Zur Mittagszeit ist die Schule ein bunter Haufen voller Geschichten. An jeder Ecke wird getratscht, gelacht, geschimpft. Und auch wenn ich mit meinen beiden besten Freundinnen immer unterwegs bin, kann ich kaum eine Geschichte nachvollziehen. Im Gegensatz zu ihnen verbringe ich die meiste Zeit der Highschool in einem Pool oder hänge meinen eigenen Gedanken nach, die sich jedoch nahezu durchgehend ums Schwimmen drehen.
Und auch heute höre ich ihrem Gerede nicht wirklich zu, doch diesmal drehen sich meine Gedanken nicht komplett um mein Hobby. Im Kopf spiele ich die gestrige Begegnung Stück für Stück erneut durch, versuche mich an seine Worte zu erinnern und mich an ihnen festzuklammern, als wenn seine Meinung die einzige wäre, die mir jemals etwas bedeutet hat. Irgendetwas an der Art wie er sie mir rundheraus gesagt hat, hat mich berührt und mir das Gefühl gegeben, dass er derjenige ist, der mich am besten verstehen kann. Als ob er wüsste, was mich tief in meinem Inneren beschäftigt, die unzähligen Selbstzweifel, die ich nie jemanden anvertraut habe. Doch warum bin ich mir so sicher, dass seine Worte genau soviel Wert haben wie ich mir einbilde? Was gibt mir das Gefühl, einem Fremden so vertrauen zu können?
Es waren seine Augen. Sie haben gezeigt, dass er die pure Wahrheit gesagt hat.
Ich schlucke den schweren Klos hinunter, der sich plötzlich in meinem Hals gebildet hat.
Ich wünschte, ich hätte ihn nach seinem Namen gefragt. Oder wenigstens nach seiner Klasse. Jetzt kann ich nur darauf hoffen, ihn beim nächsten Training wiederzusehen.
Erst als mich eine kleine Hand an meiner Schulter berührt, merke ich, dass die Augen meiner Freundinnen auf mich gerichtet sind.
„Moe-chan, was beschäftigt dich so? Du bist heute so still und scheinst nachzudenken.", meint meine Freundin Yuriko-chan besorgt. Meine andere Freundin, Ohana-chan, nickt zustimmend.
Um den beiden die Sorgen aus ihren ernsten Gesicht zu vertreiben, beschleunige ich meinen Schritt und setze eine heitere Miene auf.
„Schaut doch nicht so drein, mir geht es gut. Ich bin nur ein wenig vom Training gestern Abend erschöpft, das ist alles."
Ich schmunzele und drehe mich hüpfend zu den beiden Mädchen herum, um ihnen von meinem gestrigen Erfolgserlebnis zu berichten. Trabend laufe ich rückwärts und hole gerade mit den Armen aus, als Yuriko-chans Augen sich weiten.
„Moe-chan, pass auf...!", ruft sie und versucht mich noch zu packen, doch ich bin schon zu weit weg.
Kurz darauf pralle ich mit dem Rücken gegen etwas großes Weiches und falle daraufhin hart auf die Knie.
Autsch! Was war das?, denke ich erschrocken.
„Yamazaki-kun!", höre ich meine beiden Freundinnen im Chor rufen.
Yamazaki-kun? Der Name kommt mir bekannt vor., muss ich überrascht feststellen, während ich mich mit zusammengebissenen Zähnen aufraffe. Ich reibe gerade mein schmerzendes Knie, was zum Glück nicht aufgeschürft ist, und drehe mich neugierig und empört zugleich um.
Als ich in das Gesicht schaue, das dem Grund meines Zusammenpralls gehört, bleibt mir fast das Herz stehen.
„Yamazaki-kun?", frage ich stotternd und blicke ihm in die dunklen Augen, die gestern noch voller Enthusiasmus gestrahlt haben. Doch nun erkenne ich in ihnen keinen Funken, der sich regt.
Stattdessen wendet er ohne eine Miene zu verziehen das Gesicht ab und schiebt sich, mit der Hand die linke Schulter reibend, an mir vorbei.
Ich bleibe sprachlos mit meinen Freundinnen zurück und beobachte, wie sich sein kräftiger Rücken durch die Menge bahnt und zwischen den anderen Schülern verschwindet.
DU LIEST GERADE
Make Me Shine
Любовные романыMoe - ein Mädchen, das ihr Leben dem Sport gewidmet hat. Nichts kann sie von ihrem großen Traum abbringen, eine erfolgreiche Schwimmerin zu werden. Doch als eine Person in ihr Leben tritt, die ihr das Gefühl gibt, das erste Mal verstanden zu werden...