VIII🌸

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Jungkook

Ich schob meine Hände tief in die Taschen meiner Jacke und zog fröstelnd die Schultern hoch. Es war zwar bereits März, doch abends war es immer noch recht kühl.

Unsicher wandte ich mich um und suchte die vollen Strassen nach einem braunen Haarschopf mit grünen Strähnen ab. Es war bereits 18:10 Uhr, doch Taehyung war noch nicht aufgetaucht und langsam ergriff die Unsicherheit von mir Besitz. Wo blieb er? Wir hatten doch halb Sechs gesagt?

Unsicher nahm ich meine Unterlippe zwischen die Zähne und kaute darauf herum. Wieso sah ich ihn nirgends?
Je mehr Sekunden verstrichen, desto mehr machte die Unsicherheit der Enttäuschung Platz; Taehyung war nicht hier, er musste es wohl vergessen haben. Oder... er kam einfach nicht.

Der Gedanke liess mir das Herz schwer werden. Vielleicht hätte ich den jungen Tierarzthelfer doch nicht so nett finden sollen. Das war doch bescheuert, hier weiter zu warten. Frustriert zog ich mein Handy aus der Jackentasche und musterte die Uhrzeit auf dem Screen.

18:13 Uhr.

Ich kaute stärker auf meiner Unterlippe herum und schluckte dann den sich langsam bildenden Kloss der Frustration hinunter.

"Du denkst doch nicht, du wärst jemandem wert genug, damit er ernsthaft seine Zeit für oder mit dir verschwendet, oder?"

Scharf zog ich die Luft ein, als ich mich an die Worte erinnerte. Mein Blick glitt zu Boden und ich konzentrierte mich eilig auf meine Atmung, sodass ich einige Momente tief ein- und ausatmete und den aufkommenden Tränen so gar keine Chance gab.

Das stimmte nicht, was Chen damals gesagt hatte. Jimin und Hoseok meinten es ernst mit mir, also waren seine Worte eine Lüge.

"Jungkook?"

Ich schreckte zusammen, als die vertraute, tiefe Stimme mich aus meinen Gedanken riss und sich eine warme Hand sanft auf meine Schulter legte. Kaum blickte ich auf, erkannte ich ein Paar brauner Augen und die grünen Haarsträhnen, die Taehyung in die Stirn fielen.

Er war hier.
Er hatte es nicht vergessen.

Besorgnis spiegelte sich in seiner Miene, als er sich aufrichtete und mich weiterhin musterte. "Alles okay?", fragte er mich forschend, "Du siehst bedrückt aus."

Ich schüttelte seine Hand ab und fuhr mir kurz durch die Haare. "Es ist nichts", erwiderte ich harscher als geplant und biss mir auf die Unterlippe, als er perplex die Augenbraue hob. "Okay", antwortete er langsam, bevor er mir ein sanftes Lächeln schenkte, zusammen mit funkelnden Augen. "Tut mir leid, dass ich zu spät bin, ich musste etwas länger in der Praxis bleiben", erklärte er gleich darauf. Ich nickte unsicher. "Schon gut", murmelte ich schulterzuckend und versuchte mich in einem ebenso freundlichen Lächeln. Er brauchte nicht zu wissen, dass ich bereits gedacht hatte, er hätte mich versetzt.

Taehyung deutete zu der grossen Bibliothek. "Sollen wir reingehen? Es dauert auch nicht allzu lange", versicherte er mir. Ich nickte abermals und wandte mich um, um die Bibliothek zu betreten. Der Braunhaarige folgte mir, während ich seinen Blick auf mir spüren konnte. Ich erwiderte diesen für einen Augenblick und was ich in seiner Miene herauslesen konnte, war diesmal weder Freude noch Neugier. 

Es war Besorgnis. 

"Hör auf mich anzustarren", verlangte ich unwirsch und richtete meine Augen wieder nach vorne, ehe ich die Glastür aufstiess und in den warmen Raum trat. Ich vernahm nur Taehyungs amüsiertes Lachen, doch er tat, was ich ihm gesagt hatte, denn er lief geradewegs an mir vorbei, weiter ins Innere der zweistöckigen Bibliothek. Ich folgte ihm zur Ausleihe, wo er sich hinter die junge Frau stellte, die gerade ihre Bücher abstempeln liess.

"Liest du gerne?", erkundigte der Braunhaarige sich bei mir, woraufhin ich aufschaute, in sein Gesicht und dann den Kopf schüttelte. "Serien sind mir lieber", erwiderte ich leise. Taehyung legte auf meine Worte hin den Kopf schief und grinste schief. "Ich fange manchmal Serien an, aber ich sehe nie welche zu Ende."

Irritiert zog ich die Augenbrauen zusammen, als der Ältere von der Bibliothekarin drangenommen wurde und er mit einem breiten Lächeln sein Buch auf den Tresen legte. "Ich würde das gerne zurückgeben", informierte er sie und für einen Moment vergass ich, dass ich ihn hatte fragen wollen, wie der Ältere zur Hölle nochmals eine Serie anfangen konnte, aber sie nicht bis zum Ende sah. Stattdessen betrachtete ich für einen Moment, das sanfte, glückliche Lächeln auf seinen Lippen, die glänzenden Augen, mit denen er die Bibliothekarin musterte, welche dies aber nicht wahrnahm, da sie bereits auf ihren Computer konzentriert war.

Mir schien erst jetzt klar zu werden, wie attraktiv der Ältere war. Die grünen Strähnen seines Ponys wirkten erst komisch, doch im Grunde waren sie nicht einmal abschreckend oder verminderten die Attraktivität des jungen Mannes neben mir. 

Taehyung drehte den Kopf in meine Richtung und sein Lächeln wurde nur noch einen Tick breiter, als er meinen Blick einfing. "Hey Jungkook", meinte er leise und hob dazu belustigt eine Augenbraue, "Wieso darf ich dich nicht anstarren, aber du mich schon?"

Oh verdammt. 

Schnaubend wandte ich den Blick ab und machte auf dem Absatz kehrt. "Bist du dann fertig?", wollte ich wieder harscher als geplant wissen und hielt auf die ersten Bücherregale zu, während ich das amüsierte Lachen des Älteren wahrnahm. Ich grummelte, spürte jedoch, wie mir heiss wurde, vor Verlegenheit. Wieso hatte ich ihn so angestarrt?! So hübsch war er nun auch wieder nicht! 

Er sollte sich bloss nichts darauf einbilden! 

Zum erneuten Male lachte Taehyung warm auf und ich hörte die Schritte, die mir folgten. "Ja, wir können gehen", erwiderte er und ich hörte deutlich, wie amüsiert er noch immer war. Schnaubend verschwand ich um ein weiteres Regal und sah weiter vorne die grossen Glastüren, die zurück auf die belebte Strasse führten. "Dann lass uns gehen", bestimmte ich, kam mit grossen Schritten hinter dem Regal hervor und hielt auf die Türen zu. 

"Wieso bist du nun wieder so wütend, Jungkook?", hörte ich Taehyung in unmittelbarer Nähe fragen, noch während ich bei den Türen ankam und diese aufstiess, um nach draussen zu gelangen. "Ich bin nicht wütend", erwiderte ich spitz und drehte mich zum Braunhaarigen um, der mir weiterhin mit einem kleinen Grinsen auf den Lippen folgte. "Und was dann?"

Ich wusste es doch selbst nicht! Irritiert? Verwirrt? Verlegen? 

Der Typ brachte mich aus dem Konzept und das mehr, als mir lieb war. 

Cherry Blossoms [Vkook]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt