist sie gestorben. So wurde sie ermordet. Jessica Morgs war erst 16 Jahre alt, in der 10. Klasse, als man ihr ins linke Bein schoss und ihr ein mit Benzin getränktes Tuch in den Mund steckte, das sie in Flammen setzte.

Es gäbe vieles, an was man sich bei dem Namen Jessica Morgs erinnern könnte. Zum Beispiel ihr hallendes Lachen. Ihre Attraktivität. Ihre schöne Stimme und ihre zahlreichen Erfolge in Singwettbewerben. Gute Noten und eine sauberere Schulakte. Ihr ehrenamtliches Engagement. Doch wie die Natur der Menschen es vorsieht, wird ihr Name mit dem traurigen Unglück verbunden werden. Das junge ermordete Mädchen, dessen Mörder die Polizei zu fassen vermag. Das Leben ist eine Bühne und die Menschen spielen ihre Rollen. Ihre ist die einer Ermordeten.

Fast die gesamte Stadt steht um das Grab des liebenswerten Mädchens versammelt. In der ersten Reihe sitzt mit gesenktem Kopf weinend Merinda Morgs - Jessys Mutter. In der letzten Woche ist sie mehrmals umgekippt, hatte Nervenzusammenbrüche und ist mindestens um 10 Jahre gealtert. Die Trauer ist ihr nicht nur von ihren Augen ablesbar. Links von ihr sieht man Thomas Morgs, der Vater von Jessy. Er sieht ernst und verschlossen aus und hält seine Hände fest mit denen seiner Frau verschränkt. In der letzten Woche ist er genau ein Mal zusammengebrochen, hat sich genau ein Mal bis zur Bewusstlosigkeit betrunken und hat sich von allen Gefühlen abgeschirmt. Er ist jetzt nur noch drauf aus den Mörder seiner geliebten Tochter zu finden. Auf den übrigen Plätzen der ersten Reihe sitzt die restliche Familie, auch Jessicas Geschwister Stefan und Christina, alle unter Tränen. Die restlichen Reihen sind besetzt von der besten Freundin Josy, von den Mitschülern, Klassenkameraden der Grundschule, Freunden, Nachbarn, Arbeitskollegen, und einfach Menschen, die das Unglück nicht fassen können.

Der Regen ist ein Trauerregen.