8. Kapitel

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„Weißt du, es gab eine Zeit, wo ich alles getan um nicht einmal im selben Raum mit dir sein zu müssen. Erinnerst du dich, als wir ein Projekt zusammen machen sollten und du da mit dieser Jenny zusammen arbeiten musstest? Ich hab extra mit ihr geschlafen damit sie mit mir die Partner tauscht, nur um nicht mit dir das machen zu müssen. Wie dumm ich war. Und du hast nie etwas gemacht! Du hast es einfach hingenommen wie es kam und in meiner Arroganz hielt ich es für die deine. Das war der Grund warum ich angefangen habe immer wieder über dich herzuziehen, über deine Klamotten, deine Noten alles. Wie blind ich war, nicht zu sehen was dahinter stand. Dass du kein Geld für neue Kleidung verschwendet hast, weil du deine Familie unterstützen wolltest und um die Rechnungen für Amber zu bezahlen. Und weil du morgens keine Zeit hattest dich fertig zu machen, weil du erst vier Stunden vorher von der Arbeit wieder gekommen bist. Deine unfassbare Intelligenz, deine Motivation schon während der Schule zu studieren. Das ist so unglaublich."

Ich lächelte Ava an. Es war merkwürdig, dass sie nicht aufsprang um mir die Augen auskratzte. Stattdessen lag sie mich stumm ansehend dar.

„Aber was erwartet man auch von jemand, der an sich schon unglaublich ist? Und trotzdem hast du dich nicht von uns unterkriegen lassen, weil du einer der stärksten Menschen bist, die ich kenne. Ich glaube ich war vorher schon deswegen beeindruckt, keine Ahnung. Du hast mich fasziniert, von Anfang an nur hielt ich es fälschlicher Weise für Verachtung. Das tut mir leid. Es tut mir leid, dass ich dich dazu gezwungen habe mit mir zu schlafen und dann noch nicht mal das zu tun, warum du mich gebeten hast. Ich war so ein Arsch. Hätte ich von Anfang an mich besser verhalten, dann wäre das heute vielleicht nicht passiert und dieser Bastard hätte dich nicht unter Drogen gesetzt um dich zu verletzten und was er sonst gemacht hätte, wenn wir dich nicht gefunden hätten."

Ihre Augen sahen noch immer fest in meine, zeigten aber keinerlei Reaktion. Schritte waren auf dem Flur zu hören, aber es kam niemand zu uns. Zum Glück, noch Mal hätte ich sicher nicht den Mut um ihr zu sagen was ich schon die ganze Zeit sagen wollte.

„Es tut mir so leid, dass ich dich nicht behandelt habe wie du es verdient hättest, aber im selben Zug denke ich, dass wenn ich es nicht getan hätte, ich dich niemals so kennengelernt hätte wie es war. Und dabei kenne ich dich noch nicht einmal richtig! Ich hatte angefangen deine Nähe zu suchen, weil du mir so gut tatest. Wollte dich um mich haben, wollte zu jederzeit wissen wie es dir geht, was du machst und worüber du nachdenkst wenn du aus dem Fenster geschaut hast. Und dann standest du da, mit diesem wunderschönen blauen Kleid und zum ersten Mal sah ich dich jemanden so anlächeln. So viel Wärme, so als sei man das wichtigste in deiner Welt. Nur war es nicht ich, sondern Jake. Fuck, ich gebe es ungern zu, aber er wäre perfekt für dich gewesen. Jemand der es geschafft hatte in deine Welt zu treten, weil du ihn dort haben wolltest. Was war ich schon gegen ihn? Du hast gesagt, ich sei ein Höhlenmensch, glaub mir, ich war King Kong der dich schnappen wollte und mit sich nahm."

Sie blinzelte, doch der Monitor an dem sie angeschlossen war, piepte unverändert vor sich hin. Ich wusste nicht, ob sie mich akustisch überhaupt verstehen konnte, aber in diesem Moment war es mir egal.

„Es tut mir leid, dass du mir vertraut hast und ich es ausgenutzt habe. Ich verstehe vollkommen, warum du mich hasst. Ich tu es selber. Weißt du, du hast mich dazu gezwungen mein Denken, meine Sicht auf manche Dinge zu verändern und das ohne es überhaupt beabsichtigt zu haben. Es tut mir leid dich verletzt zu haben, ich kann dir versichern, dass es zu dem Zeitpunkt nicht mal ansatzweise mehr meine Absicht war. Schon viel zu lange war ich dir verfallen, hab Gefühle für dich gehabt die ich nicht kannte und die mir Angst gemacht haben. Und dann hast du wirklich angefangen mich zu mögen! Weißt du wie aufgeregt ich deswegen war?"

Ich lachte leise und rieb meine Hände durch das Gesicht um die aufkeimende Müdigkeit, durch das absinken des Adrenalins, zu vertreiben.

„Aber am Ende kann ich eigentlich nur froh sein, dass es gelaufen ist, wie es ist. Denn ich weiß, dass ich nicht derjenige bin, der dich verdient hat. Tut trotzdem scheißen weh. Die letzten vier Monate waren absolut scheiße, ständig musste ich an dich denken, wollte bei dir sein und es war so schwierig dem nicht nach zu geben. Aber du wolltest das und es war das einzige was du je von mir wolltest. Gott, ich würde so gerne wieder mit dir alleine sein können."

Ich holte tief Luft und versuchte nicht auf die immer weiter zuschwellnde Gesichtshälfte zu schauen.

„Es tut mir leid, so viel mehr als du denkst, weil ich viel mehr verloren habe als nur dich. Fuck, ich würde dich jetzt so gerne küssen und dir sagen, dass alles gut wird und ich bei dir sein werde, aber ich weiß, es ist nicht dass was du möchtest.

Und weißt du warum ich dir das sage?

Weil du es morgen vergessen haben wirst. Du wirst morgen aufwachen und dich nicht mehr an dieses Gespräch erinnern. Du wirst mich immer noch hassen und verachten. Und das ist vollkommen Richtig. Weißt du warum? Denn wenn du es nicht mehr tust, du dich warum auch immer in mich verlieben solltest, dann werde ich dich wieder verletzten. Und das will ich dir nicht wieder antun. Du hast jemand verdient der dich glücklich machen kann."

Ich strich über ihr Gesicht, strich sanft die Tränen Spur aus ihren Augenwinkel weg.

"Aber was ich auch versuche, ich kann dich nicht gehen lassen. Weil du wichtigste für mich bist und ich dich liebe. Und das tut mir am meisten leid."

Ava weinte stumm weiter und während für mich die Zeit still stand, drehte sich die Welt weiter als sei nie etwas gewesen.

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