Kapitel 2:

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"Das ist schon das sechste mal diese in diesem Monat." sagt Darcy, als sie mich abholt. Wir lachen laut los. Vor zwei Wochen hatte ich ein Praktikum beim einem anderen Department gemacht. Ich bin froh, dass Darcy nicht sauer auf mich ist und, dass sich die ganze Sache aufgeklärt hat. Nach einem langen Verhör, in dem die Polizistin mir nicht Glauben wollte und behauptete, ich gehöre einer Bande an, die Drogen schmuggelt. Angeblich wurden schon mehrere Mädchen gesichtet, die Heroin und anderes Zeug unter die Leute bringen, aber bisher hat die Polizei keine Beweise, die die Festnahme eines dieser Mädchen rechtfertigen würde. An die Öffentlichkeit kommt in diesem Land sowieso nichts und erst recht nicht jetzt (beachte aktuellen Präsident), aber scheinbar steckt da eine große Sache hinter, sonst hätten diese Polizistinnen mich nicht so ausgequetscht. Ich war ihre einzige Hoffnung, in diesem Fall weiter zukommen, aber ich bin froh, sie enttäuscht zu haben (ich hoffe das ist das letzte ml, dass ich sowas ernsthaft denke, klingt irgendwie negativ).

Zurück in unserem Appartement klettere ich in mein Bett, welche ein Hochbett ist und quasi direkt im Wohnzimmer steht. Anders als in den ganzen Filmen ist es nämlich ziemlich teuer in New York zu wohnen und deshalb leben wir in einer vollgestopften Ein-Zimmer-Wohnung in der zwölften Etage eines Bürokomplexes, von dem einige Teile als Wohnflächen umfunktioniert wurden. Ist immer ein bisschen dumm jeden Morgen in Straßenklamotten durch die Massen von Anzugträgern und Bleistiftrocktanten nach unten zu laufen, aber man gewöhnt sich dran.

"Hey, wenn du schon nicht in der Schule warst kannst du wenigstens deine Hausaufgaben machen." ruft meine Tante hoch "Ich muss jetzt wieder ins Labor und auf den neuen Praktikanten aufpassen." sie zwinkert mir verschwörerisch zu, schnappt ihre Tasche und verschwindet aus der Tür. Ich gucke auf die Uhr. Es ist tatsächlich schon nach halb vier und der Unterricht endet in wenigen Minuten. Wie soll ich das nur meiner Lehrerin erklären? "Oh, Mrs. Clarson, warum ich gestern nicht da war? Naja ich wurde des Drogenschmuggels beschuldigt und saß acht Stunden im Knast neben einem Gangster-Gärtner, der eigentlich gar keiner ist." Super, ich wirke vollkommen überzeugend, das erinnert mich daran, wie ich meinem Trainer erklären musste, dass ich zu spät bin, weil meine fünf jährige Cousine ihren Schokopudding noch aufessen musste. Ha, die Schule ist aus. Wo ist mein mobiles Telekommunikationsgerät? Ich krame mein zerkratztes Handy aus dem Rucksack und wähle 'Lotta Handy Kostenlos' aus meiner Kontaktliste aus. Sie hatte sich vor vier Jahren selber so eingespeichert, damit ich weiß, das wir aufgrund eines Tarifes umsonst miteinander schreiben können.

"Hi Lucy!" Lotta hasst Telefonieren und versucht das Gespräch immer extrem kurz zu halten. "Hey, hast du jetzt noch Zeit?" Das ist der Ablauf jedes Telefonats zwischen uns. "Ja, in zwei Minuten bin ich da." "Bis gleich." Es tutet in der Leitung. Ich glaube unser Rekord liegt bei vier Sekunden, als sie anrief und nur: "Fünf Minuten bei dir." ins Telefon rief und auflegte. Wie versprochen steht meine beste Freundin kurze Zeit später vor der Tür und überhäuft mich mit Vorwürfen: "Ich musste unsere dämliche Geschichte in Englisch alleine vortragen. Es war peinlich, alle haben gelacht, weil natürlich alles zweideutig ist. Die Stelle mit dem Meteoriten war am schlimmsten, aber der Zusammenhang hat so gut gepasst, wir hätten es nicht besser schreiben können. Nächstes mal bist du dran. Ich suche dir ein nettes Referat über Geschlechtskrankheiten oder Differenzialrechnung, am besten erklärst du, wie man den Graphen der zehnten Ableitungsfunktion zeichnet oder so." Mit diesen Worten erhellt sich ihre Miene. "Welch Note haben wir bekommen?" Ich schließe die Wohnungstür und Lotta lässt sich aufs Sofa fallen. " WIR haben beide eine Eins für unsere Kreativität bekommen und ich eine Eins plus wegen meiner guten Vortragsweise." Ein schadenfrohes Grinsen umspielt ihren Mund. "Wo warst du eigentlich?" "Das ist eine lange Geschichte..."

Eine Viertelstunde später bin ich endlich fertig mit meinem Bericht. "Hiermit hast du die Ehre gewonnen." Lotta überreicht mir pantomimisch einen Pokal. Die Sache mit der "Ehre" stammt aus der dritten Klasse, als wir im Bus Handyspiele gegen einander gespielt haben, bei denen der Gewinner immer die Ehre bekommt. Heute wetten wir meisten, wer den schärferen Taco essen kann oder, wie gestern, wer den schlechteren Morgen hat. "Kekse?" Nach einem kurzen, eindeutigen Blickkontakt stehe ich auf, um eine Packung Cookies aus der Küche zu holen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Sep 01, 2018 ⏰

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Lucy LewisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt