1~ you call it death

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Es war nicht mehr als ein Unfall.

Täglich wird von Unfällen berichtet.

Straßen werden gesperrt, die Verkehrsführung wird umgeleitet.

Manchmal kommt es dabei zu Todesfällen.

Mal sind es mehrere Personen, das nächste Mal nur zwei.

Man denkst sich, wie es zu solch großen Unfällen kommen kann.

Man ist nicht vor Ort und verschwendet selten einen Gedanken daran.

Es sterben schließlich jeden Tag  Menschen auf diesem Planeten.

Bei diesem Unfall sind "nur" zwei Personen ums Leben gekommen.

Doch selbst diese Anzahl.

Ist zu viel...

*

Ich halte nichts von Kunstausstellungen, auch nicht, wenn es die eines Verwandten ist.
Meist sehe ich den Sinn, diesen tiefen Hintergrund, in seinen Werken nicht. Den habe ich noch nie gesehen.

Meine Eltern hingegen wollten dringend zu dieser Ausstellung, obwohl sie keinen Draht zur Kunst besitzen. Sie fanden die Option, eine Einladung eines Familienmitgliedes abzulehnen, unhöflich.
Im nachhinein hätten sie ablehnen sollen.

*

Gegen halb drei am frühen Morgen, riss mich ein ständiges Klopfen an der Wohnungstür aus dem Schlaf. Zwei uniformierte Polizisten standen dahinter und überbrachten mir eine schreckliche Nachricht. Meine Eltern sind bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Ein anderer Autofahrer ist bei rot über die Ampel gefahren und hat sie dabei in den Tod gerissen. Ich sah Bilder vor mir: Gequetschte Körper zwischen Sitz und Windschutzscheibe, zersprungenes Glas, Blut. Mein Mund brachte nur keine Wörter raus, kein Schluchzen und auch kein Wimmern.Ich konnte nicht trauern, eine große Qual die Zeit meines Lebens an mir hing. Die beiden Polizisten  gaben mir die Nummern von verschiedenen Psychiatern und Seelsorgehotlines, die ich anrufen sollte um mir Hilfe zu holen. Sie erklärten mir die nächsten Schritte, als wäre der Tod ein Bestandteil von etwas planbarem, so unnatürlich herabgesenkt. 

Nach wenigen Minuten klopfte es nochmal, es war meine Tante Peggy. Sie war mein zweiter gesetzlicher Vormund. Sie machte uns allen Kaffee und sprach mit mir und den Polizisten.

*

Die Beerdigung fand vor zwei Wochen statt, eine kleine Trauerfeier im Rahmen der Freunde und der Familie.  Nun wohne ich zurzeit bei meiner Tante .

"Guten Morgen Mäusschen. Der Kaffee ist schon fertig." begrüßte sie mich am heutigen Morgen. Schweigend goss ich etwas von dem schwarzen Elexier in meine Tasse, gab etwas Milch und Zucker hinzu, um diese Mischung schlussendlich zu trinken. "Wie hast du geschlafen? Ich hoffe Mikusch hat dich nicht geweckt." Dies sind unsere täglichen Gespräche, jeden Morgen dieselbe Frage. "Nein, er hat mich nicht geweckt. Eigentlich habe ich seit langem nicht mehr so gut geschlafen."
Mikusch ist ein Kater, den meine Tante bei einer Tierheimauflösung gerettet hat. Sie liebt ihre Katze sehr.
"Das freut mich zu hören. Frühstück ?"  ein stummes Nicken meinerseits, brachte meine Tante dazu, verschiedene Brotbelege aus dem Kühlschrank zu holen. Unterdessen kam der Teufel auf vier Pfoten in die Küche und versuchte Leckerlis abzugreifen. 
"Mikusch, du hast schon etwas bekommen. Oder willst du fett werden und irgendwann durch die Gegend rollen." Beleidigt zog er sich zurück und belästigte meine Tante mit seinem Miauen nicht mehr. 

