Kapitel 1

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Sie sah aus dem Fenster auf die Landschaft, die ihr so unglaublich vertraut war, die sie so sehr liebte. Hinter der Mauer, welche das Schloss von der dahinter liegenden Stadt trennte, standen die kleinen, einfach gebauten Häuser. Zwischen ihnen liefen ihre Bewohner umher, welche sich gegenseitig Dinge zu riefen, die von ihrem Standpunkt aus jedoch nicht zu verstehen waren und nur als Stimmengewirr zu ihr drangen.

Sie folgte ihnen mit den Augen, bis sie bei dem großen Markt ankam, zu welchem sie sich schon so oft heimlich geschlichen hatte, um die Lebendigkeit zu spüren, die dieser Ort ausstrahlte, die Freude zu erleben, welche die Menschen dort empfanden, wenn sie zwischen den verschiedenen Ständen hin und her liefen, Waren betrachteten, darum feilschten und schließlich ihr Geld den Besitzer wechselte. An diesem Ort konnte man alles kaufen, von Äpfeln von den Plantagen aus dem nächstgelegenen Ort, über Sättel aus hochwertigem Leder bis hin zu Schmuck, mal mehr und mal weniger wertvoll. Der Markt war der ganze Stolz ihres Landes, Händler und Käufer aus der ganzen Welt kamen hier her, um einmal die Hülle und Fülle zu bewundern, welche schon beinahe zur Legende geworden war.

Sie wusste, dass in der Mitte des Marktes ein großer Brunnen stand, auch wenn er von ihrem Zimmer aus nicht zu sehen war. Jeder mit einem Wunsch konnte eine Münze hineinwerfen, in der Hoffnung, er möge doch erfüllt werden.

Abergläubischer Quatsch, wie sie fand, aber die Durchreisenden und Besucher hatten anscheinend viel für diese Idee übrig, wie sie einmal von einem Dorfbewohner erfahren hatte, als sie gerade äußert skeptisch auf das Bauwerk gestarrt hatte. Besonders Liebende sollten davon angetan sein und es kamen anscheinend öfters romantische Gefühle auf, wenn sie eine Münze ins Wasser warfen.

Lief man vom Brunnen aus nach links eine kleine Gasse entlang in Richtung Stadtrand, kam man irgendwann, direkt an die äußere Mauer gebaut, an ein unscheinbares Gebäude mit einer noch unscheinbareren Bäckerei, welche jedoch den leckersten Schokolade der ganzen Welt verkaufte und ihr schon das ein oder andere Mal ziemliche Bauchschmerzen beschert hatte, da sie einfach nicht hatte aufhören können mit Essen und das Glücksgefühl missen wollte, den dieses Gebäck ihr bescherte.

Rechts vom Marktplatz gelegen befanden sich größtenteils die Wohnhäuser der königlichen Soldaten, welche trotz ihrer stattlichen Statur und dem aufmerksamen Blick, welchen sie anscheinend nie ablegten, außerhalb ihres Dienstes jedoch kaum von den restlichen Bürgern zu unterscheiden waren, da ihre Augen genauso strahlten und sie genauso herzlich lachten wie jeder andere.

Oft beneidete sie die Leute in der Stadt für ihre Unbeschwertheit, vor allem wenn sie selbst in der Stadt war, verborgen unter einer Kapuze, damit niemand sie erkannte. Diese Fröhlichkeit um sie herum machte ihr dann oft klar, dass sie so etwas nie erleben würde, nie haben könnte. Trotzdem liebte sie diese heimlichen Besuche, die sie aus ihrem Alltagstrott befreiten.

Hinter der Stadt erstreckten sich bis zum Horizont Wiesen mit grasenden Kühen und Pferden, sowie Felder, welche durch das Getreide in der Sonne goldgelb leuchteten. Der Weg, welcher die Landschaft in zwei Hälften teilte, schlängelte sich erst durch die Stadt hindurch und verlief anschließend entlang des Lorcan, dem Fluss, welcher sich durch das ganze Land schlängelte, um schließlich im Meer zu enden. Ihm hatten sie es zu verdanken, dass ihre Getreidespeicher immer voll waren und die Ernte gut gedieh.

Ja, sie liebte diese Aussicht und die Herzlichkeit, welche die Stadt ausstrahlte, so als wäre jeder willkommen, egal wie er hieße, wo er herkam oder was er erlebt hatte. Sie hätte das alles stundenlang betrachten können.

Nach einer Weile, in der sie mit ihren Augen dem Fluss gefolgt war, wurde ihre Aufmerksamkeit jedoch auf eine kleine Staubwolke in der Ferne gerichtet, welche rasch näher kam. Ihr Magen verkrampfte sich, war ihr doch bewusst, wer sich da ihrer Stadt, ihrem zu Hause näherte. Schon den ganzen Tag war ihr bei dem Gedanken daran das Herz in die Kniekehlen gerutscht, wusste sie doch ,dass die Besucher ihr keine Freude bringen würden.

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