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16.07.2002
Liebe Leni,
ich habe dir schon länger nicht mehr geschrieben.
Mittlerweile kontrolliert sie mich.
Ich bin abhängig von ihr geworden, ich brauche sie. Wenn ich sie mal einen Tag (oder sogar noch länger) sehe, ist meine Laune kaum auszuhalten, ich habe unfassbar schlechte Laune, was auch den Menschen in meinem Umfeld nicht entgangen ist.
Auch meine Eltern haben mich schon darauf angesprochen. Was los sei, haben sich mich letzte Woche beim Abendessen gefragt.
Daraufhin habe ich nur mit den Schultern gezuckt, zuviel Stress in der Schule habe ich geantwortet, und damit hatte sich das Thema dann erledigt.Ich brauche sie einfach, weil wenn sie dann da ist, und mir ein bisschen ihrer Aufmerksamkeit schenkt, sind all die Tage, in denen es mir ihretwegen nicht gut ging, vergessen, und meine kleine Welt ist wieder in Ordnung.
Am liebsten würde ich ihr dafür die Schuld geben, für das was sie aus mir gemacht hat, aber das kann ich nicht.
Ich könnte ihr niemals die Schuld für irgendwas geben.
Eigentlich ist es ja auch meine eigene Schuld, schließlich habe ich mich in sie verliebt.
Aber das habe ich ja auch nicht mit Absicht getan.Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll.
So viele Fragen schwirren gerade durch meinen Kopf, auf die ich keine Antwort weiß. Ich wünschte du, Leni, wüsstest Antworten, aber auch du weißt es nicht.Wie habe ich es geschafft, so abhängig von einer Frau zu werden, der ich egal bin? Wann genau hat das angefangen? Und vor allem, was hat sie getan, dass sie mich so sehr kontrolliert?
Mir geht es mittlerweile nicht mehr gut, ganz und gar nicht.
Deswegen habe ich dir auch schon länger nicht geschrieben, die Kraft dazu hat mir einfach gefehlt.Wer hätte gedacht, dass sich diese Schwärmerei so sehr ins Negative entwickeln würde?
Ich glaube, mittlerweile ist das keine Schwärmerei mehr, es ist viel mehr als das.
Sie hat so eine unglaubliche Macht über mich, ohne selbst auch nur einen Funken Ahnung davon zu haben, was sie da mit mir anstellt.Wie ist es möglich, dass mich ein einziger Mensch so sehr kontrollieren kann?
Dass meine Stimmung nur von einer einzigen Person abhängig ist?
Zwischen "tief versunken in Trauer" und "ich liebe mein Leben" gibt es kaum noch etwas.
Auch wenn letzteres eher selten der Fall ist.Wie kann ein einziger Mensch mein komplettes Leben kontrollieren und steuern, ohne auch nur die geringste Ahnung davon zu haben?
Einerseits würde ich alles darum geben, nicht mehr von ihr abhängig zu sein.
Aber andereseits reicht ein kleiner Blick, oder ein kurzes hallo schon aus, um mich so unendlich glücklich zu machen.
Wenn sie wüsste, was diese kleinen Gesten ihrerseits in mir auslösen.
Aber dieser Schmerz, der leider die meiste Zeit der Fall ist, ist mittlerweile kaum noch auszuhalten.Gerade höre ich ein Lied.
"set me free
leave me be
I don't wanna fall another moment into your gravity"Und ich möchte nicht mehr für sie fallen, jedes verdammte Mal.
"something always brings me back to you"
Irgendwas passiert immer. Ob es nur eine Zeile aus einem Lied, ein Geruch, irgendetwas ist. Irgendwas bringt mich immer wieder zurück. Zurück zu ihr.
Ich will einfach nur noch frei sein, frei von ihr, obwohl sie mich so glücklich macht, wie es sonst noch nie jemand geschafft hat.
Aber der Schmerz und die Trauer überwiegen, die glücklichen Momente sind viel zu selten.
Doch diese Momente, sie sind immer wegen ihr. Es sind die einzigen Momente, in denen ich wirklich glücklich bin.
Also woher sollte mein Glück kommen, wenn nicht von ihr?
Aber wieso muss ich den Rest der Zeit leiden, um ab und zu, ganz kurz, glücklich zu sein?Ich wünschte ich könnte, aber ich kann sie einfach nicht loslassen.
Sie ist wie eine Droge für mich geworden.
Ich will sie sehen, ich muss sie sehen, aber ich weiß dass es mir nicht gut tut sie zu sehen. Dass es mich innerlich kaputt macht. Dass sie mich langsam, aber sicher kaputt macht.Ich weiß echt nicht mehr, was ich tun soll.
In Liebe,
Elisa•••
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Briefe an Leni | {txs, gxg} (completed)
RomansaEine etwas andere TeacherxStudent Geschichte. Die 32-jährige Elisa kehrt nach 14 Jahren an den Ort zurück, an den sie niemals zurückkehren wollte. Zu viele Erinnerungen stecken in dieser Stadt, zu viele Dinge, die sie einfach nur vergessen wollte. D...