for i would ride with you upon the wind

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Dienstag, 15. Dezember

Mittlerweile war wieder eine Woche vergangen, und ich hatte die Ereignissen der letzten Woche fast komplett ausgeblendet.

Nur jetzt, im 2-Stündigen Chemieunterricht gingen meine Gedanken wieder ihrem freien Lauf nach und ich wog mal wieder meine Entscheidung, das Date abzulehnen ab.

Als der Unterricht vorbei, rief mich mein Lehrer zurück, da er mir mal wieder einen Nachhilfeschüler vermitteln wollte. Ich machte das ab und zu, um mir ein bisschen Geld dazu zu verdienen.

Er gab mir die Adresse, und erklärte mir, dass ich mich bei diesem Schüler wirklich anstrengen müsste, da er im Unterricht total schlecht sei.

Na das klang doch mal motivierend.

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Nach Unterrichtsschluss begab ich mich sofort zur U-Bahn um zu meinem Nachhilfeschüler zu fahren.

Als ich nach der wohlbemerkt ziemlich langen Fahrt endlich in Ballsbridge, dem Villenviertel von Dublin angekommen war, machte ich mich durch starkes Schneegestöber auf den Weg zu der Adresse. Nach einer Weile war ich angekommen, und das Haus das ich sah war eines der schönsten die ich seit einer langen Zeit gesehen hatte. Fast direkt nach meinem Klingeln wurde mir die Tür von einer älteren blonden Dame geöffnet, die stark nach einer Haushälterin aussah – kein Wunder bei der Größe dieses Hauses. Sie begrüßte mich freundlich und sagte mir, dass ich in den dritten Stock gehen solle wo Dan schon auf mich warten würde. Moment, Dan? Dem Namen war ich in letzter Zeit schon zu oft begegnet. Und jetzt wo ich so drüber nachdachte, fiel mir auch ein, dass auf dem Klingelschild Collins stand.

Fuck. Ich sollte Dan Collins Nachhilfe in Chemie geben? Dem Jungen, dem ich letzte Woche einen Korb gegeben hatte? Wie sollte das bitte funktionieren? Immer mehr in Panik geratend stieg ich die Holztreppe hoch in den dritten Stock, wo mich eine weitere Tür erwartete. Ich wollte mir davorstehend gerade Mut zusprechen, als sie plötzlich von der anderen Seite geöffnet wurde. Vor mir stand Dan, dessen genervte Miene sich zu einem breiten Grinsen verwandelte sobald er mich erkannt hatte. „Na, wen haben wir denn da? Das namenlose Mädchen! Du sollst mir also Nachhilfe geben – damit hätte ich jetzt so gar nicht gerechnet!" Ich war immer noch zu perplex um zu antworten, deswegen lächelte ich nur verlegen. „Dann komm mal rein! Verrätst du mir wenigstens jetzt deinen Namen?", fuhr er fort. Während ich eintrat, versuchte ich mit einer möglichst starken Stimme zu sagen: „Mein Name ist Lucy." „Lucy... Wunderschöner Name für ein wunderschönes Mädchen", antwortete er mit einem schiefen Lächeln. Da ich darauf nun wirklich keine Antwort hatte, entschloss ich mich weiter in den Raum zu treten und mich umzusehen. Ich stand in einem großen Raum mit zwei riesigen Fenstern auf der einen Seite und grau gestrichenen Wänden auf den anderen drei. Im Raum standen mehrere Regale und ein riesiges Sofa mitsamt Tisch in der Mitte. Das Sofa hatte eine U-Form und stand so, dass man den wunderschönen Ausblick aus den Fenstern genießen konnte. „Willkommen in meinem Reich! Mir gehört die ganze Etage hier!", hörte ich Dan von hinten sagen. Die ganze Etage? Aber es gingen von diesem Zimmer noch drei weitere Türen ab! Wie viel Platz brauchte man bitte als 18-jähriger Junge? Und wie viel Geld musste man haben um sich das mal so eben leisten zu können?

Überfordert setzte ich mich auf die Couch und begann, meine Chemiesachen auszupacken. Ich war wirklich unsicher, wie ich die nächsten Stunden überleben sollte. Dan nahm neben mir Platz und schaute ziemlich unmotiviert auf das Chemiebuch. „Also gut, was genau verstehst du denn nicht?", fragte ich. „Ähh, alles?" Ich seufzte. Das würde dann wohl noch etwas länger dauern.

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„Ich raff das einfach nicht! Wozu braucht man das Zeug überhaupt?"

Lächelnd ignorierte ich Jakes genervte Fragen und fuhr fort, ihm den Chemiestoff zu erklären. Beziehungsweise versuchte ich es ihm zu erklären. In den Kursen die ich mit ihm hatte, war er mir relativ schlau vorgekommen, aber Chemie war offensichtlich überhaupt nicht seine Stärke.

Nach drei Stunden weigerte er sich dann aber, noch mehr zu machen. Für mich wurde es sowieso so langsam Zeit zu gehen. Dan meinte allerdings, dass Jack sich sicher freuen würde mich zu sehen, weshalb wir uns auf den Weg in die Küche des Hauses machten. Dort saßen Jack und eine braunhaarige, gutaussehende Frau. Jack rannte freudig auf mich zu, und Dan stellte mir die Frau als seine Mutter Margaret vor. Trotz ihres sehr eleganten Aussehens schien sie eine sehr herzliche Frau und gute Mutter zu sein.

Nachdem Jack mir aufgeregt erzählt hatte, was genau bis jetzt alles in dem Buch passiert war, wollte ich meine Jacke holen und mich auf den Weg zu U-Bahn-Station machen. Doch bevor ich das tun konnte, stoppte mich Margaret und sagte, dass ich bei diesem Schneesturm unmöglich bis zur Station laufen könne. „Dan soll dich einfach fahren! Das ist er dir nach so einer Chemiestunde auf jeden Fall schuldig!". Eigentlich wollte ich dankend ablehnen, doch sie lies wirklich keine Widerrede zu.

Also verabschiedete ich mich von den beiden und ging mit Dan zusammen in die angebaute Garage des Hauses in der vier Autos standen. Vier. Wer braucht so viele Autos? Während ich staunend stehenblieb ging Dan zielstrebig auf einen schwarzen Sportwagen zu und hielt die Beifahrertür offen. Überrascht lies ich mich in das weiche Leder sinken und hatte immer noch einen offenen Mund, als Dan von der anderen Seite aus einstieg.

„Du fährst einen Lamborghini Gallado?"

„Ja, tue ich. Aber woher weißt du so genau welches Modell das ist? Ich kenne nicht viele Mädchen die sich so gut damit auskennen."

Während wir aus der Garage hinausfuhren antwortete ich ihm: „Ich habe einen großen Bruder, der mir immer seine Lieblingsmodelle gezeigt hat, dadurch kenne ich mich mittlerweile auch etwas aus. Das hier ist so ziemlich sein Traumauto!"

Relativ automatisch nannte ich ihm meine Adresse, ich war immer noch überwältigt wie viel Geld eine einzelne Familie haben konnte.

Nach einer Weile des Schweigens drückte Dan auf einen Knopf und die ersten Töne von Knee Socks – einem meiner Lieblingslieder – ertönten. „Du hörst Arctic Monkeys?", fragte ich begeistert.

Statt einer Antwort begann Dan laut mitzusingen und mit seinen Fingern auf dem Lenkrad im Takt mitzutrommeln. Ich beschloss meine Bedenken zu ignorieren und selbst lauthals mitzusingen. Da wir beide ziemlich schlecht waren, endete das natürlich in großem Gelächter, und wir wiederholten es noch mehrmals mit anderen Songs aus seiner Playlist. Die Fahrt kam mir viel zu kurz vor, als er sein Auto schließlich vor meiner Haustür parkte und sich zu mir drehte: „Hey, das heute hat wider Erwarten echt Spaß gemacht! Lust das demnächst zu wiederholen? Ich brauche außerdem noch wesentlich mehr Hilfe bei Chemie, wenn ich diese Tests bestehen soll!"

Leicht lächelnd stimmte ich zu. Ein weiteres Mal mit Dan Collins Zeit verbringen, wer würde da nein sagen? Und vor allem diese Autofahrt hatte echt Spaß gemacht.

Ich verabschiedete mich also gut gelaunt und machte mich auf den Weg in mein Haus, wo ich aber niemanden vorfand.


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⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 03, 2017 ⏰

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