Kapitel 7: Zeit

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"Ich wollte es sofort tun, doch Mutter Natur schien andere Pläne zu haben.", fing der Todesengel an zu erzählen, wir befanden uns immernoch auf dem harten Küchenboden, "Um das Leben eines Menschen zu beenden, brauche ich meine beiden Flügel funktionstüchtig und meinen Dolch natürlich."

Asriel, eine andere Form des Namen Azreal, der Erzengel des Todes.
Mein ganzer Körper zitterte und mir wurde auf Anhieb kalt.
Warum ich? Warum so früh?

"Du kannst mich sehen, weil ich wegen dir hier bin.", sprach er sanft, so unglaublich bittersüß, "Du tanzt auf der Schwelle zwischen Leben und Tod, Freya und das schon seid ich hier bin."

Prompto tapste an Asriels Seite, um sich an seinen tättowierten Arm zu schmiegen.

"Er kann dich auch sehen.", taumelte es aus meinem Mund.

Asriel streichelte liebevoll das orangene Fell des Katers: "Ihm ist auch nicht gerade viel Zeit geblieben."

Aufeinmal wurde mir übel, wie ein Schlag in die Magengrube.

Eine warme Hand fand meine Wange: "Es tut mir Leid, Frey."

Stille Tränen rollten auf seine Finger, als seine federleichte Berührung mich, wie sonst auch immer, entspannte.

"Diese Wirkung, die ich auf dich habe ist übrigens zu Gunsten meines Jobs.", sprach er monoton, "Auch wenn unsere Aufgabe dir nicht gerade als edel erscheint, sind wir hier, um den Tod leichter zu machen. Für dich genau so sehr, wie für die Personen in deinem Leben."

Ich wusste, dass ich ohne seine außergewöhliche Kraft, wahrscheinlich eine Panikattacke durchlebt hätte. Trozdem konnte ich mich nicht dazu bringen, dankbar zu sein.

"Wieso hast du es mir nicht von Anfang an gesagt?", wollte ich wissen. Alles wäre so anders verlaufen.

Asriel wich meinen Blick aus und zog seine Hand wieder zu sich.
Ich ignorierte den plötzlichen, dumpfen Schmerz in meiner Brust, so gut wie möglich.

"Ich, Ich weis es nicht. Ernsthaft.", zum ersten Mal sah ich den, sonst so selbstbewussten, Engel mit seinen Wörtern kämpfen, "Ich glaube ich wollte nicht, dass du mich verabscheust."

Während mein Herz anschwellte, wurde der Schmerz immer intensiver.

"Oder ich wollte für einige Tage einfach Mal ein Held sein und kein Monster. Ich weis es nicht.", nun fing er an zu weinen und das nicht auf normale Art und Weise. Er weinte eine glitzernde Flüssigkeit.

Auch wenn ich fasziniert und zu tiefst gerührt war, wurde der Brustschmerz unerträglich. Ich schrie auf, krallte mich dabei an meinen eigenen Oberarm fest. Meine Fingernägel bohrten durch die Haut, doch das war mir vollkommen egal.

Der Engel umfasste blitzschnell mein Gesicht und als ich meine Augen wieder öffnete, starrten seine mir entgegen.

"Freya, weist du warum der Tod dir gegenüber steht?", ächzte Asriel mit rauer Stimme. Schimmernde Tränen entflohen ihm immernoch.

Keuchend schüttelte ich meinen Kopf.

Sein Daumen fuhr zährtlich über meine Lippen, als er flüsterte: "Ein Tumor."

Ich hielt unbewusst den Atem an. Mama musste so viele höllische Schmerzen ertragen.
Drohte mir das gleiche Schicksal?

Der Todesengel entfernte sich von mir, wischte sich die Tränen weg und griff dann nach meinen Oberarm, welcher wegen meinen Nägeln blutete.
Fürsorglich strich er seine durchnässten Finger über die Wunden. Die seltsame Flüssigkeit führte dazu, dass das Blut sich auflöste und die Wunden in Sekunden verheilten.

Daraufhin war es für einen Moment Still, bis ich aufsprach: "Wann?"

Sofort wusste Asriel was gemeint war.

"Mein Flügel ist wieder in Takt, als Decke hat er dir ja schon gedient.", schmunzelte er, doch weitere Tränen schwellten in seinen Augen an, "Aber ich will es nicht tun."

Ich streichelte meinen verheilten Oberarm und murmelte: "Was ist uns denn geblieben?"

Mit vielem hatte ich als Antwort gerechnet, aber ganz sicher nicht mit einem Kuss.

FederleichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt