Von einem Cafeteriahelden

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Aiden

Kunst flog nur so dahin, während Mathe und Chemie sich zogen wie sonst was. Ich wünschte mir einen weiteren Blackout wie im Bus aber der blieb leider aus. So liet ich geschlagene zwei Stunden lang unter dem öden Geschwafel über Formeln und was für eine Rolle Stickstoff in der Luft hatte.
In der Mittagspause nahmen wir an einem Tisch Platz der weiter am Rand der Cafeteria stand. Es gab eine Art Nudelauflauf mit Hackfleisch und Bohnen dazu einen Orangensaft. Draußen war es immer noch so neblig wie am morgen.
"Echt komisches Wetter oder? Ich meine Ende August und dann kommt es einem vor als wäre die Außenwelt ein Stephen King Film, oder?"
Seamus nickte nur während er seine Portion verschlang. Einen Tisch weiter saß das schwarzhaarige Mädchen. Sie zeichnete wieder. Ich erwischte mich wie ich lächelte als sie sich eine Strähnen aus dem Gesicht strich.
Mad und seine Leute saßen am Tisch in der Mitte. Sie lachten über seine Witze und die Mädchen wirkten beeindruckt von seinem Football Armen oder schauten mit einem Blick der sagte "Ach Jungs" nach oben während sie doch leicht rot wurden. Als irgendein Typ, schwächlich, mit Brille und einer echt ekelhaften Aknee, vorbei lief schlug er ihm das Tablet aus der Hand.
"Upps!" Mit falscher Verwunderung legte Mad sich die Hände an die Wangen während er auf den Haufen Auflauf hinabsah. "Ich wollte mich echt nur mal ausstrecken. Sorry das kommt wohl davon wenn man einfach nicht die Kontrolle über diese Babys hat." Er lachte laut und spannte den Oberarm an. Der junge war etwa 14 und wirkte verängstigt, aber irgendwie erkannte ich da eine gewisse Wut. Wie erstarrt blieb er stehen. "Was willst du noch hier pisser?" Mad hatte aufgehört zu lachen. "Zieh ab oder soll ich dich zu deinen Loser Freunden werfen?" Das wiederum gefiel dem Jungen nicht. Er wollte sich zu Mad hin drehen und etwas los stottern da stand ich aber schon zwischen den beiden.
Mad sah mich verwirrt an und schien doch kurz sein Gehirn anstrengen zu müssen. "Bist du nicht der Kerl aus meinem Kunst Kurs? Der immer mit dem Lockenkopf abhängt?" Etwas langsam kam ich zu dem Schluss das er mich erkannte. "Ja der bin ich." Mad zuckte mit den Schultern. "Und? Was willst du?" Es war seltsam. Ich hatte keine Ahnung. Also eigentlich schon ich wollte den Knirps beschützen bevor der Gorilla ihn erschlägt aber warum machte ich das? Ich war etwas größer als Mad aber er war doppelt so bereit wie ich. Doch ich hatte eigentlich nicht das Gefühl Angst haben zu müssen. Nein mehr widerte mich Mad an. Mad baute sich jetzt vor uns auf. "Ich habe dich gefragt was du willst Spinner." "Vergreif dich nicht an schwächeren." Meine Stimme klang fest und sicher als wäre ich tatsächlich davon überzeugt Mad würde auf mich hören. Doch wie erwartet lachte er laut los, diesesmal alleine und etwas übertrieben. Die anderen am Tisch wirkten etwas beunruhigt. "Mad..." fing ein Typ mit einer Trainigsjacke an. "Sei still Tom. Ich möchte wissen wie der Kerl hier mich davon abhalten will dem Kleinen seinen Platz zu zeigen." Es zuckte in meiner Hand die ich zu einer Faust geballt hatte. Doch ich konnte es gerade so unterdrücken ihm ins Gesicht zu schlagen. Das wäre auch falsch... glaube ich. "Mad ich warne dich wenn du versuchen willst dem Jungen irgendwas an zu tun musst du erst an mir vorbei." Erneut lachte Mad und dieses mal auch einige seiner Leute denen die Vorstellung wie ich versuchte es mit dem Quaterback aufzunehmen anscheinend sehr witzig vorkam. Als das Lachen langsam leiser wurde strich Mad sich eine Träne aus dem Auge. "Man du bist echt mutig oder dämlich. Jetzt verschwinde klar." Er wollte mich nach hinten stoßen doch meine Hände griffen seine Handgelenk und hielten ihn fest. Einen kurzen Moment zögerte er. Dann warf er mich nach hinten wobei ich auf einem Tisch aufschlug und eine frische Auflaufportion meinen pochenden Rücken wärmte. Ich versuchte mich wieder aufzurichten und wollte schon auf Mad los gehen da klingelte es zur nächsten Stunde. Die Masse an Schülern die bis eben gespannt das Geschehen am mittleren Tisch beobachteten begab sich jetzt zu ihren Klassen und zog dabei Mad wie auch seine Leute die über mich Witze rissen zum Ausgang. Seamus und ich waren die letzten in der Cafeteria. Er sah mich leicht gequält an und hielt mir sein Sportshirt hin. Ich versuchte zu lächeln. "Danke, Seamus."
In der nächsten Stunde war der Moment der Wahrheit gekommen. Es war Mr. Dotchs Geschichts Stunde. Wenn wir nicht erfolgreich waren mit unserem Projekt würde uns eine Predigt erwarten die abhängig von dem Grad unseres Versagens eine Dauer haben könnte die unsere ungefähre Lebenserwartungen überstieg.
Wie zwei Todgeweihte Schritten wir auf das Klassenzimmer zu, ich in einem etwas zu engem grünem Shirt auf dem die Umrisse eines großen goldenen Hirschkopfes zu sehen war. Der USB-Stick wurde schwerer in meiner Tasche je näher wir dem Raum kamen. Alle hatten Platz genommen. Ein Projektor und ein Laptop standen bereit. Mr. Dotch hatte es sich hinten im Raum bequem gemacht. Als er uns bemerkte hob sich seine Hackennase von dem Klembrett auf dem er unsere Bewertung niederschreiben würde. Die halb Glatze reflektierte den künstlichen Schein der Leuchtstoffröhren und die grimmige Mine war so faltig und hasserfüllt wie immer. Seine ganze leicht bucklige Körperhaltung gab ihm die Gestalt eines Geiers der nur auf unser Scheitern wartete.
"Conner und Ross, wie ich erwarte sind sie vorbereitet?" Seine Stimme war gedämpft und sprach die Worte, mit dem Genuss des Glaubens das es nicht so war, langsam aus.
"Ja, Mr. Dotch. Wir sind gleich soweit." Seamus machte sich an dem Laptop zuschaffen. Ich kramte in meiner Tasche bis ich den schwarzen USB Stick heraus gefischt hatte. Ich war bereit die Note hinzunehmen da sah ich den Bildschirm des Laptops. "Updates werden installiert, bitte schalten sie den PC nicht aus." Und darunter ein Ladebalken der sich bei 3 Prozent befand. Wir warteten einige Minuten in denen der Balken sich nicht weiter bewegte. Innerlich jubelte ich. Der Vortrag war gelaufen wir waren befreit. Es gab einen Gott der Gnade mit uns hatte... das dachte ich zumindest in dem Moment. Dann sah ich Mr. Dotchs Gesicht. Seine Nasenflügel blähten sich auf. "Conner, sie hollen einen anderen Laptop. Und bitte einen der auch in Betrieb zu nehmen ist. Sofort!" Ich eilte zur Tür. Seamus hatte sich auch zum gehen gewandt. "Nein sie Mr. Ross werden uns eine Einleitung zu ihrem Thema geben. Auch ohne Projektor sollten sie das hinkriegen."
Ich sprintete los zum Computerraum um Seamus so kurz wie möglich unter den Fragen von Dotch leiden zulassen. Ich kam gut voran bis ich jemandem entgegen kam und mit ihm zusammen stieß. Es war das Mädchen das immer so am zeichnen war.
"Entschuldigung." Sie sah mich verärgert an. Eilig und rot vor Scham half ich ihr auf und gab ihr den Zeichenblock der ihr aus der Hand gefallen war. "Ich hab dich nicht kommen sehen. Muss mich beeilen Mr. Dotch wenn du verstehst..." Sie hob ihre Hand. "Ich verstehe schon. Der alte Sack kann einem echt Angst machen. Viel Glück." Sie ging weiter und ich sah ihr hinter her. Ihre engen zerschließenen Jeans und die langärmelige pechschwarze Bluse standen ihr gut. "Musst du nicht noch was erledigen." Mit einem Kopf so rot das Dotch mich als Soldaten der Roten Armee identifiziert hätte, stammelte ich etwas von "Ja klar da war ja was" und wollte weiter rennen da bemerkte ich das am anderen Ende des Flures jetzt jemand anders den Weg versperrte.

Heldenseele: "Meine Flügel sind gebrochen..."Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt