Kapitel 1

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Alles begann an einem sonnigen Nachmittag in Schweden. Ich verbrachte die Sommerferien in Skandinavien und so wollten wir auch einmal ein Mittsommerfest miterleben. In Lomma, ein kleiner Ort nahe Malmö, stellten wir das Wohnmobil auf einen Parkplatz an einem kleinen Strand. Er war hell und sandig und hinter einem wuchsen wunderschön blühende und herrlich duftende Wildrosen. Ich zog meine Schuhe aus und warf sie hinter mich. Dann ging ich ein paar Schritte den Strand entlang. Der Sand war nicht mehr sehr warm und etwas feucht. Immerhin war es bereits Abend geworden. In wenigen Kilonetern Entfernung sah ich die Autos über die Öresundbrücke fahren, die Dänemark und Schweden verbindet. Die Luft war kühl und klar. Ich schloss die Augen, atmete zweimal tief ein und aus. Dann rief mich meine Mutter zum Wohnmobil zurück damit ich mich umzog. Schließlich wollten wir noch Großonkel Edvard und seine Frau Eleonora besuchen. Da wir keinen großen Kleiderschrank hatten, hatte ich auch  nicht so viel Auswahl. Ich entschied mich für ein weißes Kleid, eine goldene Kette und Sandalen und einen Blazer. Mein Vater holte die Räder vom Fahrradständer und wir fuhren in den Ort hinein zum Haus meines Grosßonkels. Der lange Rock meiner Schwester hatte sich beim Fahren in den Speichen verhedert. Daraufhin verlor sie die Kontrolle und fiel hin. Sie heulte bis ihr Make-up verlief und wir mussten nochmal umkehren. Obwohl Charly die ältere ist, macht immer sie den Stress. Wir stellten die Räder im Vorgarten ab und ich durfte klingeln. Ich hatte Edvard und Eleonora seid etwa 11 Jahren nicht mehr gesehen. Nach einem Streit auf der Hochzeit meiner Cousine hatte meine Mutter den Kontakt abgebrochen. Wie sie das jetzt plötzlich wieder geklärt haben, bleibt wohl ein ungelöstes Rätsel. Eine ältere Frau, für den Anlass gut gekleidet, fast schon overdressed, öffnete lächelnd die Türe. "Hallo! Ja ihr seid ja groß geworden. Und so erwachsen." Die Frau umarmte zuerst Mum, dann kiff sie mir und Charly in die Wangen, erst dann hielt sie meinem Vater die Hand hin. Wir betraten den Hausflur. Eleonora nahm uns die Jacken ab. Großonkel Edvard bog aus dem nächsten Zimmer um die Ecke. Die Zeit hatte deutlich an ihm genagt. Er hatte tiefe Falten und silbriges Haar, trotzdem machte er einen netten und gepflegten Eindruck. Auch er begrüßte uns herzlich. "Kommt doch ins Esszimmer, Eleo hat was für euch vorbereitet", beendete er seine Begrüßung. Mir gefiel die Einrichtung des Hauses, schlicht und dennoch geschmackvoll. Es gab einen Wildkräutersalat und frischen Fisch mit selbstgebackenem Brot. Dach führten sie uns noch durch das restliche Haus. Wirklich schick, so lässt es sich leben.

Wir verabredeten uns für Mittag am nächsten Tag, dann fuhren wir wieder zum Wohnmobil zurück. Gerade als wir wieder innen waren begann es zu regnen. Typisch Skandinavien. Hätte mich auch gewundert, wenn jetzt auch der fünfte Tag hier ohne Regen vorbeigegangen wäre. Aber so ist das halt. Und es störte mich nicht. Wir setzten uns alle um den Tisch zusammen und spielten ein Brettspiel. Charly war eine schlechte Spielerin und, zu unserem Leid, auch eine schlechte Verliererin. Sie warf den Kartenstapel in die Luft und jammerte beleidigt, dass wir das nächste Mal ohne sie spielen sollten. "Ach Charlen, nimm das doch nicht so ernst. Du bist in einem Monat 18 Jahre alt, da solltest du dich aber besser benehmen können", redete Mum auf sie ein. Charly verdrehte die Augen, hob dann die Karten aber wieder auf. "Alberta, sei doch nicht so streng mit ihr. Sie ist halt immernoch meine kleine beleidigte Leberwurst", antwortete Dad etwas verspätet auf Mum. Die tat so als hätte sie es nicht gehört. An Mums Stelle hätte ich ihm jetzt eine Predigt gehalten, dass Charly endlich erwachsen werden muss und dass sie nicht ewig verhedschelt werden kann. Sie geht mir manchmal extrem auf die Nerven. Der Regen lies nach, nur noch wenige Tropfen hörte ich auf das Fensterdach trommeln. Wir gingen nacheinander in das kleine Bad und legten uns dann schlafen.

Am nächsten Morgen wurde ich durch einen Knall geweckt. Dad hatte das Frühstück gemacht und die zum Glück leere Kanne fallen gelassen. Auch Mum und Charly waren davon aufgewacht. Mum sprang aus dem Bett und half Dad das Frühstück fertigzumachen, Charly riss die Schlafbrille runter und lies sich mochmal auf ihr Kissen fallen. Ich schob die Decke ans Bettende und setzte mich auf. Die Sonne hatte sich hinter Schäfchenwolken versteckt. Nach und nach setzten wir uns alle an den Tisch zum Frühstück. Charly war- wie jeden Morgen- erstmal nicht ansprechbar, Dad erzählte dagegen schon wieder irgendwelche Romane. Keiner konnte ihm folgen. Nach dem Essen zog ich ein Shirt, meine Joggers und Turnschuhe an und verabschiedete mich für eine knappe Stunde zum Walken am Strand. Die Lufz war einfach herrlich. Die Wolken lösten sich immer mehr auf und die Sonne schien mir ins Gesicht. Ich genoss es. Ich lief einfach am Strand entlang ohne irgendein Ziel. Ich fühlte mich frei. Ein wunderbares Gefühl. Auf der Öresundbrücke war bereits reger Verkehr, den ich glücklicherweise aber nicht hörte. Ich drehte um und lief zurück, da ich ein paar Meter vor mir eine Straße sah.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 01, 2014 ⏰

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