Nach dem Frühstück zog ich mich an und ging ins Bad. Meine Tante lebte mit mir alleine in dieser Wohnung, und natürlich mit Mikusch. Sie war der Meinung, dass Männer ihr Haushalt durcheinander bringen würden, weshalb sie bis jetzt nicht verheiratet war. Sie brachte dies sehr gewissenhaft,  und keines Falls bösartig rüber. "Wenn du das erste Mal einen Freund hierher bringst" legte sie sofort fest "werde ich euch beide in Ruhe lassen. Im Gegensatz zu deiner Mutter, bei ihr wurde ich das erste Mal mit ihren Fragen nicht verschont." Doch bis jetzt habe ich mir über eine Beziehung nie Gedanken gemacht. 

Vor dem Badspiegel versuchte ich meine Haare zu einem Zopf zusammen zu binden. Dicke Haare lieben zwar die Friseure, jedoch ist es ein Fluch für jeden, die sie tragen.  Nach der Badroutine, verabschiedete sich Peggy und ging zur Arbeit. Sie würde heute Abend gegen sieben wieder nach Hause kommen. Ich hingegen, darf nicht zur Schule gehen. Meine Psychiaterin, Frau Engelmann, verschrieb eine Befreiung vom Unterricht. Ich sollte zuerst mit dem Tod meiner Eltern zurecht kommen, bevor ich in die Schule gehe. Und so verschlafe ich täglich die Vorprüfungsphase meiner Klasse und darf die Zehnte wahrscheinlich wiederholen, was mir den Spaß an der Schule nimmt. Zwar kann ich Zuhause bleiben und Serien auf Netflix suchten, jedoch fehlen mir meine Freunde in der Schule. 

Ein Blick auf mein Handy verriet mir den heutigen Terminplan. Um 16.00 Uhr habe ich ein Termin bei Frau Engelmann in der Stadt. Ich mag sie, sie ist eine sehr ehrliche Person und hat für alle ein offenes Ohr. Ich erzähle von meinem Leben, und sie manchmal auch von ihrem. 

Zum Mittagessen gab es eine Wok-Pfanne und passend dazu etwas Reis.  Ich liebe es, selber zu Kochen oder zu Backen, es schmeckt viel besser als abgepackte Ware. Frau Engelmann ist derselben Meinung. "Wenn du kochst, kann es bei der Verarbeitung des Traumas helfen. Du erschaffst etwas, was dir gut tut."  Schnell stellte ich das dreckige Geschirr in die Spülmaschine und ging in mein Zimmer. Es war ehemals das Büro meiner Tante gewesen, daher nicht sonderlich groß. Auf dem Nachttisch standen ein paar Bilder meiner Eltern, die gemeinsam mit mir aufgenommen wurden. Ich mochte mich selbst nie auf Fotos, jedoch gibt es eins, was mir ziemlich gut gefiel.  Jeden Abend schaute ich mir dieses Foto an und dachte gerne an diese Zeit zurück. Wir waren zu dritt im Urlaub und standen auf dem Gipfel eines Berges, den meine Eltern unbedingt besteigen wollten. Zwar hasste ich wandern, doch sie waren stolz auf mich, dass ich es trotzdem gewagt habe. "Du musst im Leben immer etwas Riskieren, etwas Wagen um später lächelnd zurück schauen zu können." sagte Papa immer. 

Um halb vier erinnerte mich mein Wecker an den Termin mit Frau Engelmann. Nach der Verabschiedung von Mikusch, zog ich mich an und lief zur Bushaltestelle. Der Frühling zog langsam ins Land ein, die ersten Knospen sprangen auf. Nach einer guten viertel Stunde und ein paar Minuten Fußweg erreichte ich die Praxis meiner Psychiaterin. Ich klingelte und trat kurz darauf ein. Fröhlich wurde ich Empfangen und innerlich stellte ich mich auf das Gespräch ein.

*

Sou, dies ist das erste Kapitel meiner Story "Das Leben und ich". Schon länger wollte ich eine "reale" Story auf Wattpad scheiben, jedoch hatte ich nie richtig Zeit/ Motivation. Alle Personen sind frei erfunden, und bringen irgendwo meine Persönlichkeit rüber.  Ich hoffe, es hat euch bis hier hin gefallen, lasst gerne Feedback da, man sieht sich 
:) 

Das Leben und ichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt