Völlig perplex starrte Riku seinem Kumpel hinterher. Er wollte ihm hinterher rennen, ihn festhalten und nie wieder gehen lassen, doch seine Füße wollten sich keinen Zentimeter von der Stelle bewegen.
Er spürte, wie die Tränen langsam seine Augen füllten und konnte nichts dagegen tun, so sehr er es auch wollte. Wann war es überhaupt so weit gekommen, dass er jetzt wegen seinem besten Freund weinte? Schnell wischte er sich mit dem Ärmel seines Pullis über die Wange, als er die Nässe auf seinem Gesicht fühlte.
Normalerweise tat es gut, seinen Emotionen freien Lauf zu lassen, doch in diesem Moment schmerzte es nur noch mehr. Weil Riku genau wusste, er konnte nichts an der Situation ändern.
Samu war schon immer einer von denen gewesen, die für gewöhnlich bekamen, was sie wollten... und wenn sie es nicht wollten, dann wollten sie es eben nicht.
Und je länger Riku darüber nachdachte, desto schneller liefen die Tränen über seine Wangen. Er hatte aufgegeben sie wegzuwischen, zu schnell kamen neue und tropften von seinem Kinn auf seine Schuhe. Er zitterte am ganzen Körper und spürte, wie seine Beine langsam nachgaben und er auf den Boden sank.
Gerade interessierte es ihn kein bisschen, was die Leute, die vereinzelt durch die Tür einige Meter neben ihm liefen dachten. Es war ihm vollkommen egal.
Doch er wollte nicht so dasitzen, wie ein kleines Häufchen Elend und sich selbst bemitleiden.
Hatte er sich nicht einmal geschworen, immer für das zu kämpfen, was ihm wichtig war? Entschlossen drückte er sich an der kalten Mauer hoch, wischte noch einmal über sein Gesicht und machte sich auf den Weg.
Er wusste genau, wo Samu war. Immer wenn sie hier auf Tour waren und er seine Ruhe haben wollte suchte er diesen einen Ort auf.
Und auch diesmal entdeckte Riku ihn nach ein paar Schritten in den angrenzenden Wald auf dieser vermoderten Bank sitzen. Er konnte verstehen, warum Samu hier so gerne saß. Durch die dichten Bäume fühlte man sich fast ein wenig von der Außenwelt abgeschnitten.
Vorsichtig bahnte er sich seinen Weg durch die, auf den engen Pfad hängenden Äste und die Wurzeln am Boden, die es mehr als einmal schafften, dass er fast der Länge nach auf dem Boden gelandet wäre.
Jetzt stand er nur noch einen knappen Meter von seinem besten Freund entfernt und langsam machte sich ein wenig Angst in ihm breit. Was, wenn Samu lieber alleine sein wollte und er würde mit dem, was er eigentlich vorhatte, alles nur noch schlimmer machen? Er hatte ihn noch nicht bemerkt, er könnte also ganz einfach wieder verschwinden, doch die Neugier und vor allem der Drang, ihm so nahe wie möglich zu sein siegten und Riku setzte sich langsam neben Samu auf die Bank. Doch dieser würdigte ihn keines Blickes, sondern starrte weiter in die Ferne, soweit das im Wald eben möglich war.
Riku hoffte, er hatte ihn noch nicht bemerkt, da er ganz offensichtlich mal wieder in seiner eigenen Welt zu sein schien, doch das hatte Samu sehr wohl.
Völlig taub hielt er den Blick starr auf die Bäume gerichtet. Zu gerne hätte er Riku einfach gesagt, was er fühlte, doch er konnte es nicht. Die Worte blieben ihm im Hals stecken, nicht einmal den Mund konnte er öffnen. Er wollte seine Arme um seinen besten Freund legen und ihm alles erklären, doch sein Körper tat einfach nicht das, was er wollte.
Er schluckte. Was Riku wohl gerade von ihm denken musste.
„Tut mir Leid...", murmelte er schließlich, während er nervös an seinen Fingern herum fummelte.
Riku wusste nicht so ganz, wie er das nun deuten sollte. Bereute er etwa, ihn geküsst zu haben? Egal was es letztendlich war, es schien ihn auf jeden Fall zu beschäftigen.
„Es war doch nur ne Wette, Samu.", versuchte Riku nun seinen Freund zu beruhigen, auch wenn ihm jetzt seine eigenen Worte noch mehr wehtaten. Samu nickte. „Ja, klar.".
Für ihn war es also wirklich nur eine Wette gewesen? Das würde zumindest erklären, warum er überhaupt nicht reagiert hatte, überlegte Samu. Aber wollte er das? Und konnte er es ihm jetzt überhaupt noch erzählen, wo doch klar war, dass Riku nichts für ihn empfand? Doch, er musste einfach.
„Rik?", flüsterte er, ohne aufzusehen, womit er ihn wohl aus seinen Gedanken gerissen hatte.
„Hm, was?", fragte Riku verwirrt und sah zum ersten mal seit er sich neben ihn gesetzt hatte zu Samu.
Als auch der nun den Kopf drehte, traf ihn Rikus Blick unverhofft heftig. Wie von allein blieb er an ihm haften und verlor sich vollkommen in diesen wunderschönen Augen, die ihm in diesem Moment so vertraut und doch so fremd waren.
Was wollte er doch gleich sagen? Er wusste es nicht mehr, so sehr hatte Riku ihn in seinen Bann gezogen. Aber auch seinem besten Freund ging es nicht anders. Er war so fasziniert von diesem einzigartigen Blau, das er bis jetzt noch nie so gesehen hatte. Plötzlich spürte er Samus Hand auf seinem Knie und anders als Samu es erwartet hatte, störte ihn das kein bisschen.
Stattdessen rückte er sogar von ganz allein noch ein Stück näher zu ihm, sodass sich schon fast ihre Nasenspitzen berührten.
Und mit einem Mal lagen ihre Lippen wieder aufeinander.
Aber es war nicht Samu gewesen, der es nicht mehr ausgehalten hatte, nein, diesmal hatte Riku ihn geküsst.
Als Samu begriff, was gerade passiert war, spürte er schon längst Rikus Hand in seinem Nacken, die ihn näher an sich zog und er musste unwillkürlich grinsen.
Vorsichtig legte er seine Hände an Rikus Wangen um ihn ein wenig von sich weg zu schieben. Etwas unsicher lächelte er ihn an.
„Da war noch mehr, stimmts?", fragte er. Samu nickte.
„Immer schon.", flüsterte er und lehnte seine Stirn gegen die von Riku. „Ich dachte nur... du sahst so aus, als ob, naja, ich dich damit irgendwie total überfallen hätte.", meinte er leise. Riku legte seine Hände auf Samus.
„Ein bisschen vielleicht...aber, ich hatte einfach nur Angst.".
Samu zog die Augenbrauen hoch. „Wovor? Vor mir?"
„Nein, einfach... vor all dem hier.". Und vor sich selbst, ergänzte Riku in seinen Gedanken.
Samu lächelte und flüsterte: „Das musst du doch gar nicht.", bevor er ihn wieder an sich zog, um ihn noch einmal zu küssen.
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Runaway
Fiksi PenggemarEin paar betrunkene Kumpels, eine kindische Wette und zwei beste Freunde, die langsam erkennen, dass sie vielleicht doch mehr sind als das. Riku und Samu, wie sie sich ihren Gefühlen füreinander stellen müssen. || Kleine Kurzgeschichte über unser f...